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Der Welt-Detektiv Band 6

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Adventskalender 2021 – 6. Türchen

Bärenheid, Adelheid und Walfild
Aus: Kinder- und Volksmärchen von Heinrich Pröhle
Leipzig 1853

Es war einmal ein reicher Edelmann, der hatte drei Töch­ter, die hießen Bärenheid, Adelheid und Walfild. Der wusste nicht hauszuhalten, wurde ganz arm und musste auf die Jagd gehen, um seinen Unterhalt zu suchen. Er schoss einen Hasen.

Darauf aber kam der Bär, weil der Edelmann einen seiner Untertanen geschossen hatte, und sprach: »Du hast einen von meinen Untertanen getötet, das kostet dich dein Leben. Nur wenn ich deine älteste Tochter Bärenheid bekommen kann, will ich dir verzeihen und du sollst alles wieder in Fülle haben.”

Der Edelmann versprach dem Bären die Tochter, und als er zu Hause ankam, hatte er alles in Hülle und Fülle, wie er es nur verlangte. Der Bär kam den anderen Tag und holte Bärenheid ab. Das Vermögen vom Bären war aber im Handumdrehen wieder verschwunden und der Edelmann musste wie­der auf die Jagd gehen, um seinen Unterhalt zu suchen.

Er ging nun auf die Vogeljagd und schoss ein paar Schnepfen.

Da kam der Adler und sprach: »Du hast von meinen Untertanen geschossen, das kostet dich dein Leben. Nur wenn ich deine Tochter Adelheid bekomme, will ich dir verzeihen und du sollst alles wieder in Fülle haben.«

Der Edelmann versprach die zweite Tochter dem Adler und hatte alles wieder in Fülle. Der Adler kam den anderen Tag zu Fuß als ein wundervoller Herr und holte die zweite Tochter ab.

Das Vermögen des Edelmanns war aber wieder im Umsehen ver­schwunden. Er ging nun ans Wasser, fing einen Hecht und tötete ihn.

Da kam der Walfisch und sprach: »Du hast meinen Untertanen getötet, das kostet dein Leben. Nur wenn ich deine Tochter Walfild haben soll, mag es dir geschenkt sein und du sollst alles wieder in Fülle ha­ben.«

Zwei Töchter wären schon fort, sagte der Edelmann, so möchte es um die dritte auch sein, wenn er nur sein Le­ben retten könnte.

Der Walfisch kam den anderen Tag mit einer Kutsche und vier weißen Schimmeln und holte die dritte Tochter auch ab. Bei dem Edelmann aber war von nun an wieder alles in Hülle und Fülle und er wirtschaftete nun besser als bisher.

Nun bekam der Edelmann auch einen Sohn. Dem träumte, als er fünfzehn Jahre alt wurde, dass er seine Schwe­stern erlösen könne. Er brach auf und ging ohne Wissen seiner Eltern in die Waldung. Da kam er zu einem weißen Männchen, das war ein verwünschter, unterirdischer Geist, der sich groß und klein machen konnte, von welcher Art es früher viele gab.

Das Männchen sagte, er möge sich in Acht nehmen, es wäre eine Bärenhöhle in der Nähe.

Das sei gerade sein Verlangen, da wolle er hin, sagte der Junker. So ging er hin und gelangte auch glücklich in die Höhle, als der alte Bär auf Raub ausgegangen war. Die Höhle aber war innen ein prächtiges Schloss. Darin saß seine Schwester Bärenheid und säugte zwei junge Bären. Die Schwester bewirtete und behielt ihn über Nacht und versteckte ihn vor dem Bären. Nach einer Stunde kam der alte Bär und witterte, dass fremdes Menschenfleisch in seiner Höhle war.

Die Frau sagte aber, er sei ein Narr, es wäre kein fremdes Menschenfleisch. Da beruhigte sich der Bär und legte sich zu ihren Füßen ins Bett.

In der Mitternacht riss sie dem Bären drei Haare aus und sagte ihrem Bru­der: Wenn er in Not käme und die Haare riebe, so wäre der Bär als Hilfe da. Er möge nun die beiden anderen Schwestern besuchen. Auch zeigte sie ihm an, wo die zweite Schwester wohne.

Ehe er abreiste, erwachte auch der Bär, der war nun ein Prinz geworden und die jungen Bären waren kleine Prinzen. Durch die Bärenhöhle erschallten Pauken und Trompeten. Er unterhielt sich ordentlich mit seinem Schwager und sagte ihm, dass der Adler und der Walfisch, zu denen er nun kommen würde, seine Brüder seien.

Der Junker kam nun in einen dichten Wald und sah einen Eichbaum mit einem großen Nest, kletterte hinauf und fand die zweite Schwester darin. Das Nest war innen wieder ein prächtiges Schloss. Darin saß seine Schwester Adelheid und hatte zwei Adlereier unter sich und brütete daran. Der Adler aber war auf Raub ausgezogen.

Auch diese Schwester bewirtete den Bruder wieder und versteckte ihn dann in den Schornstein.

Abermals nach einer Stunde kam der Adler. Adelheid musste auch ihn erst beruhigen, weil er fremdes Menschenfleisch witterte, dann aber schlief er ein zu ihren Füßen. Und sie riss ihm in der Mitternacht drei Federn aus. Die gab sie ihrem Bruder und sagte, wenn er diese riebe, so würde von allen Seiten Hilfe nahen.

Dieser Adler war den anderen Morgen verständig gewesen. Er trat da wieder als ein schöner, vornehmer Prinz auf, erteilte aber dabei immerfort den Vögeln im Wald Befehle. Mit ihm machte die Schwester nun ihren Bruder bekannt und er be­redete sich auch mit ihm, wie er die dritte Schwester be­suchen könne. Beide gaben ihm Lebensmittel mit und be­schrieben ihm den Weg zu der dritten Schwester. Zuletzt aber war alles verschwunden und der Bruder saß allein auf der Eiche, auf der von Ferne nur ein großes Nest zu sehen war.

Nun stieg er von der Eiche herunter und kam an ein großes Wasser, sah aus der Mitte des Wassers den Schornstein vom Schloss des Walfisches herausstehen, wusste aber nicht über das Wasser zum Schloss zu kom­men. Da rieb er die drei Federn, und gleich kam der Adler und trug ihn zum Schornstein.

Das Schloss war durchsichtig und von Kristall. Walfild bewirtete den Bruder und versteckte ihn.

Abermals nach einer Stunde kam der grausame Walfisch und sagte zu Walfild, es müsste wer Fremdes da sein. Die beruhigte ihn und er legte sich zu ihren Füßen schlafen. In der Mitternacht löste sie ihm drei Schuppen vom Leib, gab die dem Bruder und sagte: Wenn er in Not käme, so möge er die Schuppen reiben, dann würde ihm geholfen werden. Walfild sagte ihm auch an, wie er alle drei Schwestern sowie auch die drei Brü­der, den Bären, den Adler und den Walfisch, erlösen könne. Sie berichtete ihm, im Cambridgental ginge ein Stier, der müsse getötet werden. Dieser Stier trüge in einem Gewand ein Bund Schlüssel, damit solle er auf den Berg ge­hen und das Stammschloss des Bären, des Adlers und des Walfisches aufschließen. In dem Schloss stände eine große Marmortafel, die solle er so auf die Erde werfen, dass sie in drei Stücken zerspränge. Darauf würde der in den Schlaf verwünschte Vater der drei Brüder erwachen.

Der Bruder kam in das Cambridgental und sah diesen Stier. Der eilte auf ihn zu zum Zerreißen, und er flüchtete auf einen Baum. Da wollte der Stier den Baum mit den Hörnern umreißen, der Junker aber riebt die Bärenhaare und sogleich erschien der Bär. Der Bär er­würgte diesen Stier. Das Bund Schlüssel aber rollte mit dem Gewand ins Wasser. Da rieb der Bruder die drei Schuppen, da warfen die Fische das Gewand mit dem Bund Schlüssel wieder heraus. Er erfasste das Gewand, löste es auf, ging auf den Berg, schloss das Schloss auf, fand die Marmortafel und den schlafenden alten Menschen. Die Tafel ergriff er und warf sie zu Boden in drei Stücken, dass der schlafende Vater erwachte. Dadurch waren auch seine drei Söhne, der Bär, der Adler und der Walfisch mit ihren Kindern erlöst und waren schöne edle Prinzen.