Das verschollene Reich

Jerusalem ist von den Christen besetzt. Doch die Bedrohung durch Saladin wird immer größer und so entsendet Sybilla, die derzeitige Königin, den Mönch Cuthbert und dessen Adlatus Rowan in ein legendäres Reich, um Hilfe zu holen. Es ist das Reich des Priesterkönigs Johannes, dessen mögliche Existenz lediglich auf einem Brief beruht. Keiner weiß, wo sich das Reich befindet, niemand, der es gesucht hat, ist zurückgekehrt. Und doch ist es die einzige Hoffnung, um Jerusalem zu retten, denn eines ist gewiss: Das Reich des Johannes ist ein Reich der Christen.
Cuthbert und Rowan erhalten bei ihrer Suche die Hilfe der Seherin Cassandra, die durch ihre Träume Dinge sieht, die ihnen vielleicht den Weg weisen können. Jedoch weiß niemand, wer Cassandra wirklich ist, da sie sich nicht an ihre eigene Vergangenheit erinnern kann. Aber auch ein schwarzer Ritter trägt dazu bei, dass die Mission nicht sofort zum Scheitern verurteilt ist, denn die Suche nach dem verschollenen Reich wird beeinflusst durch Intrigen, Verbrechen und Lügen …

Nach Das Buch von Ascalon legt Michael Peinkofer nun seinen zweiten großen historischen Roman vor, der in der Zeit der Templer spielt. Doch dieses Mal geht es in erster Linie um die Suche nach dem legendären Reich des Priesterkönigs Johannes, der angeblich die einzige Rettung für die Christen in Jerusalem sein kann. Und mehr als in seinen anderen historischen Romanen wird deutlich, dass Michael Peinkofer ein sehr erfolgreicher Erzähler von Fantasy-Geschichten ist, denn Das verschollene Reich enthält alles, was auch J.R.R. Tolkien schon mit Der Herr der Ringe so erfolgreich gemacht hat.
Wir haben die beiden Protagonisten Cuthbert und Rowan, die auf die Suche geschickt werden. Zaubern kann Cuthbert zwar nicht, aber insgesamt erinnert der »alte Fuchs« doch sehr an einen anderen graubärtigen Zeitgenossen, der ebenso gern mal von der Bildfläche verschwand, um im richtigen Moment wieder in Erscheinung zu treten. Und Rowan selbst geht nicht einfach nur auf die Suche nach dem verschollenen Reich, sondern beinahe mehr noch auf die Suche nach sich selbst. Wenn die Tempelritter nun noch grünhäutige Ungeheuer mit übergroßen Eckzähnen wären und Jerusalem nicht ein historisch belegter Ort, wäre das Abenteuer mit der undurchschaubaren Seherin und den überraschenden Wendungen das perfekte Fantasy-Abenteuer.
Das klingt jetzt vielleicht ein wenig kritisch, aber eigentlich hoffe ich, genau das Gegenteil zu bewirken. Dieses Buch ist ein historischer Roman, der mir überaus geeignet erscheint für eingefleischte Fantasy-Leser, die sich mal an einem anderen Genre probieren möchten. Dass Das verschollene Reich darüber hinaus natürlich ein Hochgenuss für Liebhaber historischer Themen ist, steht für mich genauso außer Frage. Michael Peinkofer hat einen Roman geschrieben, der nicht nur gut zu unterhalten weiß, sondern den Leser regelrecht in die vergangene Epoche und an die entsprechenden Schauplätze entführt. Schonungslos konfrontiert er uns mit Intrigen, Lügen, Verzweiflung, Kampf und Tod, aber auch mit der Hoffnung.
Der einzige Kritikpunkt, den ich persönlich anzubringen habe, sind die sehr kurzen Kapitel. Kaum hat man sich in die Szene eingelesen, schon muss man wieder Zeit und Ort wechseln. Ich war in der glücklichen Lage, keine all zu großen Lesepausen einräumen zu müssen, denn bei drei Handlungssträngen ist es sicher nicht einfach, sich nach längerer Zeit gleich wieder in der Handlung zurechtzufinden, zumal Michael Peinkofer anfangs den Eindruck erweckt, auch drei verschiedene Geschichten zu erzählen.

Fazit:
Insgesamt ist Das verschollene Reich ein thematisch interessanter, spannender und sehr unterhaltsamer Roman, der einmal mehr Einblick gibt in eine Zeit, die zu Recht als finster in die Geschichte eingegangen ist.

Copyright © 2012 by Anke Brandt

? Zurück zur Übersicht

Michael Peinkofer
Das verschollene Reich
Historischer Roman, Hardcover
Lübbe, Köln
Oktober 2012
560 Seiten, 19,99 Euro
ISBN: 9783785724644