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Fort Aldamo – Band 4

Fort-Aldamo-Finnewackers-großer-AlleingangBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 4
Finnewackers großer Alleingang

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 29.12.2015, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:

In Fort Aldamo ist wiederRuhe eingekehrt. Appelle, Exerzieren, Dienst nach Plan. Und wer aus der Reihe tanzt, bekommt einen Job beim Festungserweiterungskommando. Doch der friedliche Schein trügt. Da gibt es ein paar Kanaillen, die auf raffinierte Weise aus der Festung in der Wüste verschwinden! Aber sie haben die Rechnung ohne Finnewacker gemacht. Weder Bandoleros oder Indianer, noch mexikanische Polizei können ihn stoppen, als er ganz allein auf der blutigen Fährte der Ausbrecher bis nach Mexiko reitet und ihnen zeigt, was es heißt, sich mit Master Sergeant Finnewacker anzulegen …

Leseprobe:

Stahlblau und wolkenlos war der Himmel, und die Sonne schien ein riesiger weißglühender Fleck zu sein. Die Temperatur zwischen den zehn Meter hohen Mauern der alten spanischen Festung erinnerte an das Innere eines Backofens.

Seit dem Kriegsende diente die von den Konquistadoren erbaute Festung Aldamo der Strafkompanie der Unions-Kavallerie als Standort.

Mitten in der Wüste, hundert Meilen von der mexikanischen Grenze entfernt, in einer weiten sandigen Ebene, die von zwei gewaltigen Gebirgszügen begrenzt wurde, hatten die Spanier diese Festung errichtet, um ihre Handelswege nach Norden zu schützen.

Vielleicht war das Leben für Hernando Cortez’ Soldaten in diesen Mauern damals lustig gewesen.

Für die Männer der Strafkompanie war Aldamo die Hölle!

Exerzieren – stand auf dem Dienstplan.

Zwei Stunden schon marschierte die in grauen Drillich gekleidete Phalanx der hundertdreißig Sträflinge im Geviert der gewaltigen Mauern hin und her, die Karabiner geschultert und die Tornister vollgepackt auf den Rücken.

Fitzgerald, der kleine, kraushaarige Sergeant führte das Kommando. Von der Ostmauer bis zum Küchenhaus an der Westmauer ließ er die Kompanie marschieren. Hundertfünfzig Meter hin und hundertfünfzig Meter zurück.

Bevor die Männer im ersten Glied mit der Brust gegen die Ostmauer oder gegen die Backsteinwand des Küchenhauses stießen, befahl er: »Kehrt euch!«

Dann ruckten die Männer auf dem linken Fuß herum, vollführten eine Wendung von hundertachtzig Grad und marschierten zurück, nur dass die Letzten dann immer die Ersten waren.

Commander von Fort Aldamo und Kompaniechef war Captain Sayer. Ein kleiner schwarzhaariger Mann, den das Leben in Fort Aldamo zum Alkoholiker hatte werden lassen.

Die Männer, Sträflinge wie Chargierte, bekamen ihn kaum noch zu Gesicht.

Der allgewaltige Herrscher von Fort Aldamo war seit Monaten Master Sergeant Finnewacker. Der Spieß der Kompanie.

Er stand im Schatten unter dem wuchtigen Gewölbe des mehrstöckigen Torhauses wie ein Schießhund auf der Lauer und sah der Kompanie zu.

Hinter ihm, noch tiefer im Schatten und in der Kühle des mächtigen Gewölbes, standen die Sanis – Sträflinge – mit der Tragbahre bereit. Faul, uninteressiert lehnten die beiden Sträflinge an der Mauer und warteten darauf, dass die Zeit verging.

Ein Mann, der zusammengeklappt war, den die Hitze und die harte Tortur des Exerzierens zu Boden geschmettert hatten, war von ihnen schon weggetragen worden. Doch keineswegs ins Lazarett.

Der arme Teufel war nach vorn lang aufs Gesicht gefallen, und sein Karabiner war über das Kopfsteinpflaster geschlittert.

Der Karabiner war also in den Dreck gefallen!

Damit gehörte der Mann für drei Tage in den Karzer, in dem er jedoch nur die Nächte verbrachte. Tagsüber war er automatisch dem Festungserweiterungskommando zugeteilt. Und das bedeutete harte und knochenschwere Arbeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in glühender Hitze.

Doch davon wusste er im Moment noch nichts. Er war noch bewusstlos.

Nach dem Exerzierdienst würde sich der Feldscher um ihn kümmern, ihn mit etwas Riechsalz ins Leben zurückrufen und ihm bescheinigen, dass er weiterhin voll diensttauglich war.

Danach erst würde er sein Elend erkennen und sich und Gott und die Welt und vor allen Dingen Finnewacker verfluchen, diesen erbarmungslosen Master Sergeant.

Sergeant Fitzgerald, der immer ein Stück mitmarschierte, ließ vor der Ostmauer wenden und rief: »Links, links, links, zwo, drei, vier, links!«, damit ihm die Kompanie nicht außer Tritt geriet.

Finnewacker zog die Uhr, eine Bewegung, von der die Sanis aus der Lethargie geschreckt wurden, warf einen Blick aufs Zifferblatt und trat in den Sonnenglast.

»Exerzierdienst beenden! Kompanie zum Essenempfang wegtreten lassen!«, rasselte er und schritt rasch zur Kommandantur.

Der kraushaarige Sergeant schwenkte sofort zur Seite weg und baute sich auf.

»Kompanie – halt!«, bellte er mit befehlsgewohnter Stimme.

Das Kommando kam klar und exakt und genau auf dem linken Fuß. Ein letzter Schlag noch, und die Kompanie stand wie ein Mann.

»Links um! Richt euch!«

Die Tortur war beendet, und da wollte keiner der Männer Anlass geben, sie zu verlängern. Jeder nahm sich zusammen, um vor Sergeant Fitzgeralds Augen Gnade zu finden und ihn nicht zu provozieren, eine Extraeinlage hinzuzugeben. Extraeinlagen waren schließlich gefürchtet. Je nach Laune des Vorgesetzten konnten die sich über eine volle Stunde hinziehen. Das hatten die Männer schließlich schon erlebt.

Da rissen sie sich lieber zusammen und gaben sich Mühe, es dem Sergeant recht zu machen.

Sergeant Fitzgerald war nicht zufrieden. Keineswegs! Aber er hatte Mitleid mit den geschundenen Männern. Er schaute sich kurz nach dem Master Sergeant um. Doch der hatte die Kommandantur schon betreten und nichts gesehen. So ließ Fitzgerald die Kompanie wegtreten und schritt zur Kommandantur.

Die Chargierten, das Stammpersonal von Aldamo, die Sergeanten und Corporale, die als Corporalschaftsführer und Zugführer Dienst taten, kamen aus ihren Unterkünften und begaben sich zu ihren Einheiten, um sie zum Essen zu führen.

Sergeant Kleiber, der Küchenbulle, der schon einige Zeit auf das Ende des Exerzierdienstes gewartet hatte, läutete bereits zum Essenempfang.

Als Fitzgerald die Kommandantur betrat, stand Finnewacker hinten am Regal und steckte sich gerade eine Zigarre an.

Fitzgerald schritt zum Wassereimer, der auf Finnewackers Anordnung hin ständig frisch gefüllt hinter der Tür zur Schreibstube an der Wand stand, schöpfte eine Kelle heraus und trank.

»He! Was ist denn das?«, fragte Finnewacker und hielt ein großes dickes Notizbuch hoch, das er im Regal zwischen Akten, Ordnern und Büchern entdeckt hatte.

Fitzgerald warf den Feldhut auf den Tisch, wischte den Mund trocken und kam zu ihm.

Finnewacker blätterte in dem dicken Notizbuch. Er fand nur leere Seiten.

»Weiß nicht! Habe ich hier noch nie gesehen«, erwiderte der Sergeant und zuckte mit den Schultern. »Wird wohl Sayer gehören.«

»Braucht der Captain doch gar nicht!«, sagte Finnewacker grinsend, klappte das Buch zu, öffnete zwei Knöpfe seiner Feldbluse und schob es hinein, sodass es ein paar Zentimeter weit herausragte.

»Was sagst du dazu?«, fragte er und klopfte auf das Notizbuch. »Steht mir doch zu Gesicht, oder?«

Fitzgerald zog die Lider zusammen. »Hm! Und was willst du damit?«

»Eintragungen machen, Menschenskind.« Finnewacker klopfte wieder auf die Feldbluse, die vom Notizbuch ausgebeult wurde. »Da schreibe ich alle Kerle auf, die aus der Reihe tanzen, die Klappe zu weit aufreißen oder sich irgendetwas anderes zuschulden kommen lassen. Wer hier drin steht – Festungserweiterungskommando. Klar?«

»Ich habe doch einen Zettel!«

»Ein Fetzen Papier! Der kann verloren gehen. Zeig mal her! Wie viele Männer hast du für morgen schon aufgeschrieben?«

Fitzgerald kramte den Zettel aus der Tasche. »Vierundzwanzig Mann!«

Grinsend nahm Finnewacker das Notizbuch zur Hand, griff nach einem Bleistift und schrieb die Namen genussvoll ins Buch. Danach knüllte er Fitzgeralds Zettel zusammen und warf ihn in den Papierkorb. »In Zukunft werden mir alle Leute sofort mündlich gemeldet, die aufgefallen sind, damit ich sie sofort eintragen kann!«

Er schob das Notizbuch wieder vorn in die Feldbluse, strich den Rock glatt und steckte den Bleistift in die Brusttasche.

»Vierundzwanzig Mann sind für morgen aber ein bisschen wenig. Ein Kommando muss raus in den Steinbruch, damit wir dort mal wieder weiterkommen.«

»Die Steine, die wir vor einer Woche mit der ganzen Kompanie durch die Wüste geschleppt haben, sind doch noch gar nicht vermauert.«

»Macht nichts! Was steht heute noch auf dem Dienstplan? An Appellen, meine ich.«

»Waffenreinigen! Von vier bis fünf.«

Finnewacker griente zufrieden. »Werde ich selber abnehmen.« Wieder klopfte er auf das Notizbuch. »Danach haben wir für morgen genügend Leute für das Festungserweiterungskommando.«

Das Festungserweiterungskommando war Finnewackers Erfindung und nun sein Steckenpferd. Er war auf diese Idee gekommen, um die Männer der Strafkompanie sinnvoll zu beschäftigen. Bis er nach Aldamo gekommen war, hatte es nur Gammeldienst und fortgesetzt Revierreinigen gegeben. Damit hatte er Schluss gemacht.

Fort Aldamo, diese alte, von den Konquistadoren erbaute Festung, stand inmitten einer weiten sandigen Ebene auf einem Hügel mit sehr lang gezogenen flachen Hängen. Diese flachen Hügel wurden nun abgetragen, um eine steile, mindestens zehn Meter hohe Mauer rings um den Hügel errichten zu können, damit feindliche Reiterei schon dort aufgehalten wurde und an die eigentlichen Festungsmauern gar nicht erst herankommen konnte.

Mit Spaten, Schaufeln und Hacken mussten die Männer dem Erdreich zu Leibe rücken, es in Säcke füllen und in der Ebene breittragen, damit keine neuen Hügel entstanden, hinter denen der Feind Deckung nehmen konnte.

Die Steine zu den Mauern wurden seit einiger Zeit aus dem Gebirgszug östlich von Aldamo herangetragen. Dort befand sich der Steinbruch der Konquistadoren, und im gleichen Steinbruch schlugen nun die Männer des Festungserweiterungskommandos die Steine aus dem Fels. Aber keinesfalls mithilfe von Sprengstoff. Mit Hammer, Meißel und Brechstange brachen die Männer das Gestein und schlugen die Steine zurecht, mit akkuraten und sauberen, geraden Kanten. Wehe nicht!

Die Verwendung von Sprengstoff betrachtete Master Sergeant Finnewacker als Verschwendung von Steuergeldern. Er hatte genügend Männer zur Verfügung, die alle Zeit hatten, die seiner Meinung nach sinnvoll genutzt werden sollte.

Aldamo war schließlich kein Kloster, sondern der Standort der Strafkompanie, und jeder der nach Aldamo versetzt wurde, wusste warum. Ein Militärgericht hatte ihn wegen einer groben Verfehlung dazu verurteilt und degradiert. Gleich, welchen Rang er zuvor innegehabt hatte, er war jetzt einfacher Infanterist. Das galt nur für die Zeit in Aldamo, wo er statt der blauen Uniform grauen Drillich tragen musste. Wer seine Zeit, seine Monate oder Jahre heruntergerissen hatte, kehrte in die Kavallerie zurück und erhielt auch seinen früheren Rang wieder.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 4. Bastei Verlag. Köln. 29.12.2015