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Jack Lloyd Folge 47

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

In der Höhle des Löwen

Jack, Pablo, Elena und die anderen Mitglieder ihrer Expedition hatten sich eine Weile beraten und waren zu dem Schluss gekommen, dass sie erst einmal herausfinden mussten, wie genau die Planungen des Komitees für das Fest zu Ehren der Mannschaft der Schatzflotte aussahen. Vorher war es kaum möglich, endgültig festzulegen, wie sie vorgehen wollten. Heute mit eingerechnet waren es noch zwei Tage, bis die Schatzflotte vor Caracas vor Anker gehen sollte, wenn die Informationen des Comte korrekt waren. Schon am folgenden Tag, am ersten der Festtage, die in Caracas geplant waren, würde die Flotte in der Stadt eintreffen und mehrere Tage hier vor Anker liegen. Nachdem danach Teile der Mannschaft ausgetauscht, die Lebensmittel aufgefrischt und die notwendigen Dokumente vom Gouverneur entgegengenommen, vervollständigt und weitergegeben worden waren, sollte die Silberflotte ihre lange Fahrt in Richtung Spanien beginnen. Ein weiterer Zwischenstopp war nicht vorgesehen. Deshalb war Caracas der Hafen, der sich am ehesten für einen Überfall eignete. Nicht nur, dass hier die wohl kleinste spanische Garnison in der Umgebung war, Caracas war auch der einzige Hafen, in dem die Flotte länger als eine Nacht vor Anker lag.

Jack wartete auf den Zeitpunkt, da er Maria, die Tochter des Gouverneurs, im Palast des Stadtfürsten abholen sollte. Sie hatten sich verabredet, da die junge Frau dem Neuankömmling heute die Stadt zeigen und ihn mit einigen Gegebenheiten hier vertraut machen wollte. Ein Vorschlag, den Maria selbst am Abend zuvor bei einem der zahlreichen Tänze, die sie miteinander geteilt hatten, unterbreitet hatte.

Jack, der bislang nicht gerade viel Erfahrung im Umgang mit Frauen gesammelt hatte, fühlte sich zwar etwas überfordert, aber irgendetwas musste ihm einfallen, um die notwendigen Informationen von Maria zu erhalten. Er hatte keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, ihr Vertrauen soweit zu gewinnen, dass sie ihm geheime Pläne anvertraute. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als den Tag auf sich zukommen zu lassen. Da nicht mehr viel Zeit blieb, würde er offensiver vorgehen müssen, als er das normalerweise getan hätte. Aber da Maria ihm am Vortag bereits mehrmals zu verstehen gegeben hatte, dass sie auf einen Mann wie ihn gewartet hatte, würde er schon einen Weg finden, sie zum Reden zu bringen.

Endlich war es soweit, dass Jack sich auf den Weg machen musste. Pablo hatte bereits am frühen Morgen eine Kutsche für die nächsten sechs Tage angemietet und den Preis in einer Summe beglichen. Jetzt saß der Matrose auf dem Kutschbock, in der Kleidung eines Kutschers und in einer Haltung, als hätte er zeit seines Lebens nichts anderes getan. Er wartete darauf, Jack zum Palast des Gouverneurs zu bringen und anschließend den Kapitän und Maria an die Orte zu bringen, die ihm von der Gouverneurstochter gewiesen wurden. Jack fühlte sich wohler, wenn er zumindest einen seiner Männer in seiner unmittelbaren Umgebung wusste.

Jack wurde bereits am Tor des Anwesens von zwei Wachen in Empfang genommen und direkt in das Arbeitszimmer des Gouverneurs geleitet. Der Kapitän, der nicht mit einem derartigen Empfang gerechnet hatte, fühlte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, während er zwischen den beiden spanischen Soldaten durch die Gänge des Gouverneurspalastes schritt. Im Stillen verfluchte er sich für seine Leichtgläubigkeit und für die Torheit, nur einen kleinen Zierdolch im Ärmel zu haben. Elena hatte ihn vorgewarnt und ihm mitgeteilt, dass sie Maria ebenso wenig traute wie dem Comte. Sie war wenig von der Idee begeistert, dass Jack allein in den Palast ging. Und dies sah man ihr nur allzu deutlich an. Jack allerdings hatte all ihre Bedenken abgetan und es auf ihre Abneigung gegenüber Maria de la Vega geschoben. Es war nicht schwer gewesen, zu sehen, dass Elena und Maria nicht unbedingt in tiefer Freundschaft miteinander verbunden waren. Die offenkundigen Versuche Marias, Elena am Vortag bei Jack auszustechen, hatten nicht unbedingt zur Verbesserung ihres Verhältnisses beigetragen. Auch wenn seit der Bekanntgabe, dass Elena eigentlich bereits verlobt war, Maria deutlich entspannter mit Jacks Begleiterin umgegangen war, hatte sich die Abneigung Elenas dadurch nicht gelegt. Aus diesem Grund erschienen Jack ihre Vorbehalte ziemlich aus der Luft gegriffen.

Jetzt jedoch, allein hier im Palast, umrahmt von zwei Soldaten, die schweigend an seiner Seite einherschritten und offenbar nicht vorhatten, ihm zu erklären, wo sie ihn hinbrachten, erschienen dem jungen Kapitän die Sorgen seiner Stellvertreterin plötzlich nicht mehr so übertrieben.

Endlich hielt die kleine Gruppe vor einer zweiflügligen Tür. Die Männer gaben Jack ein Zeichen, dass er stehen bleiben sollte. Eine der Wachen verschwand hinter der Tür und kam bereits einen Augenblick später wieder. Nun ließ er die Tür offen und zeigte Jack an, dass er eintreten dürfte. Der Kapitän, der sich nicht sicher war, was ihn hinter der Tür erwartete, betrat mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend das Arbeitszimmer des Gouverneurs. Was er hier sah, war nicht geeignet, sein Misstrauen zu zerstreuen. Mehrere Offiziere der spanischen Armee, der Comte und drei einfache Soldaten befanden sich hier, über eine Karte der Stadt Caracas und des Umlandes gebeugt. Als Jack eintrat, hoben sich die Blicke der Männer und fixierten ihn einen endlos langen Augenblick. Als die beiden Soldaten die Hände auf ihre Schwertgriffe legten und auf Jack zugingen, schloss der Freibeuter die Augen. Alles, was er in diesem Augenblick dachte, war: aufgeflogen. Auch der Dolch in seinem Ärmel würde ihm jetzt nicht mehr helfen können. Aber er würde sich nicht kampflos ergeben.

Die Soldaten kamen näher. Jack hatte die Augen immer noch geschlossen und verließ sich ganz und gar auf sein Gehör, das ihm zeigte, dass die Männer nur noch wenige Schritte von ihm entfernt waren. Sollte er versuchen, kampflos zu fliehen?

Auf dem Flur standen wahrscheinlich nur die zwei Soldaten, die ihn hergeleitet hatten. Vielleicht konnte er sie abhängen und versuchen, sich den Weg durch den Palast nach draußen freizuschlagen. Im Geiste begann er zu zählen. Bei drei, so hatte er beschlossen, würde er zuschlagen. Eins … zwei …

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2012 by Johann Peters