Sagen der mittleren Werra 59

Vom Loberg, der Tanzbuche auf dem Krätzers Rasen und den Hexenringen auf der Klinge

Auf der Höhe des Lobergs, an dessen Gelände sich noch einige Häuser von Steinbach hinaufziehen, bietet eine nicht unbedeutende Fläche des weißen Schwerspats, der hier die dunkle Decke des Eisengesteins durchbrochen hat und schlechthin das weiße Fleck genannt wird, einen seltsamen Anblick. Hier, wo noch zu Anfang dieses Jahrhunderts das Sonnenwendefestfeuer brannte, sollen die Hexen von Steinbach mitunter noch lustig tanzen.

Der eigentliche, allgemeine Tummelplatz dieses heillosen Gesindels liegt jedoch weiter oben im Gebirge. Dort steht auf dem Krätzers Rasen rechts vom Wege nach Brotterode und unfern der hessischen Grenze eine wegen ihres schönen Wuchses bekannte Buche, welche die Tanzbuche genannt wird.

Ein Hirte aus Steinbach trieb vor längeren Jahren am 1. Mai seine Kühe unter jene Buche, um dort Mittag zu machen. Da gewahrte er unter dem Wurzelgeflecht des Baumes etwas Glitzerndes. Es war eine schwere, goldene Kette. Der Glückliche steckte sie zu sich und ging, als er wieder heimgetrieben hatte, in die Schenke, allwo er den anwesenden Gästen den Vorfall mitteilte und dabei das kostbare Kleinod vorzeigte. Die Gäste jedoch machten bedenkliche Mienen und meinten, an diesem Fund möchten sie keinen Teil haben; die Kette, und wäre sie auch noch so prächtig, sei doch nur Hexengut und Teufels Handgeld, die würde ihm kein Glück bringen; er solle machen, dass er sie so schnell als möglich wieder fortschaffe. Der Hirt nickte lächelnd zu und trank ein Glas um das andere. Und als er endlich die Schenke verlassen wollte, trat er fehl, stürzte in den offenen Keller und brach sich das Genick.

Auf der nahegelegenen Klinge zeigen sich im Sommer große, kahle Ringe in dem Rasen, sie werden Hexenringe genannt, weil auch hier die Hexen zum Tanz sich zusammenfinden und das Gras wegtreten sollen.