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Hawkeye Megaband 1 – Mein Leben als Waffe

Matt Fraction
Hawkeye Megaband 1
Mein Leben als Waffe

Originaltitel: Hawkeye 1-11 (Lucky, Vagabond Code, Cherry, The Tape 1 and 2, Six Days in the Life of, untitled, My Bad Penny, Girls, untitled, Pizza Is My Business), Marvel Comics, USA, Oktober 2012 – August 2013
Comic, Softcover, Paninicomics, Stuttgart, Juli 2014, 244 Seiten, 24,00 €, ISBN: 9783957980113, aus dem Amerikanischen von Berd Kronsbein, Zeichner: David Aja, Javier Pulido, Steve Lieber, Annie Wu, Francesco Francavilla, Covermotiv von David Aja
www.paninicomics.de

Wenn er nicht gerade mit den Avengers unterwegs ist, führt Clint »Hawkeye« Barton ein unauffälliges Leben als Bewohner eines Mehrparteienhauses in Brooklyn, wo er mit seinen Nachbarn spontane Barbecues auf dem Dach veranstaltet oder eine Sporttasche voll Dollars anbringt, um die Wuchermieten des russischen Vermieters zu begleichen – für alle Hausbewohner. Nicht im Sinne des Hausbesitzers, der seine Wohnungen gerne leer sehen würde und auf schlagende Argumente zurückgreift, um Clint davon zu überzeugen (#1). Oder er hängt mit Kate Bishop von den Young Avengers ab, die mehr für ihn empfindet als er kapiert. Gemeinsam kommen Sie einer Diebesbande auf die Spur, die sich als Schaustellertruppe »Cirque de Nuit« in New York aufhält und einen Coup plant (#2). Beim Versuch, Klebeband zum Beschriften seiner Gimmickpfeile (sic!) zu besorgen, gerät Clint Barton zunächst an die verführerische Penny und dank ihr in eine wilde Autoverfolgungsjagd, bei der seine Spezialpfeile auch gleich zum Einsatz kommen (#3). Danach wird Hawkeye direkt von einer nachbarschaftlichen Hausdachparty entführt, um im Auftrag von Nick Fury nach Madripoor zu reisen. Dort soll er an der Versteigerung eines Videobandes mit prekärem Inhalt teilnehmen. Unter anderem nimmt auch Madame Masque an der Auktion teil, die sich Hawkeyes Avengers-Kreditkarte für den Kauf des Bandes ausleihen möchte (#4-5). Kurz vor Weihnachten will sich Clint die aufgezeichnete letzte Staffel seiner Lieblingsserie Dog Cops ansehen, doch ständig kommt ihm etwas dazwischen (#6). Da ein Jahrhundertsturm angekündigt ist, hilft Clint seinem Nachbarn Grills das Haus dessen Vaters gegen das angekündigte Unwetter zu sichern. Die Sturmflut überrollt die Küste und ihr folgt eine Welle von Plünderungen (#7). Zu Clints Überraschung taucht Penny plötzlich wieder bei ihm auf und bittet ihn um einen Gefallen. Sie hat ihre Bewährungsauflagen verletzt und benötigt seine Hilfe bei einem Einbruch in einem Stripschuppen der Russen (#8). Danach hat Clint seinen ganz normal beschissenen Valentinstag, zu dessen Krönung sich New Yorks Unterweltgrößen zusammentun, um den lästig gewordenen Rächer zu töten (#9). Die Russen setzen einen Killer namens »Der Clown« auf ihn an, doch erst sollen seine Freunde dran glauben (#10). Nachdem der Clown Clints Nachbarn Grills erwischt hat, macht Clints Hund einige merkwürdige Entdeckungen (#11).

Hawkeye ist zwar ein meisterhafter Bogenschütze, doch er ist auch der »Normalo« im Avengers-Team um Thor, Iron Man, Captain America, Hulk und Black Widow und steht dort stets im Schatten seiner Kollegen mit Superkräften. Mit seiner zweiten fortlaufenden Comicserie, nun unter der Ägide von Autor Matt Fraction und Hauptzeicher David Aja, hat er seinen Teamkollegen allerdings gezeigt, wo der Hammer hängt. Neben Nominierungen als beste neue und beste fortlaufende Serie räumte Hawkeye 2012 den Eisner Award für David Aja als Bester Zeichner und Bester Coverartist ab. Dabei bestechen Ajas Bilder (inklusive der Tuschung) am ehesten durch ihre Einfachheit und die Konzentration aufs Wesentliche. Auf den ersten Seiten glaubt man zunächst in einem von Lee Falks alten Phantom-Comics gelandet zu sein. Ajas Close-ups weisen überwiegend gar keine Ausarbeitung des Hintergrunds auf, Halbtotalen und Totalen nur rudimentär, um dem Leser zum Beispiel mit angedeuteten Hausfassaden zumindest ein Minimum an Orientierung zu bieten. Selbst die »Gastzeichner« Javier Pulido, Steve Lieber, Annie Wu und Francesco Francavilla bleiben, wenn auch jeweils in einem erkennbar abweichenden Stil, bei der Konzentration auf die Personen im Vordergrund. Ebenso vergeblich sucht man in Hawkeye knallige Farben. In dieser Beziehung sticht nur die #10 von Francesco Francavilla hervor, in der die Vorgeschichte des »Clowns« erzählt wird. Schön, dass dieser Mut zur Einfachheit nicht nur von den Lesern angenommen, sondern mit dem Eisner Award auch noch »offiziell« belohnt wurde.
Doch auch David Ajas Storytelling beweist Mut, indem er Clint Barton hauptsächlich eben nicht als Held Hawkeye agieren lässt, sondern als durchschnittlichen Typen, der oft mehr Glück als Verstand hat. Selbst in dem Zweiteiler Das Band, wo Barton die Kastanien für Nick Fury aus dem Feuer holen muss, kommen Barton eher der Zufall respektive Kate Bishop zu Hilfe. Wirklich außergewöhnlich wird Hawkeye jedoch durch seinen inhaltlichen Abwechslungsreichtum und Ajas Experimentierfreude, die so augenzwinkernd sympathisch rüberkommt, dass es einfach nur Spaß macht, diesen Megaband (mit 11 US-Ausgaben) am Stück zu lesen. Zum Beispiel beginnen #8 und #9 mit exakt denselben Panels, #10 ist ganz dem Auftragskiller »Clown« gewidmet und der Abschlussband 11 wird vollständig aus der (stummen) Perspektive von Clints Hund Lucky erzählt, inklusive hündischer Mindmaps.

Damit Hawkeye aber nicht zur reinen Action-Klamaukshow und Clint Barton zu einem chaotischen und begriffsstutzigen aber sympathischen Loser wird, schreckt Aja auch vor dramatischen Spitzen nicht zurück, welche die gesamte Handlung wieder erden und dem Leser vor Augen führt, dass Clint Barton als schwächtest Glied der Avengers wohl am ehesten auf der Abschussliste ihrer Gegner landet.

So wird auch Hawkeye zu einem weiteren, mustergültigen Beispiel, dass Paninis Konzept der Megabände mit einer guten Serie einfach großartig gut aufgeht. Die Möglichkeit, mehr als zehn Hefte einer Serie am Stück lesen zu können, macht sowohl die Schwächen als auch die besonderen Stärken einer Serie mehr als deutlich. Bei Hawkeye überwiegen eindeutig die Stärken. Besonders, da Panini nicht nur stur zum Beispiel ein Jahr einer Serie pro Megaband sammelt, sondern einen Schnitt setzt, wo dieser auch Sinn macht. Als Bonus ist noch eine Covergalerie aller elf enthaltenen Hefte enthalten sowie einige von  David Ajas Sketchen.

Fazit:
Unter Matt Fractions Federführung zeigt der Normalo Hawkeye seinen Avengers-Kollegen, wo es langgeht und wie gute Comicunterhaltung aussehen muss, ohne dass gleich das Schicksal des Universums auf dem Spiel stehen muss.

(eh)