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Der Marone – Die Judenkoppel

Thomas Mayne Reid
Der Marone – Erstes Buch
Kapitel 25

Die Judenkoppel

Als er auf das großen Haus in der Absicht zuschritt, um dieses zu umgehen und so in die große Allee zu gelangen, war sein Blick in die Höhe zu dem Fenster hin gerichtet, wo zuvor das schöne Gesicht zu sehen war. Das Gitterfenster war nun geschlossen, und er bemühte sich deshalb vergeblich, etwas dahinter zu erspähen. Ach, nur ein einziges Wort, nur einen einzigen Blick, mag dieser dann auch ein sorgenvoller, vielleicht sogar ein vorwurfsvoller sein!

Aber kein Blick traf den seinen – keine Augen leuchteten durch das Gitter.

Er sah zurück, ob er wohl einen Augenblick länger verweilen könne. Sein Onkel stand in gebückter Stellung und sammelte die zerstreuten Goldstücke auf. In dieser Stellung verbarg ihn das niedrige Gebüsch.

Herbert wollte dem Fenster etwas näher treten und den Namen Käthchen Vaughans rufen, als er seinen eigenen, sanft geflüstert und mit dem holden Beiwort »Vetter« verschönert hörte.

Deutlich hörte er nun: »Vetter Herbert!« Nicht von dem Fenster oben schien der Ruf zu kommen, sondern von der anderen Seite des Hauses.

Als er nun um die Ecke des Hauses ging, sah er auf und erblickte ein anderes Fenster desselben Zimmers geöffnet. Von dort war der sanfte Ruf gekommen und dort war auch das holde Antlitz, das er suchte.

»O, Vetter Herbert, geh’ nicht im Zorn fort! Papa hat unrecht getan – sehr unrecht, das sehe ich ein. Aber er hat zu viel Wein getrunken – er ist nicht zurechnungsfähig. Guter Vetter, willst du ihm nicht verzeihen?«

Herbert wollte gerade antworten, als die junge Kreolin fortfuhr: »Du sagtest in deinem Brief, du hättest kein Geld. Du hast Vaters Geld ausgeschlagen, aber das meine wirst du nicht ausschlagen? Wohl ist es nur wenig, aber es ist alles, was ich habe. Nimm es, ich bitte dich!«

Ein glänzender Gegenstand schimmerte und fiel zu den Füßen des jungen Mannes nieder. Er sah hin. Es war ein kleiner, einiges Geld enthaltender, seidener, mit einem blauen Band umwundener Beutel, der auf der Erde lag. Er hob ihn auf und schien zu zweifeln, ob er ihn nehmen solle.

Indes beschäftigte ihn ein ganz anderer Gedanke, und sein Entschluss war bald gefasst.

»Danke!«, sagte er. »Danke vielmals, Cousine Käthchen«, fügte er mit großer Wärme hinzu. »Du hast es gewiss gut gemeint, und da wir uns wohl nie wieder treffen werden …«

»O, sage das nicht!«, unterbrach ihn das junge Mädchen mit einem bittenden Blick.

»Ja«, fuhr er fort, »es wird wahrscheinlich so sein. Hier ist für mich kein Aufenthalt, ich muss von dannen ziehen. Doch wo ich auch immer hingehen mag, ich werde diese liebenswürdige Freundlichkeit nimmermehr vergessen. Vielleicht habe ich nie eine Gelegenheit zur Wiedergutmachung. Du wirst auch schwerlich etwas nötig haben, das ein armer ergebener Verwandter für dich tun könnte. Doch solltest du jemals eines kräftigen Armes und eines mutigen Herzens bedürftig sein, dann, Käthchen Vaughan, erinnere dich, dass es jemanden deines Namens gibt, der dich nicht im Stich lässt. Danke nochmals!«, wiederholte er, löste das Band von dem Beutel und warf den Letzteren mit seinem Inhalt durch das Fenster zurück. Dann befestigte er das Band auf seiner Brust an seinem Rock und rief aus: »Im Besitz dieses Zeichens werde ich mich reicher fühlen, als ob ich alle Güter deines Vaters besäße. Lebe wohl! Gott erhalte dich, meine edelmütige Cousine!«

Noch ehe die junge Kreolin ihr Anerbieten wiederholen oder ein anderes tröstliches Wort hinzufügen konnte, hatte Herbert Vaughan sich von dem Haus entfernt und war ihren Blicken entschwunden.

 

***

 

Während dieser Vorgänge zu Willkommenberg ereigneten sich andere, viel umfangreichere auf der benachbarten Pflanzung, dem Eigentum des Sklavenhändlers Jacob Jessuron.

Außer einer Baracke in der Bay, wo seine Sklaven gewöhnlich zum Verkauf ausgeboten wurden, war der Jude auch Eigentümer einer großen Pflanzung auf dem Land, wo er gewöhnlich wohnte. Sie lag dicht neben dem Landgut des Custos Vaugham, von diesem nur durch eine jener bereits erwähnten bewaldeten Höhen getrennt, die das Tal von Willkommenberg umrahmten.

Gleich diesem war sie früher eine ausgedehnte Zuckerpflanzung gewesen, freilich bevor Jessuron ihr Eigentümer wurde, denn jetzt war sie vollkommen, was man ruiniert nennt. Die Felder, wo früher die goldenen Rohre in der tropischen Luft wehten, waren nun mit anderen wild aufgeschossenen Gewächsen bedeckt und geradezu eine Wildnis. Mit jener der Pflanzenwelt in der Nähe des Äquators eigentümlichen Schnelligkeit waren bereits große Bäume aufgeschossen und standen massenhaft auf dem fruchtbaren Boden, Kampescheholz, Brotnüsse, Baumwollstauden und Kalebassenbäume, die zugleich mit den hängenden Schmarotzerpflanzen die vollständige Herrschaft über den Boden gewonnen hatten. An einigen Stellen, wo die Felder wirklich noch offen geblieben waren, wuchsen doch nur wilde und verwilderte Pflanzen als Unkraut, wie mexikanischer Ackermohn, Schwalbenwurz, großes Schellkraut, westindisches Eisenkraut und kleine Passionsblumen.

Zuweilen, wo das Unterholz es erlaubte, kamen Stellen eines Erdwalls oder einer alten Steinmauer zum Vorschein, die aber gewöhnlich eingestürzt waren und deren Ruinen dann dicht mit Kriechpflanzen bekleidet waren, wie Winden, Cereus, Aristolochia, die lieblich blühende Lantana und die, alles gleich dem Gewebe einer riesigen Spinne überziehenden gelben, blattlosen Stängel des amerikanischen Dotter.

In der Mitte dieser bereits von der Natur wieder eroberten Sitzung stand das große Haus, nun freilich, außer was seinen Umfang anbelangt, kaum mehr diese Benennung verdienend. Auch war es mehr ein großer Steinhaufen als ein einzelnes Gebäude, da die alten Zuckerwerke mit dem Hauptgebäude unter ein Dach gebracht waren. Dies sowie Negerhütten, Ställe, Geschäftsstuben und andere Nebengebäude, alles war von einer sehr hohen Mauer umschlossen, die dem Ganzen mehr das Aussehen eines Zuchthauses oder einer Baracke als das eines Landhauses erteilte. Die Umfassungsmauer war ein neuerer, für einen von der früheren Zuckerbereitung sehr verschiedenen Zweck ausgeführter Bau.

Ein Garten war nicht vorhanden, obgleich man wohl bemerken konnte, dass ein solcher da gewesen war, denn es wuchsen stets noch einige Zierbäume, die mit prachtvollen schmackhaften Früchten beladen waren oder auch mit reichlichen, weit umher ihren Wohlgeruch ausduftenden Blüten. Halb wild wuchsen so Zitrone, Lorbeerbirnen, Ochsenherzen, Weinäpfel, Mangos, Guaven und Papaus, während die hohen Kronen der Kokospalme sich weit über die niedrigeren Inhaber dieses wilden Baumgartens erhoben und ihre zurückgebundenen Zweige hängen ließen, als trauerten sie über die sie umgebende Verwüstung.

Den Gebäuden nahe standen mehrere mächtige Bäume, deren gekrümmte, jetzt blattlosen Äste sie leicht erkennen ließen. Es war der Riese der westindischen Wälder, der Seidenwollbaum. Die Äste dieser Pflanzenungeheuer, von denen jeder so groß wie ein gewöhnlicher Baum, waren mit Schmarotzergewächsen mancherlei Art besetzt. Unter diesen mögen stachelige Kakteen mit verschiedenen Arten wilder Ananas hervorgehoben werden. Von der edlen Vricsia bis zu dem weißen, bartähnlichen spanischen Moos, dessen lange fliegende Gewinde wie Grabtücher in der Luft wehen, eine höchst geeignete Polsterung für das in feierlicher Stille auf den höchsten Zweigen erbaute Nest der schwarzen Geier.

In alten Zeiten trug die Pflanzung den Namen ‹glückliches Tal›, aber seit Jessuron ihr Eigentümer geworden, war dieser Name, nun wohl vollständig ungeeignet, in Vergessenheit geraten und dies Gut wurde nicht anders genannt als die Judenkoppel.

In eine Koppel (Graspflanzung) hatte Jessuron es allerdings verwandelt, und zu diesem Zweck war es auch ganz geeignet, da die früheren, nun mit dem wertvollen Guineagras überzogenen Zuckerfelder jetzt eine vortreffliche Weide für Pferde und Rindvieh gewährten.

In der Aufzucht der Ersteren für den Gebrauch der Zuckerpflanzungen und in der Mästung der Letzteren für die Ochsenmärkte der Bay hatte der betriebsame Israelit einen eben so raschen Weg zu Reichtümern gewonnen, als ob er als Sklavenhändler umherreiste, und in den letzten Jahren hatte er deshalb das letztere Geschäft nur als ein untergeordnetes Gewerbe angesehen.

In höherem Alter war er auch nach einer höheren gesellschaftlichen Stellung begierig geworden und hatte sich deshalb bemüht, den Sklavenhändler in den angesehenen Stand eines Koppelhalters zu verwandeln. Außerdem war es ihm noch gelungen, sich als Friedensrichter angestellt zu sehen, ein Amt, das sowohl in Jamaika als auch anderswo mehr auf Reichtum als auf unantastbarer Ehrenhaftigkeit beruht.

Hierzu war der Jude auch noch ein großer Pfefferbauer oder vielmehr Einsammler, denn die einheimischen, die Hügel seiner Besitzung bedeckenden Pimentwälder bedurften keines eigentlichen Anbaus und verlangten weiter nichts, als dass die aromatischen Beeren eingesammelt und in der Barbacao eingemacht wurden.

Obgleich aus einer Pflanzung in eine Koppel verwandelt, war auf dem Gut Jakob Jessurons doch ein sehr tätiges und betriebsames Leben.

In den dem Haus nahe liegenden Feldern und auf den Triften von Guineagras konnte man Pferde und halbwildes Rindvieh wiehern und brüllen hören, die von berittenen schwarzen und halb nackten Hirten gehütet wurden. Zwischen den Pimentbäumen gingen Negermädchen umher, fortwährend bei dem Pflücken der Gewürznelken von den Bäumen plappernd und kreischend. Später setzten sie dann die gefüllten Körbe auf den Kopf und trugen sie singend und in langen Reihen gehend zu der Barbacao.

Außerhalb des großen Tores auf dem breiten Weg, der zur Hauptstraße führte, konnte man täglich berittene Schwarze sehen, die den rohen, frisch von der Weide gehaltenen Füllen Unterricht erteilten, während innerhalb der großen Einfassung fette Ochsen geschlachtet wurden, um die Märkte in der Bay zu versorgen. Hier verzehrten große mächtige Hunde die Fleischabfälle und schwarze, bis zum Gürtel nackte Schlächter, die braunen Arme dampfend von dem geronnenen Blut, schwenkten blutige Messer und andere für ihren Mordberuf geeignete Instrumente.

Solche Auftritte fanden auf Jacob Jessurons Gut täglich statt, allein an dem Tag, der dem misslungenen Versuch des Sklavenhändlers auf Willkommenberg nachfolgte, sollte auf dem Hof noch ein anderes, viel seltsameres Schauspiel aufgeführt werden.

Die für dies Schauspiel ausersehene Bühne war eine Einfassung oder ein dicht am Wohnhaus liegender Hofplatz, dessen eine Seite das große Haus selbst bildete, an dem eine breite, auf den Hof hinabführende Veranda von schmutzigem Aussehen sich herumzog.

Dem Wohnhaus gegenüber befand sich ein anderes großes Gebäude, das die entgegengesetzte Seite des Hofes begrenzte. Hohe, dicke Mauern verbanden die beiden Gebäude miteinander und umschlossen das Viereck.

In der Mitte einer dieser Mauern führte ein starkes, doppeltes Tor hinaus in die größere Einfassung der Viehkoppel.

Dem Mangel aller Schornsteine und Fenster als auch der Bauart nach hätte man das dem Wohnhaus gegenüberstehende Gebäude ganz wohl für einen geräumigen Speicher oder eine Scheune halten können, aber ein Blick ins Innere musste diesen Gedanken bald beseitigen. Innerhalb waren Gruppen menschlicher Wesen von allen Farben, vom Ebenholzschwarz bis zum hellsten Gelb, in allen Stellungen – sitzend, stehend oder auf dem Boden liegend – und nicht wenige von ihnen paarweise mit Handschellen aneinander gefesselt.

Ihre Haltung war eben so verschieden, wie der Ausdruck ihrer Gesichtszüge. Einige sahen traurig und finster aus. Andere blickten furchtsam umher, als wären sie aus schrecklichen Träumen erwacht und glaubten nun an deren Wirklichkeit. Noch andere hatten den leeren, nichtssagenden Blick vollständigen Blödsinns, während hier und da eine Gruppe, gänzlich unbekümmert um Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, in ihrer barbarischen Sprache mit heiterem Aussehen schwatzte, und die größte philosophische Sorglosigkeit zeigte.

Das Gebäude, das diese unglücklichen Willenlosen enthielt, war die Baracke, das Vorratshaus des Sklavenhändlers, und seine Bewohner waren sein Vorrat!

Dieser Vorrat war erst kürzlich durch die Ladung eines Sklavenschiffes vervollständigt worden. Aber es waren auch noch einige alte Ballen vorhanden, und diese unterhielten die neu Angekommenen und erzählten ihnen von ihrem jetzigen Aufenthalt. Ihre Mittel, Gastfreundschaft auszuüben, waren dabei freilich sehr beschränkt, wie die leeren Kalebassen und rein geputzten hölzernen Schüsseln bezeugten, die auf dem Boden zerstreut umherlagen. Nicht ein Körnchen Reis, nicht eine Pfefferschale, nicht ein einziges Stückchen Pisang war übrig gelassen worden. Die vollständige Leere sämtlicher Geschirre bewies sicher, dass die ausgeteilten Portionen eben so klein gewesen waren als die Gerichte selbst schlecht und grob.

Draußen im Hof waren ebenfalls manche Gruppen, die glücklich genug waren, der verdorbenen und erstickenden Luft ihres überfüllten jetzigen Aufenthaltes entrückt zu sein, obwohl dieser schon eine Art Freiheit gewährte im Vergleich mit den Zwischendecken während der Überfahrt.

Fast jede Gruppe hatte sich um einen Älteren versammelt, einen Landsmann, der schon früher übers weite Meer gekommen war, und der, nachdem er selbst schon vor längerer Zeit die Sklaverei des Westens kennengelernt hatte, den Neuankömmlingen einige Mitteilungen über das machte, was sie zu erwarten hätten.

Die begierigen, von Zeit zu Zeit zu der Veranda hin gerichteten Blicke aller verkündeten, dass sie augenblicklich etwas besonders Ungewöhnliches erwarteten.

Auch weiße Männer waren auf dem Hofplatz, drei im Ganzen. Zwei waren von sehr dunkler Gesichtsfarbe, so schwärzlich, dass mancher der farbigen Sklaven im Vergleich zu ihnen als hell bezeichnet werden konnte.

Diese beiden faulenzten in der Nähe der Treppe der Veranda, und einer von ihnen saß auf den Stufen.

Beide waren ärmlich in bunte Hemden und Hosen gekleidet und trugen breitkrempige Palmenhüte auf dem Kopfe und roh gearbeitete Schnürstiefel an den Füßen.

Jeder trug eine lange rapiergleiche Klinge, eine Machete, die in einer ledernen Scheide über seiner Hüfte hing, während ein Paar feuriger Hunde, die an baumwollenen Leinen aufgekoppelt und so an um ihren Leib gewundenen Gürteln befestigt waren, auf dem Boden zu ihren Füßen niedergekauert lag.

Die Gesichter dieser Männer waren glatt rasiert – nur ein kleiner Büschel am Kinn war stehen geblieben – und ihr Kopfhaar war dicht abgeschnitten. So wurden ihre scharfen eckigen Gesichtszüge vollständig gezeigt und verkündeten viel Geist, was auch sicher einen angenehmen Eindruck hervorgebracht hätte, wäre dieser nicht von einem eigentümlichen Ausdruck von Grausamkeit begleitet gewesen.

Die von Zeit zu Zeit ihren Lippen entschlüpfenden Ausrufe, zugleich mit den wenigen Worten des von ihnen geführten Gespräches, zeugten für eine spanische Abkunft. Ihre Tracht, ihre Waffen und Rüstungen sowie ihre Begleiter, die grimmigen Hunde, erklärten indes sowohl ihren Beruf als auch das Land, aus dem sie stammten, hinlänglich. Es waren caçadores de negros, Negerjäger aus Kuba.

Der dritte Weiße auf dem Hof war wesentlich von diesen verschieden, nicht gerade so sehr durch die Farbe – denn auch er besaß eine schwärzliche Haut – als vielmehr durch die Größe, die Kleidung und den Beruf.

Ein Paar rosslederne Reitstiefel ging bis zu den Lenden hinauf und an den Hacken klirrten mächtige Sporen mit drei Zoll im Durchmesser haltenden Rädern. Eine lange Jacke von dickem Tuch – keineswegs dem Klima sehr gemäß – ging bis zu den Hüften herab. Unter dieser waren eine Weste von Scharlachplüsch mit schmutzigen metallenen Knöpfen und ein wollener Halsschal von derselben schreienden Farbe. Die ganze Gestalt krönte ein Filzhut, der, wie auch die anderen Gegenstände seiner Bekleidung, deutlich zeigte, dass er allen Wettern ausgesetzt gewesen war, Sonne und Regen, Sturm und Tornado.

Ein dicker Wulst krausen Haares, das so schwarz war wie das eines Negers, ein starker, schwarzer und den Mund dicht umziehender Bart, bernsteinfarbene Augen mit einem finsteren, wohl nie erbleichenden Strahl, durch den schwarzen Bart hindurchscheinende Lippen von ganz ungewöhnlicher Röte und eine hohe Adlernase waren die hervorragendsten und auffallendsten Eigenschaften in der Erscheinung dieses Mannes. In ihrer Vereinigung riefen sie sofort die Überzeugung hervor, dass dieser Mann ganz derselben Nationalität angehöre wie der Eigentümer des Hofes. Dies war auch wirklich so, denn der bärtige Mann war ebenfalls ein Angehöriger des Volkes Abrahams, aber unbedingt einer der am wenigsten Liebenswürdigen desselben. Sein Name war Ravener, sein Beruf der eines Sklavenaufsehers bei Jessuron. Das Zeichen seines Amtes trug er unterm Arm, eine große, mächtige Peitsche. Diese hatte er zu jeder Zeit bei sich, bei Nacht wie bei Tag, denn bei Nacht wie bei Tage war er sie zu gebrauchen gewohnt, und die Opfer derselben waren keine Ochsen noch Pferde, sondern Menschen, wirklich lebende, unschuldige Menschen! Auch machte er keineswegs einen nur sparsamen Gebrauch von seinem scheußlichen Werkzeug. Klatsch, klatsch konnte man vom Morgen bis zum Abend hören. Klatsch, klatsch vom Abend bis zur Mitternacht, ja selbst von Mitternacht bis wiederum zum Morgen, denn es wurde behauptet, der Aufseher schlafe niemals.

Klatsch, klatsch ging’s, wenn er den Hof durchschritt, stolz darauf, seine Macht vor den neu angekommenen Schwarzen zu zeigen, und er schwang seine lange grausame Peitsche unter den Sklavengruppen, als wolle er sie im Übermut sämtlich vernichten und vertilgen!