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Der Welt-Detektiv Band 6

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Elbsagen 31

Elbsagen
Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten
Für die Jugend ausgewählt von Prof. Dr. Oskar Ebermann
Verlag Hegel & Schade, Leipzig

31. Der Nixenhügel bei Rossendorf

Zwanzig Minuten von Eschdorf, nahe an der Bautzener Straße, liegt das Dorf Rossendorf. Zu ihm gehört der sogenannte Rossendorfer Teich, in dem die Prießnitz entspringt, ein Flüsschen, das bei Dresden in die Elbe mündet. Sein Wasser enthält höchst merkwürdige Heilkräfte für alle, die an Gicht und ähnlichen Krankheiten leiden. Aus dem erwähnten Teich, in dem sich seit 1835 ein Inselchen mit einer Jagdhütte zum Schießen wilder Enten befindet, ragte schon früher eine Erhöhung hervor, auf der sich nach einer Sage früher sogar eine Kapelle, ein Altar der heiligen Barbara, befunden haben soll, was freilich wenig zu dem Namen der Nixenhügel, den ihr das Volk gegeben hat, passt. Seine Entstehung wird folgendermaßen erzählt:

In der Heidenzeit hatten sich zu Eschdorf schon Christen angesiedelt, bei denen Tanz und Spiel gerade so Brauch war, wie in unseren Tagen. Nun fand sich bei dergleichen Festen oft ein wunderschönes, allen unbekanntes Mädchen ein, das äußerst knapp und reinlich gekleidet war, aber immer an ihrem Kleid einen nassen Saum hatte, als sei sie über die mit Tau bedeckten Wiesen gegangen. Neid und Neugierde plagte die Dorfbewohnerinnen gewaltig zu erforschen, wer wohl die fremde Tänzerin, die allen jungen Burschen den Kopf verdrehte, sein möge. Allein niemandem gelang es, den Schleier zu lüften, der über ihrem geheimnisvollen Kommen und Gehen ruhte, bis das Mädchen einmal einem hübschen Jüngling auf vieles Bitten erlaubte, sie nach Hause zu begleiten. Das Mägdlein führte ihn über den Gückelsberg zum Rossendorfer Teich, der damals ein großer See war. Als sie am Ufer angelangt waren, wollte sie von ihrem Begleiter Abschied nehmen. Da er aber noch nicht scheiden mochte, so sprach sie: »Nun gut! Heute Nacht ist mein Vater nicht daheim, du magst mich also in unsere Hütte begleiten. Kommt er aber zurück und findet dich, so ist es um uns beide geschehen.«

Der Jüngling ließ sich indessen nicht abschrecken. Sie schlug also mit einer Rute ins Wasser, und siehe, das Wasser teilte sich, sodass sie auf einem schmalen Pfad trockenen Fußes die Insel in der Mitte des Gewässers erreichen konnten. Hier schlug das Mädchen abermals in das Wasser, und alsbald war der Pfad wieder verschwunden. Als der Morgen dämmerte, fing auf einmal der See an zu brausen.

Da rief die Nixe voll Schreck: »Mein Vater kommt, verstecke dich schnell, sonst sind wir verloren!«

Kaum hatte sie ihren Liebhaber in einen dastehenden Backtrog gesteckt, so trat ein riesiger Greis in die Hütte. Die Tochter sprang ihm entgegen und versuchte durch Liebkosungen ihre Angst zu verbergen.

Der alte Nix aber schnupperte überall herum und sprach finster: »Es riecht mir hier nach Christen.«

Da entgegnete das schlaue Mädchen: »Wo sollen denn hier Christen herkommen? Ich rieche aber vielleicht nach Christen, denn ich gestehe, dass ich in deiner Abwesenheit in Eschdorf ein wenig zu Tanz war.«

Der Alte schalt sie zwar etwas aus, allein er ließ sich doch endlich beruhigen, suchte nicht weiter, sondern warf sich auf sein Schilfbett. Bald verkündete ein heftiges Schnarchen, dass er eingeschlafen war. Als nun die Nixe ihrer Sache gewiss zu sein meinte, holte sie ihren Tänzer aus seinem Versteck hervor und ließ ihn auf dieselbe Weise entfliehen, wie er gekommen war. Der Bursche hatte an der einen angstvoll verlebten Nacht genug. Er besuchte die Ufer des Sees nicht mehr, aber auch das Mädchen sah niemand wieder.