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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 49. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel reist nach Wien auf die hohe Schule.

on Braunschweig reiste Eulenspiegel nach Frankfurt am Main und machte hier solche Streiche, dass er von den Häschern überall verfolgt wurde. Alsdann reiste er nach Wien, da er hier sicher zu sein glaubte. Eulenspiegel kam gerade an dem Tag in Wien an, als man auf der Hohen Schule öffentlich examinierte. Er ging hinein, trat vor den Magister hin, der auf dem Lehrstuhl saß und sah ihn starr an.

Der Magister sprach: »Freund, warum siehst du mich mit so großen Augen an? Willst du mich um etwas fragen?«

Eulenspiegel bedachte sich kurz und sagte: »Ja, Herr, ich will Euch fragen: Welches ist besser? Der Mensch tut das, was er weiß, oder das, was er erst lernen muss, also nicht weiß? Und machen die Doktoren die Bücher oder die Bücher die Doktoren?«

Die gelehrten Herren sahen sich untereinander an und wussten nicht, was sie antworten sollten. Einige meinten, es wäre besser zu tun, was sie noch lernen müssten. Der größte Teil fand es aber besser, dasjenige zu tun, was man schon wüsste. Sie konnten aber zu keinem allgemeinen Beschluss kommen.

Eulenspiegel sagte endlich: »Ich sehe wohl, Eure Klugheit zerreißt Euch die Köpfe. Wenn ich nicht selbst meine Fragen beant­wortete, so werdet Ihr alle zu Narren. Ihr klugen Herren denkt nur dasjenige zu tun, wovon Ihr noch keinen Buch­staben gelernt habt. Dasjenige aber, was Ihr gelernt habt, ist Euch zu gering, zu tun. Also ist Eure Gelehrsamkeit nur Einbildung und Ihr seid dumme Esel.«

Nach diesen Worten entfernte sich Eulenspiegel schnell aus dem Saal und aus Wien.