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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 34

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

22. Die drei Bergleute im Kuttenberg

In Böhmen liegt der Kuttenberg. Darin arbeiteten drei Bergleute lange Jahre und verdienten damit für Frau und Kind das Brot ehrlich. Wenn sie morgens in den Berg gingen, so nahmen sie dreierlei mit: erstens ihr Gebetbuch, zweitens ihr Licht, aber nur für einen Tag mit Öl versehen, drittens ihr bisschen Brot, das reichte auch nur für einen Tag. Ehe sie die Arbeit anhuben, taten sie ihr Gebet zu Gott, dass er sie im Berg bewahren möchte. Danach fingen sie getrost und fleißig an zu arbeiten. Es trug sich zu, als sie einen Tag gearbeitet hatten und es bald Abend war, dass der Berg vorn einfiel und der Eingang verschüttet wurde.

Da meinten sie begraben zu sein und sprachen: »Ach Gott, wir armen Bergleute, wir müssen nun Hungers sterben. Wir haben nur einen Tag Brot zu essen und einen Tag Öl auf dem Licht!« Nun befahlen sie sich in Gott und dachten bald zu sterben, doch wollten sie nicht müßig sein, so lange sie noch Kräfte hätten, arbeiteten fort und fort und beteten. Also geschah es, dass ihr Licht sieben Jahre brannte. Ihr kleines bisschen Brot, von dem sie tagtäglich aßen, wurde auch nicht alle, sondern blieb ebenso groß, und sie meinten, die sieben Jahre waren nur ein Tag. Doch da sie sich nicht ihr Haar schneiden und den Bart abnehmen konnten, waren diese ellenlang gewachsen. Die Frauen hielten unterdessen ihre Männer für tot, meinten, sie würden sie nimmermehr wiedersehen, und dachten daran, andere zu heiraten.

Nun geschah es, dass einer von den dreien unter der Erde so recht aus Herzensgrund wünschte: »Ach! Könnte ich noch einmal das Tageslicht sehen, so wollte ich gerne sterben!«

Der Zweite sprach: »Ach! Könnte ich noch einmal daheim mit meiner Frau zu Tisch sitzen und essen, so wollte ich gerne sterben!«

Da sprach auch der Dritte: »Ach! Könnte ich nur noch ein Jahr friedlich und vergnügt mit meiner Frau leben, so wollte ich gerne sterben!«

Wie sie das gesprochen hatten, so krachte der Berg gewaltig und übermächtig und sprang voneinander. Da ging der Erste hin zum Riss, schaute hinauf und sah den blauen Himmel. Wie er sich am Tageslicht gefreut hatte, sank er augenblicklich tot nieder. Der Berg aber tat sich immer mehr voneinander, sodass der Riss größer wurde. Da arbeiteten die beiden anderen fort, hackten sich Treppen, krochen hinauf und kamen endlich heraus. Sie gingen nun fort in ihr Dorf und in ihre Häuser und suchten ihre Frauen.

Aber die wollten sie nicht mehr kennen.

Sie sprachen: »Habt ihr denn keine Männer gehabt?«

»Ja«, antworteten jene, »aber die sind schon sieben Jahre tot und liegen im Kuttenberg begraben!«

Der Zweite sprach zu seiner Frau: »Ich bin dein Mann.«

Aber sie wollte es nicht glauben, weil er den ellenlangen Bart hatte und ganz unkenntlich war.

Da sagte er: »Hol mir das Bartmesser, das oben im Wandschrank liegen wird, und ein Stückchen Seife dazu.« Nun nahm er sich den Bart ab, kämmte und wusch sich.

Als er fertig war, sah sie, dass es ihr Mann war. Sie freute sich herzlich, holte Essen und Trinken, so gut sie es hatte, deckte den Tisch. Sie setzten sich zusammen hin und aßen vergnügt miteinander. Wie aber der Mann satt war und eben den letzten Bissen Brot gegessen hatte, da fiel er um und war tot. Der dritte Bergmann wohnte ein ganzes Jahr in Stille und Frieden mit seiner Frau zusammen. Als es herum war, zu derselben Stunde aber, wo er aus dem Berg gekommen war, fiel er und seine Frau mit ihm tot hin. So hat Gott ihre Wünsche ihrer Frömmigkeit wegen erfüllt.