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Captain Concho – Band 22

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 22
Im Schatten der Guerillas

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Sie sind die Aasgeier der Schlachtfelder – Doc Jennisons gefürchtete Horde der Red Legs. Unter dem Vorwand, für die Abschaffung der Sklaverei zu kämpfen, morden, plündern und brandschatzen sie, um reiche Beute zu machen.

Rund fünfhundert Mann stark ist die Bande der »Rotbeine«, der Captain Concho mit seinen verwegenen Reitern das blutige Handwerk legen soll. Ein Häuflein von fünfzehn Männern gegen fünfhundert! Ein echtes Himmelfahrts-kommando! Es bleibt Concho nichts anderes übrig, als sich mit Colonel Quantrill, dem Anführer der Jayhawkers, zu verbünden. Das sind Guerillas wie die Red Legs, mit dem Unterschied, dass sie auf der Seite des Südens kämpfen. Doch Verrat ist im Spiel, und es wird ein Pakt mit dem Satan …

Leseprobe:

Captain Concho drohte sich der Magen umzudrehen, und er spürte ein ziehendes Würgen im Hals.

In dieser kleinen Siedlung waren sämtliche Häuser bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Bäume schienen alles zu sein, was der Krieg übrig gelassen hatte. Und daran hingen sie, zu viert und zu fünft, lauter Männer mit rot eingefärbten Beinkleidern. Mitglieder der berüchtigten Red Legs waren es, auf die Captain Concho nun schon seit Wochen Jagd machte.

Entsetzlicher, ja geradezu bestialischer Brandgeruch hing in der Luft.

Der Krieg hatte hier getobt. Doch das war nicht der Krieg zwischen Fronten, zwischen feindlichen Heeren. Hier hatten Guerillas gewütet. Partisanen. Aasgeier der Schlachtfelder.

»Da nimmt uns einer die Arbeit ab!«, sagte Ben Benson, der lange Lieutenant. »Doch wer, beim Satan? Das möchte ich gerne wissen.«

Captain Concho glitt aus dem Sattel. »Absitzen! Pferdehalter – Pferde übernehmen!«

Die fünfzehn Männer ruckten aus den Sätteln.

»Folgen!«, befahl Concho.

Mit gemischten Gefühlen schritten der lange Lieutenant und elf Mann hinter dem Captain her zu den Bäumen, an deren Ästen die Leichen der Red Legs hingen.

Die Red Legs, das von Doktor Charles R. Jennison gegründete Freikorps der »Rotbeine«, kämpften auf der Seite der Nordstaaten, (loch nicht an der Front, sondern tief im Hinterland, im neutralen Missouri und noch weiter westlich, um die Nachschubwege des Südens zu blockieren. Das war jedenfalls der Befehl, den Doc Jennison von Unionsgeneral Blunt erhalten haben sollte. In Wirklichkeit waren sie eine üble Banditenhorde! Sie überfielen Städte, Siedlungen und abgelegene Ranches und Farmen und machten dort reiche Beute unter dem Vorwand, für die Abschaffung der Sklaverei zu kämpfen.

Nicht einmal Kinder fanden vor diesen Schakalen des Krieges Gnade. Ob Widerstand geleistet wurde oder nicht, sie schossen alles nieder, was ihnen vor die Gewehre und Revolver lief, ermordeten Männer, Frauen und Kinder, raubten die Häuser aus und steckten sie anschließend in Brand.

Captain Concho hatte von General Beauregard den Befehl erhalten, diesem Terror ein Ende zubereiten. Jennison sollte gefangen genommen und nach Richmond geschafft werden, damit dieser blutrünstige Verbrecher dort vor Gericht gestellt und verurteilt werden konnte.

»Was hast du vor, Sam?«, fragte Lieutenant Benson. »Ich habe sie gezählt. Es sind achtunddreißig Red Legs. Willst du den Männern befehlen, sie abzuschneiden und zu begraben?«

Es war erst Wochen her, dass Captain Concho mit seinen Männern und achthundert konföderierten Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft ausgebrochen war. In Chester, wo die Red Legs gewütet hatten wie überall, halten sie hundert Red Legs gestellt und sie bis auf den letzten Mann niedergemacht, weil sie sich nicht ergeben hatten.

Kein einziger der hundert Red Legs war am Leben geblieben! Ihr Anführer, Doc Jennison, dessen Rotbein-Korps aus rund fünfhundert Banditen bestand, hatte davon sofort erfahren und in einem Schreiben an General Beauregard Captain Concho wissen lassen, dass er sich bitter rächen würde.

General Beauregard hatte die achthundert Männer, die mit Concho aus dem Kriegsgefangenenlager Camp Ohio 1 ausgebrochen waren, seiner Armee einverleibt und Captain Concho den Befehl erteilt, mit seiner Abteilung den Kampf gegen die Red Legs aufzunehmen.

Ein höllischer Befehl war das.

Concho wusste nicht, wie er mit einer erdrückenden Übermacht von Guerillas fertig werden sollte, aber er ließ trotz allem den Mut nicht sinken.

Im Hauptquartier wurde Captain Conchos Kavallerie-Abteilung immer noch als Doppelschwadron Concho geführt. Entsprechend waren die Befehle und Aufträge, die er erhielt. Selbst General Lee, der Oberkommandierende der Konföderierten-Armee, hatte Captain Concho Aufgaben zugewiesen, die nur von einem Verband in der Stärke eines Regiments bewältigt werden konnten.

»Ob das Quantrills Werk ist?«, fragte Concho gedankenverloren. »Was meinst du, Ben?«

Der lange Lieutenant schüttelte den Kopf.

»Ich glaube nicht«, sagte er. »Nicht einer der Gehenkten trägt einen Zettel auf der Brust, wie das bei solchen Blutgerichten an und für sich üblich ist. Quantrill hätte jedem Red Leg seine Visitenkarte an die Nase nähen lassen.«

Captain Concho schritt weiter, und die Männer folgten ihm, die Karabiner schussbereit.

Einige Ruinen rauchten noch. Concho schwenkte auf einen freien Platz ein. Dort befand sich ein großer Grabhügel, den ein gewaltiges Holzkreuz zierte.

Das Datum war oben eingeschnitzt, und darunter stand: Unsere Brüder und Schwestern wurden hier von den Red Legs ermordet.

Danach folgten mehr als fünfzig Namen. Und unter diesen Namen stand:

Bei Jesus Christus! Wer hier vorbei kommt, soll beten und den Satan, der in Gestalt der Red Legs auf Erden erschienen ist, verfluchen. Das fordert WILLIAM C. QUANTRILL

Da hatten sie also die Erklärung!

»Quantrill! Also doch! Das ist nicht zu fassen«, stieß der lange Lieutenant hervor.

Captain Concho nahm den Feldhut ab. Auch die Männer entblößten die Häupter. Schweigend standen sie vor dem Massengrab, in dem Männer, Frauen und Kinder lagen, die mit diesem verdammten Krieg nicht das Geringste zu tun hatten. Nicht das Geringste!

Sam Concho setzte den Hut auf. Die Männer folgten seinem Beispiel. Einige bekreuzigten sich rasch.

Concho ging weiter. »Pferde nachrücken!«, befahl er.

Sie überquerten den Platz. Die Männer gaben seinen Befehl weiter. Hufgeklapper klang auf. Die drei Pferdehalter trieben die Herde vor sich her die Straße entlang.

Der Captain und seine Männer durchstreiften die niedergemachte Siedlung. Sie fanden keinen Überlebenden.

Am westlichen Ausgang der Ortschaft ließ Captain Concho aufsitzen. Die Männer waren verbittert und wütend. Sollten die verdammten Red Legs hängen, bis sie herunterfielen. Da hatte ihr Captain recht.

Gerade als Captain Concho anreiten wollte, tauchten vor ihnen auf der Straße drei Reiter auf. Die drei Männer mussten sie längst gesehen haben, kamen aber trotzdem näher.

Concho wartete. Die Männer hinter ihm rückten gespannt auf.

Die drei brachten die Pferde in Trab. Staub quirlte hinter den Pferden empor.

»He!«, rief der Reiter in der Mitte. »Seid ihr die Vorhut von Captain Conchos Reitern?«

Sam Concho verzog das Gesicht und tauschte einen Blick mit seinem Lieutenant.

»Wir sind Captain Conchos Reiter!«, erwiderte Benson, als die drei vor ihnen die Pferde zügelten. »Und wer seid ihr?«

»Ich bin Lieutenant Arthur Rankous, Beauftragter von Colonel William Quantrill!«, stellte sich der Mann vor, der so gar nicht wie ein Lieutenant aussah. Zuhälter sahen so aus, Spieler und Revolvermänner. So ein Typ war der Mann mit dem schmalen, blassen Gesicht, der mit schwarzem Lederzeug bekleidet war.

Seine Begleiter waren von der gleichen Sorte. Der eine trug einen sauber ausrasierten Oberlippenbart, und der andere hatte ein Gesicht wie ein Frettchen.

Hätte Captain Concho die drei in den Straßen von New Orleans getroffen, wäre er ihnen gewiss aus dem Weg gegangen.

Solche Typen gehörten also zu Quantrills Leuten!

Hart und erfahren wirkten sie durchaus. Aber auch ein bisschen gemein und durchtrieben. Das war jedenfalls der Eindruck, den Concho von diesen Männern gewann, und er war gespannt darauf, was für ein Kerl dieser Quantrill selbst war.

Der Reiter in der Mitte fixierte ihn. »Sie sind Captain Concho?«

»Der bin ich!«

Der Mann musterte ihn, schaute an ihm vorbei auf die Männer und sah ihm wieder ins Gesicht. »William Quantrill wurde gemeldet, dass Sie hier mit einer ganzen Abteilung operieren …«

»Das ist meine Abteilung!«

Der Kerl lächelte ein bisschen hämisch. »Eine Kavallerieabteilung. Für gewöhnlich sind das vierhundert Mann!«

»Für gewöhnlich, Lieutenant!« Captain Concho stützte sich auf das Sattelhorn. »Meine Abteilung ist am Antietam geblieben. Wir sind der Rest.«

»Am Antietam! Und auf wen warten die dort?«

»Auf das Jüngste Gericht!«, versetzte Concho.

Die drei musterten ihn misstrauisch und ein wenig verärgert. »William Clark Quantrill möchte Sie sprechen, Captain!«

»Einverstanden!«, erwiderte Concho. »Reiten Sie voraus! Wir folgen.«

»Co1onel William Clark Quantrill ist ein vorsichtiger Mann«, erklärte Arthur Rankous lächelnd. »Nicht, dass er ängstlich wäre. Aber zu viele Augen bedeuten auch viele Zungen. Die Red Legs und auch die Jayhawkers sind nicht zimperlich, wenn sie einen Mann zum Sprechen bringen wollen. Der Colonel wünscht, dass wir nur Sie in sein Versteck führen.«

»Na, das ist aber faul!«, raunte Benson.

»Faul – durchaus verständlich!«, erwiderte Captain Concho leise und nickte den drei Männern zu. »Vorwärts! – Schlagt in der Nähe Lager, Ben ! «

Die drei Männer warfen die Pferde herum, und Concho schloss sich ihnen an.

Benson fluchte. Aus irgendeinem Grund gefiel ihm die Sache nicht. Obwohl er gar nicht wusste, weshalb.

»Das sind Quantrills Leute!«, sagte Sergeant Dandry. »Weshalb fluchst du, Ben? Seine Truppe zählt auch ein paar Hundert Mann, und die stehen auf der Seite des Südens. Das ist gut für uns. Hast du gehört? Er hat von den Red Legs und von den Jayhawkers gesprochen. Die Jayhawkers sind eine genauso üble Bande. Wenn wir denen zwischen die Gewehre geraten, können wir uns auf den Kopf stellen, wir bleiben trotzdem fünfzehn Mann.«

»Lieutenant Arthur Rankous!«, zischte Benson gereizt. »Hast du von diesem Mann schon mal etwas gehört? Vielleicht gehört er zur Gegenseite und will Concho in die Falle locken.«

Dandry lachte sorglos. »Du machst dir unnötige Sorgen, Ben. Übrigens ist er nur Colonel, der große und legendäre Quantrill? Ich habe gedacht, er wäre längst General.«

Benson spie aus. »Colonel! Nicht einmal das. Dazu hat er sich einfach gemacht. — Anreiten! Sehen wir zu; dass wir ein Stück von diesem Friedhof wegkommen.«

Die Männer trabten an, und Lieutenant Benson sah sich nach einem geeigneten Lagerplatz um.

(wb)