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The Raven – Prophet des Todes

Edgar Allan Poe starb bekanntermaßen unter noch immer ungeklärten Umständen am 07. Oktober 1749. Gerade die Ereignisse der letzten Tage im Leben des Dichters sind nicht lückenlos geklärt. James McTeigues The Raven hält dazu folgende Version bereit:
Ein unmöglich erscheinendes, blutiges Verbrechen – zwei Frauen wurden in einem von innen verschlossenen Zimmer bestialisch ermordet, ein der beiden in den Kamin gestopft, vom Täter fehlt jede Spur – gibt der Polizei Rätsel auf. Detective Emmet Field (Luke Evans) entdeckt am Fenster einen Federmechanismus, der ihn an eine Detektivgeschichte eines gewissen Edgar Allan Poe (John Cusack im Hans Gruber-Look) erinnert. Nachdem dieser jedoch ein Alibi vorweisen kann, wird er vom Verdächtigen zu Fields Berater. Ein zweites Opfer – zweigeteilt durch ein riesenhaftes Pendel – ist ausgerechnet ein literarischer Rivale Poes. Field ist nun klar, dass die Morde eine Botschaft an den Dichter sind. Nachdem eine Falle für den Mörder versagt, entführt dieser Poes Verlobte Emily Hamilton (Alice Eve) und beginnt ein perfides Spiel mit dem Dichter.

Zunächst war The Raven auch in Deutschland für einen Kinostart angekündigt, der aber nach einem desaströsen Kinoeinspielergebnis in den USA gecancelt und auf eine DVD-Premiere verschoben wurde. In meinen Augen unverständlich, denn James McTeigues Film ist ein überzeugender Historienthriller mit Düstereinschlag, der zwar für die Verehrer von Poes psychologischen Horrorgeschichten etwas zu glattgebügelt wirkt aber auch gar nicht den Anspruch erhebt, ein tiefenpsychologisches Profil des Schriftstellers zu präsentieren. Des Weiteren sollte der Film natürlich für ein Mainstreampublikum goutierbar sein, was auch explizite Darstellungen wie z. B. in Two Evil Eyes (eine Gemeinschaftsarbeit von Dario Argento und George A. Romero nach Geschichten von E. A. Poe) ausschließt. Die Pendelszene ist dennoch sehr überzeugend geraten.

Bei der Story handelt es sich unterm Strich um einen geradlinig verlaufenden Serienkillerthriller, der mit der persönlichen Verquickung einer der Ermittler (Poe) spielt. Und man muss kein Kenner von Poes Geschichten sein, um der Handlung zu folgen, auch wenn es natürlich mehr Spaß macht, wenn man die „Originale“ kennt. Zu einem großen Teil lebt der Film von seiner großartige Ausstattung (Szenenbildner Roger Ford arbeitet u.a. für die Chroniken von Narnia, Kostümbildner Carlo Poggiloni für Abraham Lincolm Vampirjäger, The Brothers Grimm, Van Helsing) und die opulente Inszenierung, die das Beste aus den gegebenen Möglichkeiten herausholt. Da kein Budget wie beispielsweise für Guy Richies Sherlock Holmes zur Verfügung stand, um das historische und dreckige Baltimore zum Leben zu erwecken (gedreht wurde in Ungarn und Serbien), gibt es entsprechend viele Innenraumszenen, die jedoch so schwelgerisch inszeniert sind, wie es nur möglich ist.
Naturgemäß führt die Geschichte zu einem Bad End, denn Edgar Allan Poe stirbt alleine am Ende der Mörderhatz, was – als Brückenschlag zum Beginn des Films – nochmals in einer großartigen Szene eingefangen wird.

Auch die Schauspieler gefallen durchweg, allen voran natürlich der ehemalige Brat Packer John Cusack als hitzköpfiger und leidensfähiger Edgar Allan Poe, dem die Rolle sichtlich Vergnügen bereitet hat. Den vernünftigen Gegenpol bildet der noch etwas unterschätzte Luke Evans (Krieg der Götter, Der Hobbit 2 und 3) als Detective Emmet Field. Weiterhin gefallen hier Alice Eve, die bisher nur als Eye Candy besetzt wurde, hier aber eine überzeugende Darstellung als Poes Verlobte Emily Hamilton abliefert und demnächst in Star Trek Into Darkness dabei ist, und Charaktermime Brendan Gleeson (The General, A.I., The Village, Beowulf) als Emily Hamiltons Vater, der Poe alles andere als wohlgesonnen ist.

Regisseur James McTeigue sammelte Regieerfahrung unter anderem als 2nd-Unit Regisseur und Regieassistent von George Lucas (Star Wars 2) und der Wachowski Brüder (Matrix), bevor er mit der Alan Moore-Verfilmung V wie Vendetta seinen Regieeinstand gab. Schon hier bewies McTeigue, dass er es versteht, aus begrenzten Mitteln viel herauszuholen und dass er ein Gespür für gute Bilder hat. Unter anderem ersetzte McTeigue auch den deutschen Regisseur Oliver Hirschbiegel (Das Experiment) bei dessen US-Erstling Invasion, nachdem es bei der Produktion Unstimmigkeiten gab.
Als Drehbuchautoren waren mit Ben Livingston und Hannah Shakespeare zwei relative Newcomer am Start, was jedoch zu keiner Zeit auffällt. Aufbau und Timing sind zwar sehr lehrbuchhaft, doch damit auch ein Garant, dass der Film auch funktioniert. Und das tut er sehr gut.

The Raven ist ein fesselnder Serienkillerthriller im historischen Gewand, der zwar mit begrenzten Mitteln, jedoch mit viel Gespür für gute Bilder umgesetzt wurde. Eine hochwertige DVD-Premiere, die in USA unverdientermaßen gefloppt ist.

Copyright © 2012 by Elmar Huber

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The Raven – Prophet des Todes
The Raven, USA, 2012
Universum Film, München
07. Dezember 2012
1 DVD, Thriller
Laufzeit ca. 106 Minuten
14,99 Euro
gesehen Dezember 2012
FSK 16
Regie: James McTeigue
Drehbuch: Ben Livingston,
Hannah Shakespeare
Darsteller: John Cusack,
Luke Evans,
Alice Eve, Brendan Gleeson,
Kevin McNally,
Oliver Jackson-Cohen
Musik: Lucas Vidal

www.universumfilm.de