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Die Gespenster – Dritter Teil – 18. Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Achtzehnte Erzählung

Ein preußischer Soldat bannt in Pommern ein unsichtbares Gespenst

Als das preußische Infanterie-Regiment Prinz Heinrich im Siebenjährigen Schlesischen Krieg mit zum Entsatz von Kolberg marschierte, übernachtete ein Teil desselben unter dem Befehl des damaligen Leutnants, jetzigen Majors, Herrn von Naß, in einem pommerischen Dorf, dessen Name dem Erzähler entfallen war.

In diesem Dorf bekam ein Bauer eine sehr starke Einquartierung. Ungeachtet er eine Oberstube hatte, so musste dennoch die ganze Mannschaft in dem unteren Wirtschaftszimmer liegen, wo­ durch sie ungemein gedrängt wurde. Die Soldaten begannen zu murren.

»Warum«, rief man dem Wirt zu, »lasst Ihr uns hier wie eingepöckelte Heringe liegen, da Ihr oben noch eine Stube habt, die noch dazu ganz leer ist? Gebt einem Teil von uns jene Stube!«

»Gern«, versetzte der Wirt, »würde ich dies tun, aber, meine Herren, ich fürchte, es würde Ihnen dort oben nicht gut gehen!«

»Wieso?«

»In der Oberstube spukt es schon seit ein paar Jahren alle Nächte.«

»Sagt mir doch«, rief hier einer von den in diesem Punkt vorurteillosen Soldaten, »sagt mir doch, wie der Spuk da eigentlich sein Wesen treibt?«

»In dem Ofen«, versetzte der Bauer, »hantiert es des Nachts fürchterlich.«

»Aber habt Ihr noch niemals untersucht, ob der Spuk nicht vielleicht etwas Natürliches ist?«

»Wohl habe ich oft schon, wenn es lärmte, in den Ofen geguckt; allein sobald ich davor kam, war es ganz still und niemals sah ich dann etwas.«

»Nun wohlan! Was gebt Ihr mir, wenn ich dennoch den Spuk banne und einfange?«

»Wenn Er das könnte, ich gäbe Ihm gern vier Reichstaler. Aber …«

»Topp! Landsmann, vier Reichstaler! Und die Aber überlasst mir!«

Der Soldat ließ sich ein Licht geben, ging in das Spukzimmer und erwartete herzhaft den Kobold. Es währte auch nicht lange, als sich dieser durch Getöse im Ofen ankündigte. Sogleich eilte der Soldat zur Tür hinaus; allein der Unhold wurde beim Erblicken des Lichtes sogleich still. Auch sehen konnte der Soldat aller angewandten Mühe nichts. Er ergriff daher eine Stange, stieß damit in allen Winkeln des Ofens herum, und siehe da! Plötzlich sprang der schwarze Haushund heraus, der sich sonst, als die Stube noch geheizt wurde, in dem warmen Ofen gewärmt und ihn von da an zu seinem beständigen Nachtlager erwählt hatte.

Der Soldat ergriff den zottigen Geist – und beschämt zahlte ihm der Bauer die versprochenen vier Reichstaler.