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Oberhessisches Sagenbuch Teil 17

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

III. Umzüge der Götter

Der wilde Jäger am Mahnerweg

In Michelbach war ein Mädchensding, das wollte sein Vater zwingen, es sollte einen Burschen nehmen, den es absolut nicht leiden mochte. Weil es nun seinen eigenen Kopf hatte wie eine Schnitzbank, litt es auch sein Vater nicht, dass es auf den Schotter Sommermarkt hinabging zum Tanz mit seinen Kameraden. Er hieß es statt dessen aufs Feld hinausgehen und Korn schneiden. Das Mädchen, was wollte es machen, musste gehorchen, so sauer es ihm auch ankam. Der Acker aber lag am Weg, der von Michelbach nach der Maalsbach führt, und vom Fußpfad von Busenborn nach Schotten durchschnitten wird. Die Sonne brannte ihm heiß auf den Kopf unter der Arbeit, denn es schaffte drauf los, um sich den Brast zu vertreiben, und kein kühles Lüftchen zog daher.

So wurde es Mittagszeit, als im Wald erst ein Hund, dann immer mehrere zu bellen und zu heulen anfingen. Dazwischen platzten die Peitschen und Hörner erklangen, Stimmen riefen, und das wurde zuletzt so arg, dass man sein eigenes Wort nicht hörte. Zudem verfinsterte sich die Sonne, ein grausamer Sturmwind beugte die Wipfel der Bäume und es wurde dunkel, als ob es ein rechtes Herrgottswetter (Donnerwetter) geben wollte.

Das Mädchen lief bestürzt zum Weg, indem sah es die wilde Jagd daher brausen. Voraus flatterten die Raben, dann folgten an die zwanzig weiße Windspiele, und unter ihnen, hoch zu Ross und grasegrün gekleidet, doch ohne Kopf der leibhaftige wilde Jäger. Er schwang seine Jagdgeisel mit lautem Hallo rings um sich her und sprengte den Berg hinunter, hast du nicht gesehen.

Dem Mädchen entfiel aus Angst über diesen Teufelsspuk die Sichel, die ließ es liegen und eilte ohne sich umzusehen ins Dorf, noch immer zitternd und bebend. Daheim erzählte es alles, was ihm begegnet war. Als es viele ihm nicht glauben wollten, erbot es sich auch die ganze Sache vor Amt zu beschwören. Seitdem heißt der Weg der Wahnerweg (Weg, auf dem es wandert, umgeht, spukt). Wer ihn bei Nachtzeit nicht zu gehen hat, der kann sich glücklich preisen.


Der wilde Jäger und der Vogelhändler

Ein Mann von Eschenrod, der alte Böcher, gab sich damit ab, im Winter die Tannenfinken lustige Stücklein zu lernen, damit verdiente er sich manchen Kreuzer. Nun war er einmal in der Adventszeit nach Michelbach gegangen, um Vögel einzuhandeln, und hatte auch eine schöne Partie bekommen. Die trug er in der Hand in einem geflochtenen Korb bei sich. Dazumal lag aber schon tiefer Schnee überall, und der Weg ging glatt (sehr) bös; da wird so ein alter Mann hundsrackermüde.

Als er oben an die Bäume über der Maalsbach kam, sah er unten an der Bach einen großen Schlitten und einen einzelnen Mann mit Hunden dabei. Da freute er sich nicht wenig und rief ihm zu: »Wartet mir, wartet mir, ich will mitfahren!« Richtig kam er auch an das Gefährt, denn er war tapfer drauf losgegangen.

Die Hunde liefen aber so unheimlich um ihn herum und schnupperten an ihm und seinem Vogelkorb herauf. Wie er es recht weiß wurde, wuchsen sie größer und größer von Minute zu Minute. Auch der graue Mann sah so fürchterlich groß und gruselig sich an, dass ihm eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken lief.

In seiner Herzensangst fing er laut an zu beten:

Weicht ihr Trauergeister,
Denn mein Freudenmeister
Jesus tritt herein.

Wie er das Wort Jesus aussprach, war es, als führe der Sauzahl1 in die Höhe, und von dem Jäger, dem Schlitten und den Hunden war auch nicht mehr eine Spur zu sehen.

Das ist eine Grundwahrheit, der alte Böcher hatte es in der Spinnstube gar dick die Rede gehabt, man darf es weitererzählen, dass es gerade so vorgegangen ist.

Show 1 footnote

  1. Zusammengezogen aus Sau – zagel, der Wirbelwind, eigentlich Name des Teufels, der nach dem Volksglauben diesen Wind erregt.