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Die Macht der Drei – Teil 36

Die-Macht-der-Drei

In der Nacht vom 19. auf den Juli war die große amerikanische Transradiostation in Sayville im vollen Betrieb. Um die dritte Morgenstunde liefen alle Maschinen. Sie erzeugten die hochfrequente Sendeenergie und schickten sie über die Maschinengeber in die sechzehn Antennen der Station.

Im Telegrafistensaal standen die automatischen Schreibapparate und verwandelten die aus allen Teilen Amerikas ankommenden Drahtdepeschen in gelochte Papierstreifen.

Die Telegrafisten nahmen die gelochten Streifen aus den Stanzapparaten, ersahen aus den Adressen, nach welcher Himmelsrichtung sie bestimmt waren, und verteilten sie danach auf die Maschinengeber der verschieden gerichteten Antennen.

Der Chefelektriker saß in seinem Glaskasten, von dem aus er einen Überblick über die ganze Station hatte. Vor ihm auf dem Tisch lag das Stationsbuch. Er war beschäftigt, die letzten Telegramme einzutragen.

Da plötzlich … Mr. Brown stand auf und lauschte … Ein fremder Ton drang aus dem Maschinenraum her. Er kannte seine Station. Jede Unregelmäßigkeit verriet sich seinem geübten Ohr. Er sprang auf, verließ seinen Glaskasten und sah im Vorbeieilen, dass auch im Transmitterraum Unordnung ausgebrochen war. Alle Automaten standen still.

Er eilte in den nächsten Saal zu den Maschinengebern. Das gleiche Bild hier. Eine Lähmung hatte alle diese Apparate getroffen, die eben noch im fliegenden Tempo arbeiteten und Depeschen in alle Welt schickten.

Die Maschinengeber lagen still. Es war erstaunlich, aber schließlich denkbar. Das Undenkbare, das Unmögliche geschah im Nebenraum, in dem die großen, von den Maschinengebern gesteuerten Sendekontakte eingebaut waren. Die Kontakte arbeiteten. Sie tanzten auf und ab, schlossen und öffneten den Maschinenstrom und gaben unverkennbare Morsezeichen.

Der Chefelektriker stürzte in diesen Raum. MacOmber, der alte, sonst so zuverlässige Maschinist, trat ihm verstört entgegen. Er deutete sprachlos auf die großen Kontakte, die sich, wie von unsichtbaren Geisterhänden bedient, bewegten.

Ein höllischer Spuk war es. Aber ein Spuk, der nach einem festen Plan vor sich ging. Alle diese Bewegungen und Manipulationen spielten sich ganz systematisch ab. Er vermochte aus dem Knattern der Kontakte ohne Weiteres den Wortlaut der Botschaft herauszuhören, die hier gegeben wurde.

»Sayville. An alle! … Sayville. An alle! … Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen. Die Macht warnt alle vor dem Krieg.«

Mr. Brown stürzte sich auf den nächsten Sendekontakt und versuchte ihn mit Gewalt festzuhalten. Die Kontakte arbeiteten unbeirrt weiter.

Dreimal hintereinander gab die Station diese Depesche. Dann begannen mit einem Schlag wieder die Automaten und Maschinengeber zu arbeiten. Kaum zehn Minuten hatte der Spuk gedauert.

Mr. Brown stand in seinem Glaskasten und strich sich die Stirn. Er wusste nicht, ob er wache oder träume. Mit verstörten Mienen blickten die Telegrafisten auf ihren Vorgesetzten. Keiner von ihnen kümmerte sich um die Apparate. Aber die Automaten, die nervenlosen Maschinen, taten ihre Schuldigkeit. Sie schrieben die Depeschen auf, die jetzt von allen Seiten her in Sayville einliefen. Anfragen von amerikanischen und überseeischen Stationen, was die Sendung von Sayville zu bedeuten habe.

Eine dringende Staatsdepesche aus Washington: »Befehl, den Stationsleiter sofort vom Amt zu suspendieren. Die Station dem Stellvertreter zu übergeben!«

Mr. Brown war mit seinen Nerven fertig. Er übergab die Station seinem Vertreter und setzte sich hin, um mit zitternden Händen einen ausführlichen Bericht über das Vorkommnis zu schreiben.

Für die Geschichte jener Zeit ist der Bericht ein wichtiges Dokument geworden. Er gibt noch verhältnismäßig objektiv eine Darstellung der unerklärlichen Beeinflussungen, denen die Großstationen der ganzen Erde in den folgenden Wochen bald hier, bald dort ausgesetzt waren. Eine unbekannte Macht hatte sich des drahtlosen Verkehrs bemächtigt. Sie gab ihre Depeschen »An alle!«, wie es ihr gefiel, unter Benutzung der vorhandenen Stationen ab.