Archive

Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges 15

Max Klose
Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges
Mit zahlreichen Abbildungen aus dem Riesengebirge
Verlag von Brieger & Gilbers. Schweidnitz (Świdnica). 1887.
Überarbeitete Fassung

III. Greiffenstein und Liebenthal

10. Der Nonnenraub zu Liebenthal

Nordöstlich von dem Greiffenstein liegt das Kloster Liebenthal. Als Christoph von Naschwitz auf dem Greiffenstein Burghauptmann war, überfiel er mit seinen Knechten einst das Kloster, plünderte dasselbe und führte der frommen Jungfrauen Schönste mit Gewalt auf die Burg, wo er sie mit widrigen Liebesanträgen peinigte. Die Gott geweihten Schwestern weinten und beteten hinter festen Kerkertüren. Plötzlich aber öffneten sich dieselben und eine weiße Geistergestalt (die Ahnfrau) führte die Nonnen in die Freiheit und samt dem geraubten Klostergut zurück in die stillen Mauern Liebenthals. Den Burghauptmann von Naschwitz aber ergriff Furcht und Entsetzen. Er floh von dem Greiffenstein und blieb verschollen.

11. Der Totenstein

Bei dem Dorf Steine befindet sich ein großer Quarzfelsen, der den Namen Totenstein trägt. Bei demselben sind vielfach Urnen aufgefunden worden und die Sage berichtet, dass er den alten Wenden im 10. Jahrhundert Opferstätte für ihren Gott Tot gewesen sei. In Zusammenhang mit dieser Sage stehen auch die nicht allzu weit entfernten Bäche das Totenflüsschen und das Schaumflüsschen. In dem Letzteren wurde den Opfern der Sündenschaum abgewaschen und in dem Ersteren badeten die Totpriester ihre Hände.

12. Das Kesselschloss

Auf der Stelle, auf welcher bei dem Dorf Regensberg heute ein Schieferbruch betrieben wird, soll in uralter Zeit eine stattliche Burg gestanden haben, welche das Kesselschloss hieß. Die Burg­herren auf derselben sind aber schlimme Wegelagerer gewesen, welche die Gegend so lange unsicher machten, bis Ritter und Landvolk das Raubschloss zerstörten.

13. Regensberg

Unter dem sogenannten Kesselschloss liegt das Örtchen Regensberg. Dasselbe soll früher den Namen Kessel gehabt haben. Als aber einmal der Burgherr des Greiffensteins mit vielen Jagdgästen dort eingetroffen war, regnete es so stark, dass die Jagd­gesellschaft in den Hütten des Dörfchens acht Tage lang bleiben musste. Der Burgherr soll aus diesem Anlass den Namen Kessel in Regensberg umgewandelt haben.