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Jim Buffalo – 23. Abenteuer – Kapitel 2

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 23. Abenteuer Jim Buffalos
Der Prärieteufel
2. Kapitel

Durch die heißen Schwefelquellen

In rasender Geschwindigkeit, die eben nur bei der vorzüglichen Konstruktion des Teufelsautos möglich war, hatte Jim Buffalo mit seiner Begleiterin die Colorado Ridge überquert und näherte sich nun, ohne bisher auf eine Spur der Prärieräuber gestoßen zu sein, den Hot Sulphur Springs oder den heißen Schwefelquellen.

Es war am Abend des vierten Tages, seitdem man die tollkühne Fahrt angetreten hatte, als in der Ferne aufsteigende graugelbe Wolken, die jede weitere Fernsicht verhinderten, die Nähe der Schwefelquellen verkündeten.

Nach und nach wurde indessen die Luft so heiß, stickig und beißend, dass sie den beiden fast den Atem nahm und Jim Buffalo einsehen musste, dass ein Durchkommen durch die Schwefelluftatmosphäre ganz unmöglich war.

Jim Buffalo und Miss Gardie wurden von einem derartigen Hustenreiz gepackt, dass sie sich kaum noch zu verständigen vermochten; alles um sie herum, die ganze Gegend, die Teufelsmaschine, selbst ihre Kleider und Gesichter waren mit dickem, gelben Schwefelstaub bedeckt. Die drückend heiße Luft, die sie umgab, machte die Wirkung des Kühlers fast illusorisch, sodass sogar die Gefahr nahe lag, dass der Motor in Brand geraten könne.

Die Natur hatte hier, ohne es zu wollen, ein Hindernis aufgerichtet, gegen das Menschenkräfte ohnmächtig waren. Jim Buffalo versuchte zwar, dem Bereich der Schwefelwolken zu entrinnen, aber er war bereits zu weit hineingeraten, dass er immer wieder in die Schwefeldünste geriet.

Nur mithilfe seines Kompasses gelang es ihm endlich, wieder die Abhänge der Colorado Ridge zu erreichen.

Jim Buffalo war aber trotzdem der festen Überzeugung, dass gerade hier, in der Nähe der schützenden Schwefelquellen, das Lager der Prärieräuber zu suchen sein müsse.

Wie aber sollte er es finden, wo ihm jeder Fußbreit vorwärts der Erstickungstod drohte?

Noch mit sich im Unklaren, was er nun beginnen solle, war er am Rande der Berge hingefahren, als ihn Miss Gardie auf eine kleine Hütte aufmerksam machte, die im dichten Gestrüpp stand und eben nur mit der Spitze ihres Daches aus dem Grün der Bäume hervorragte.

»Wenn wir vielleicht einen Führer fänden?«, meinte sie zu Jim Buffalo.

Rasch stieg dieser aus und schritt auf die Hütte zu. Sie schien dem äußerst primitiven Bau nach und den fantastischen Malereien, den die Stützbalken schmückten, einem Wilden zu gehören.

Ein solcher trat auch tatsächlich, als Jim Buffalo sich der Hütte näherte, heraus.

Es war ein alter, gebückter Mann, mehr Knochen als Fleisch an dem sehnigen Körper, der wie ein richtiges Skelett ausschaute. Die alte Rothaut, die als einstiges Häuptlingszeichen noch immer eine Adlerfeder in der dünnen Skalplocke trug, schien halb taub und halb blind zu sein, denn mit der einen Hand beschattete der Alte seine trüben Augen, die andere hielt er wie eine Hörmuschel am rechten Ohr.

Sein ausgetrocknetes Gesicht war über und über mit Farbe bemalt, und Jim Buffalo musste sich auf die Lippen beißen, um bei diesem komischen Anblick nicht in lautes Lachen auszubrechen.

»Was sucht der weiße Mann bei dem Reißenden Wolf, dem letzten Häuptling der Fox?«, fragte er in den charakteristischen Gutturaltönen der roten Rasse.

»Eine Bitte, die mir der große Häuptling gern gewähren wird«, antwortete Jim Buffalo, mit den Eigenheiten der Indianer wohlvertraut. »Der große Häuptling hat seinen Wigwam dicht neben den Hot Sulphur Springs aufgeschlagen. Ich denke, er wird auch einen Weg darüber kennen.«

Ein bitteres Lächeln umspielte die Lippen des Indianers.

»Immer kommen die Blassgesichter mit Bitten und der rote Mann war töricht genug, sie zu erfüllen. Als der Reißende Wolf noch ein berühmter Krieger war und über einen Stamm gebot, da kamen sie auch. Aber aus den Bitten wurden Drohungen, und als sich der rote Mann noch immer weigerte, da gruben sie das Kriegsbeil aus und vernichteten meine roten Brüder. Meine Brüder gingen in die ewigen Jagdgründe ein, mein Wigwam ist zerstört und heute steht der große Häuptling allein und verlassen da. Aber er braucht keine Hilfe, er will von den falschen Blassgesichtern nichts mehr wissen!«

Es sprach so viel Trauer und stolze Abweisung zugleich aus den Worten des alten Häuptlings, dass Jim Buffalo jedes weitere Wort, ihn für sich zu gewinnen, für vergeblich gehalten hätte.

»Der große Häuptling mag recht haben«, sagte er. »Aber was kann der Einzelne dafür, was andere verschuldeten? Ich muss zu den heißen Quellen hinüber.«

Bei diesen Worten ließ er ein blinkendes Goldstück sehen, dass die erloschenen Augen des Alten zu funkeln begannen.

»Das soll der große Häuptling erhalten, wenn er mich führt.«

»Hugh, und was suchen der weiße Mann bei den heißen Quellen?«

»Das Lager der Prärieräuber!«

Bei der Erwähnung dieses Namens ging eine merkliche Veränderung mit dem Alten vor. Seine zusammengesunkene Gestalt straffte sich, ein kriegerischer Glanz trat in die blöde blickenden Augen und seine Rechte fasste unwillkürlich an die Seite, wo sonst die Streitaxt gehangen hatte.

»Den Prärieteufel sucht Ihr!«, stieß er erregt hervor. »Den weißen Schuft, der mir meine Brüder getötet hat? Ha, wie oft habe ich ihm Rache geschworen, aber zu schwach ist mein Arm gegen diesen weißen Teufel! Ich mag Euer Gold nicht, aber schwört mir bei Manitu, dass sein Skalp mein sein soll, und ich will Euch führen!«

»Gut, Häuptling! Mir soll es gleich sein, wie der Unhold stirbt. Der große Häuptling soll sich mit seinem Skalp schmücken!«

Der alte Indianer stieß einen wilden Kriegsruf aus und tanzte wie besessen vor seiner Hütte herum.

»Endlich hat Manitu mein Gebet erhört, dass er mir einen Rächer senden möge, den Prärieteufel zu züchtigen! Wird mein weißer Bruder aber auch Wort halten? Schon viele fragten nach ihm und dann sah sie der Reißende Wolf unter seinen wilden Kriegern.«

»Ich suche den Prärieteufel, um einen Freund aus seiner Gewalt zu befreien.«

»Hugh, dann will ich Euch führen! Aber der Skalp gehört mir!«

Dies Versprechen glaubte Jim Buffalo dem Alten geben zu können. Der Häuptling lachte leise auf und es klang schauerlich, dieses Lachen, das man bei einer Rothaut sonst nie beobachtete.

»Wieviel kamen, um ihn zu fangen und alle mussten sie sterben! Die heißen Quellen ersticken alles, was in ihre Nähe kommt.«

»Der große Häuptling kennt einen anderen Weg durch den heißen Tod?«

Wieder lachte der Alte leise auf.

»Der Reißende Wolf kennt ihn! Er fürchtet ihn nicht! Wenn er zischt und dampft, geht er ihm aus dem Weg und wartet, bis er fertig ist. Dann schreitet er lachend über ihn hinweg!«

»Gut! Wann wollen wir aufbrechen?«

»Wenn das glänzende Auge Manitus wieder den Himmel rötet. Wenn mein weißer Bruder bis dahin mein Gast sein will?«

Gern nahm Jim Buffalo dieses Anerbieten an und bald saß er mit Miss Gardie am brennenden Herdfeuer, während der Alte damit beschäftigt war, eine saftige Hirschkeule zu braten.

Der sonst so wortkarge und verschlossene Häuptling, der viel Trübes erfahren haben mochte, war wie umgewandelt, und von ihm erfuhr Jim Buffalo im Laufe der Unterhaltung, dass der Prärieteufel ein Weißer sei, der schon lange hier sein Unwesen trieb. Dass man seiner noch nicht habhaft hatte werden können, hatte er nur seinem günstig gelegenen Versteck zu verdanken.

Als Jim Buffalo am anderen Morgen erwachte, stand der alte Indianer schon gerüstet vor ihm.

Sein ganzer Körper glänzte in der grotesken Kriegsmalerei seines Stammes; auf dem Kopfe trug er ein Büschel zerknickter Federn und in der Hand trug er einen verrosteten Tomahawk. Seine blöden Augen funkelten kampfeslustig, seine ganze Gestalt schien gewachsen.

»Wir müssen eilen, wenn wir des heißen Todes spotten wollen!«

In rascher Fahrt ging es vorwärts. Wieder wirbelten vor den Augen Jim Buffalos die verderblichen Dämpfe auf, aber durch kleine zerrissene Schluchten, die dampffrei waren, lenkte er sein Auto nach den Anweisungen des Indianers, bis es auf einer völlig wolkenfreien Anhöhe hielt.

Ringsum dieselbe aber wogte der gelbe Dampf aus der Erde hervor, der alles in ein undurchdringliches Grau hüllte.

»Da ist der heiße Tod!«, sagte der Häuptling und zündete sich gleichmütig eine Pfeife an.

»Was nun?«, fragte Jim Buffalo.

»Warten!«, versetzte der Indianer lakonisch.

Etwa eine halbe Stunde mochte vergangen sein, als der Alte seine Pfeife ausklopfte und aufmerksam nach den immer schwächer werdenden Dämpfen schaute.

»Hugh, der heiße Tod zieht sich in seinen Wigwam zurück! Wir kamen zur glücklichen Stunde! Zehn Minuten ruhen, dann sechs Stunden immerzu wüten und alles töten, was in seine Nähe kommt.«

Diese merkwürdige Naturerscheinung war also nichts weiter als eine Anzahl heißer Geiser, wie man sie in den Gebirgen Amerikas zahlreich vorfindet. Ein seltsames Spiel der unterirdischen Gewalten, die regelmäßig kommen und gehen, und die hier, zumal es Schwefeldämpfe waren, die der Erde entströmten, der menschlichen Ohnmacht spottend, den Eingang des Tales besser als alle Kanonen der Welt beschützten.