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Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 3

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Der Teufels- oder Lügenstein auf dem Domplatz zu Halberstadt

Lange noch bevor Buko zur Herrschaft kam, legte Hildegren, der erste Bischof zu Halberstadt, den Grundstein zur Domkirsche auf einer mäßigen Anhöhe, auf welcher ehemals die Heiden ihre Opferaltäre errichtet hatten. Viele geschickte Arbeiter wurden herbeigerufen, und schnell schritt der Bau vorwärts.

Als der Teufel die Grundmauern desselben sah, glaubte er, hier würde ein großes Wirtshaus errichtet, und weil ihn das freute, schleppte er nächtlicherweile große Felsmassen herbei und half heimlich die Mauern weiter bauen. Meister und Gesellen waren ganz verwundert, wie schnell ihre Arbeit vonstattenging. Keiner ahnte den wahren Grund.

Da, in einer Nacht, als der Bau schon ziemlich weit vorgeschritten war, trat der Teufel hinein, um sich einmal das Innere zu besehen. Voller Wut gewahrte er die Zurüstungen zum Gewölbe und die großen Stufen der Chortreppe.

Nun erst wurde es ihm klar, welchem Zweck dieses Gebäude dienen sollte und welch dummer Teufel er wieder einmal gewesen war, an einem Bau zu helfen, in welchem die Christen sich Mut und Kraft erflehen wollten, um den Lockungen des Bösen zu widerstehen.

Als in der Frühe des nächsten Morgens die Gesellen an ihr Werk gingen, gewahrten sie mit Schrecken hoch oben auf dem Bau den Teufel, einen rüstigen Felsblock in den Klauen haltend.

»Seht«, rief er zu ihnen herab, »weil ich glaubte, Ihr bautet ein Wirtshaus, habe ich unermüdlich mitgeholfen. Nun aber, da es mir klar geworden ist, dass ich betrogen worden bin, dass meine Arbeit umsonst war, zerschmettere ich den ganzen Bau und begrabe Euch unter den Trümmern!«

Alle waren bei diesen Worten entsetzt und stumm vor Schreck. Nur ein kecker Geselle trat vor und rief. »Lass ab von deinem Vorhaben, Fürst der Hölle, und höre erst, was ich dir sagen will. Wenn es dich so sehr verlangt, ein Wirtshaus hier an diesem Ort zu sehen, so wollen wir deinen Wunsch erfüllen und dicht neben den Dom in kürzester Zeit eine Schenke bauen. Bist du es zufrieden?«

Der Teufel war mit dem Vorschlag einverstanden. Aber damit die Gesellen nicht ihr Versprechen vergessen sollten, schleuderte er, als Mahnung an den Vertrag, den großen Stein auf den Domplatz, wo derselbe noch heute liegt. Die Vertiefung, welche sich darin befindet, hat der glühende Daumen seiner Hand beim Tragen hineingedrückt. Bald erhob sich denn auch neben dem Dom ein Häuschen mit mächtigen Kellern, der Domkeller genannt. Damit aber war der Wunsch des Bösen erfüllt. Der Dombau konnte ungehindert vollendet werden. Er wurde am 9. November 859 im Beisein vieler Fürsten, Bischöfe und Priester eingeweiht.