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Götterdämmerung – Die Gänse des Kapitols

»Sieh!«, sagte Maurice noch einmal, und jetzt kann auch Christoph die schimmernde Gestalt erkennen, die wie ein Traumgespinst draußen vorüberschwebt – überirdisch in ihrem strahlenden Glanz und doch auf ergreifende Weise menschlich: die Heilige Madonna der letzten Tage …«

Vor fünfundzwanzig Jahren wurde der frischgebackene Kampfpilot Christoph Rilke durch einen scheinbar unüberlegten Kampfeinsatz, der die feindlichen Burgons empfindlich geschwächt hat, zum Kriegshelden und Märtyrer. Routine bestimmt fortan das Leben auf dem militärischen Außenposten Pendragon Base. Eine mysteriöse Voraussage warnt in letzter Minute vor einem überraschenden Angriff der inzwischen aufgerüsteten Burgons und so gelingt es, auch diesen Angriff abzuwehren. Doch in der Schlacht verschwindet schließlich Farrs Geliebte Miriam Katana spurlos und der Kommandant setzt alles daran, sie wieder zu finden und die verbleibenden Fragen, die den Angriff betreffen, aufzuklären.

»Niemand sah sie kommen.
Die Schöpfer der Burgons hatten das Problem der Spektralverschiebung gelöst und damit die Tarnung perfektioniert. Die hochgerüsteten Systeme der Fernortung blieben wirkungslos, und als die vernetzten Multifrequenzscanner der Nahfeldaufklärung endlich Alarm schlugen, war das Schicksal von Pandragon Base bereits besiegelt.«

Mit Die Gänse des Kapitols legt Frank W. Haubold den ersten Band seiner Space-Opera Götterdämmerung vor. Dabei ist Gänse »lediglich« die Weiterentwicklung der gleichnamigen Kurzgeschichte, erschienen in der Military-SF-Anthologie Weltraumkrieger (Atlantis Verlag). Frank Haubold hat nun um diese sehr mysteriöse Episode herum einen komplexen Plot erdacht, der die Figuren in einen kämpferischen Konflikt mit einer feindlichen Alienrasse stürzt, diesen jedoch eher als Rahmen, denn als Hauptthema verwendet. Zudem gelingt es ihm fast nebenbei eine originelle und überzeugende Zukunftswelt zu kreieren.
Das elegische erste Kapitel, das als Prolog funktioniert, saugt den Leser auch gleich in die Handlung, nur um die Identifikationsfigur sofort wieder den Heldentod in einem Feuerball sterben zu lassen. Bereits hier merkt man, dass der Autor auf ausgelutschte Erzählkonventionen pfeift und Gänse sehr interessant werden könnte. Es folgt ein Zeitsprung und – eingebettet in die Handlung – die Vorstellung der Helden Raymond Farr und Miriam Katana, die eine Liebesbeziehung unterhalten, obwohl Farr Katana nicht bedingungslos traut. Gänse erweist sich also in der Umsetzung, wie in der Personencharakterisierung als außerordentlich vielschichtig. Frank Haubolds Schreibstil dagegen ist eingängig, süffig und vermeidet gängige SF-Phrasen-Fallen.

Die bewusst episodenhafte Struktur des Romans ist dabei nicht ohne Reiz, sorgt aber auch dafür, dass der Roman insgesamt nicht richtig rund wird. Anfangs – mit dem Prolog und den (romantischen) Ereignissen um Raymond Farr und Miriam Katana bis hin zur Entdeckung und Abwehr des Feindes – hat man eine Space Opera mit Military- und Mysteryelementen vor sich, die bis hierher hervorragend funktioniert und dank des schriftstellerischen Geschicks nicht aus dem Ruder läuft. Nach Katanas Verschwinden gesellen sich jedoch weitere Elemente hinzu, die vom Leser nicht vollständig in ein erkennbares Gesamtbild eingeflochten werden können und dafür sorgen, dass die Handlung mehr und mehr zerfasert.
Alles wirkt zunehmend voneinander losgelöst und zerfällt dementsprechend in Einzelereignisse, was beim Lesen eine hohe Aufmerksamkeit erfordert. Schließlich könnte sich doch irgendwo ein Bindeglied zum Rest der Handlung verstecken. Das Aha-Erlebnis bleibt allerdings leider aus und Gänse will sich – auch am Ende – nicht so recht zusammenfügen.
In erster Linie dürfte das daran liegen, dass es sich bei Gänse um den ersten Teil eines geplanten Dreiteilers handelt, der sehr wahrscheinlich im weiteren Verlauf Elemente aus Gänse wieder aufgreift und weiterentwickelt.

Parallel zu der Paperbackausgabe erscheint Die Gänse des Kapitols auch als Hardcover ohne ISBN in der »Edition Atlantis«, die nur direkt über den Verlag zu beziehen ist und mit 14,90 Euro zu Buche schlägt.
Für das großartige Umschlagmotiv ließ sich Timo Kümmel von einer der ersten Szenen des Romans inspirieren, als Christoph und Maurice an einem Bildnis der Maria Magdalena vorbeifliegen.

Fazit:
Ein Auftakt mit Pauken und Trompeten. Frank Haubolds episodenhafter erster Teil der Space-Opera Götterdämmerung rückt die Charaktere in den Mittelpunkt des Geschehens, spielt mit verschiedenen Genres und entlässt den Leser mit einigen losen Handlungsfäden.

Copyright © 2012 by Elmar Huber

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Frank W. Haubold
Götterdämmerung
Die Gänse des Kapitols
Atlantis Verlag, Stolberg, 2012
Paperback
240 Seiten, 12,90 Euro
ISBN: 97839864020308
Coverbild: Timo Kümmel

www.atlantis-verlag.de
www.frank-haubold.de
timokuemmel.wordpress.com