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Die Skalpjäger – Die gespenstische Stadt

Thomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Dritter Teil
Viertes Kapitel

Die gespenstische Stadt

Am Morgen des vierten Tages kamen unsere Spione und berichteten, dass die Navajo den Weg nach Süden eingeschlagen hätten!

Sie waren am zweiten Tag, nachdem wir die Quelle verlassen hatten, zu derselben zurückgekehrt und dort der Weisung der Pfeile gefolgt. Es war Dacomas Gruppe – im Ganzen etwa dreihundert Krieger.

Uns blieb jetzt weiter nichts mehr übrig, als so schnell wie möglich aufzupacken und unseren Weg nach Norden fortzusetzen. Nach einer Stunde waren wir im Sattel und folgten den felsigen Ufern des San Pedro. Eine lange Tagesreise führte uns in das öde Tal des Gila, an dessen Gewässern wir übernachteten. Wir schliefen in der Nähe der berühmten Ruinen, welche den zweiten Ruhepunkt der wandernden Azteken gebildet hatten.

Mit Ausnahme des Botanikers, des Cocohäuptlings, meiner selbst und vielleicht Seguins schien sich kein Mitglied der Schar um diese interessanten Antiquitäten zu kümmern. Die Spuren von grauen Bären, welche auf dem schlammigen Boden entdeckt wurden, kümmerten die Jäger weit mehr, als das zerbrochene Irdengeschirr und seine bemalten Hieroglyphen.

Zwei von diesen Tieren wurden in der Nähe des Lagers entdeckt, und es erfolgte ein wütender Kampf, bei welchem einer von den Mexikanern beinahe das Leben verlor und nur davonkam, nachdem der größte Teil der Haut von seinem Hals und Kopf gerissen worden war.

Die Bären selbst wurden getötet und zum Abendessen verspeist.

Unser nächster Tagesmarsch führte den Gila hinauf bis an die Mündung des San Carlosflusses, wo wir wieder übernachteten.

Der San Carlos kommt von Norden herab, und Seguin hatte beschlossen, diesen Fluss etwa hundert Meilen weit hinauf zu reisen und darauf östlich zu dem Land der Navajo zu gehen.

Als diese Entscheidung bekannt wurde, zeigte sich große Unzufriedenheit unter den Leuten, und man hörte auf allen Seiten aufrührerische Zuflüsterungen.

Kurz nachdem wir haltgemacht hatten, begaben sich jedoch einige von den Männern an den Ufern des Stroms hinauf und sammelten in seinem Bett einige Goldkörner. Die Anzeichen des kostbaren Metalls, die Quixa, welche von den Mexikanern Goldmutter genannt wird, fanden sich unter den Felsen. Es gab Bergleute in der Gruppe, welche es wussten. Dies schien sie zufriedenzustellen. Es wurde nicht weiter davon gesprochen, zum Prieto zu gehen, vielleicht war der San Carlos ebenso reich. Das Gerücht hatte ihm ebenfalls den Namen eines Goldflusses gegeben. Auf alle Fälle musste der Zug die Quelle des Prieto auf der westlichen Reise erreichen, und diese Aussicht hatte die Wirkung, die Aufsässigen wenigstens zeitweise zu beruhigen.

Hierzu trug noch eine Rücksicht bei – der Charakter Seguins. Es gab unter der ganzen Bande kein einziges Individuum, welches sich ihm entgegengesetzt hätte. Sie kannten ihn dafür zu gut. Obwohl wenige von diesen Männern einen hohen Wert auf ihr Leben setzten, wenn sie dem Gebirgsgesetz nach recht zu haben glaubten, so wussten sie doch, dass eine Verzögerung des Zuges, um Gold zu sammeln, weder ihrem Vertrag mit ihm gemäß noch seinen Wünschen angenehm war. Viele von den Mitgliedern wurden überdies von ähnlichen Motiven getrieben, wie Seguin selbst, und diese verlangten eben so eifrig danach, den Navajostädten zuzueilen.

Auf die Mehrzahl hatte noch eine Rücksicht Einfluss. Die Schar Dacomas musste auf unsere Fährte kommen, wenn sie von dem Weg der Apachen zurückgekehrt war.

Wir konnten daher keine Zeit mit Goldsuchen verschwenden. Dieses wusste selbst der Einfältigste der Skalpjäger.

Mit Tagesanbruch waren wir wieder auf dem Marsch und ritten an den Ufern des San Carlos hinauf.

Wir waren jetzt in die große Wüste gekommen, welche sich nördlich vom Gila bis an die Quellen vom Colorado erstreckt. Wir betraten sie ohne Führer, denn kein Mitglied der Bande hatte je diese unbekannte Gegend durchreist. Selbst Rube wusste nichts von diesem Teil des Landes. Wir waren ohne Kompass, aber diesen bedurften wir nicht. Es gab wenige unter der Schar, welche nicht nach Norden oder Süden deuten konnten, ohne sich um mehr als einen Grad zu irren. Wenige von ihnen konnten bei Tag und bei Nacht den Himmel und die wahre Zeit bis auf zehn Minuten bestimmen. Wenn sie nur den klaren Himmel und die Zeichen der Bäume und Felsen hatten, so brauchten sie weder Kompass noch Chronometer. Ein unter dem blauen Himmel des Präriehochlandes und der Gebirgsparks zugebrachtes Leben, in welchen selten ein Dach den Anblick dieser azurfarbenen Wölbung unmöglich machte, hatte die Jäger und Trapper zu Astronomen gebildet.

Aus solchen Fähigkeiten bestand ihre, durch eine Menge gefahrvoller Vorfälle erlangte Erziehung. Mir kam ihre Kenntnis solcher Dinge wie Instinkt vor.

Wir hatten aber in Bezug auf unsere Richtung einen Führer, welcher sich ebenso wenig täuschte wie die Magnetnadel. Wir durchreisten die Gegend der Polarpflanze, deren Blattflächen fast bei jedem Schritt uns den Meridian andeuteten. Sie wuchsen auf unserem Pfad und wurden von den Hufen unserer Pferde zertreten.

Wir reisten mehrere Tage lang nördlich durch ein Land von seltsam aussehenden Bergen, deren Gipfel sich in phantastischen Formen und Gruppierungen zum Himmel erhoben. Einmal sahen wir kugelförmige Gestalten, wie Kirchenkuppeln, ein anderes Mal erhoben sich vor uns gotische Türme, und die nächste Öffnung zeigte uns scharfe nadelartig zugespitzte Piks, welche gerade auf in den blauen Himmel emporschossen. Wir sahen säulenartige Formen andere horizontal liegende stützen – ungeheures Geröll aus Trappfelsen brachten einem auf die Idee, dass sie vorsintflutliche Ruinen von riesigen Druiden seien.

Mit der Eigentümlichkeit der Formation verband sich die glänzende Färbung. Wir sahen rote, weiße, grüne und gelbe Felsenschichten, welche in ihrer Färbung so lebhaft waren, als ob sie soeben von der Palette des Malers kämen.

Sie waren von keinem Rauch verdunkelt worden, seit sie sich aus ihren unterirdischen Betten erhoben hatten. Keine Wolke umhüllte ihre nackten Umrisse. Es war kein Wolkenland, denn während unserer Reise zwischen ihnen, sahen wir am Himmel keinen einzigen Flecken. Über uns war nichts als der blaue unbegrenzte Äther.

Ich erinnerte mich an die Bemerkungen Seguins.

Es lag etwas Aufmunterndes in dem Anblick dieser weiten Berge, etwas Lebensvolles, was uns verhinderte, die wirkliche Öde zu fühlen, von welcher wir umgeben waren. Zuweilen konnten wir uns des Glaubens nicht enthalten, dass wir in einer dichtbevölkerten Gegend seien, einer Gegend voll Reichtum und Zivilisation, wie es aus ihrer architektonischen Großartigkeit hervorzugehen schien. Und doch reisten wir in Wirklichkeit durch die wildesten Teile der Erde, die nie ein menschlicher Fuß, der nicht einen Mokassin trug, betreten hatte – die Gegend der Wolfsapachen und der erbärmlichen Pamparicos.

Wir reisten an den Ufern des Flusses hinauf und suchten hier und da an unseren Halteplätzen nach dem glänzenden Metall. Es war nur in kleiner Menge zu finden, und die Jäger begannen laut vom Prieto zu sprechen, wo ihrer Einbildung nach das Gold klumpenweise umherliegen sollte.

Am vierten Tag, nachdem wir den Gila verlassen hatten, kamen wir an eine Stelle, wo der San Carlos sich eine Schlucht durch eine hohe Sierra gewählt hatte. Hier übernachteten wir. Am Morgen fanden wir, dass wir dem Fluss nicht weiter folgen konnten, ohne den Berg zu überklettern. Seguin kündete seine Absicht an, ihn zu verlassen und östlich zu gehen.

Die Jäger beantworteten diese Erklärung mit einem wilden Hurra! Die goldene Vision war wieder vor ihnen.

Wir blieben, bis die Mittagshitze vorüber war, am San Carlos und erquickten unsere Pferde im Fluss. Hierauf sattelten wir und ritten in die Ebene hinaus. Es war unsere Absicht, die ganze Nacht hindurch vorwärts zu reiten, oder solange, bis wir Wasser erreichten, da wir wussten, dass ohne dieses das Halten nutzlos sein würde.

Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir sahen, dass eine furchtbare Wüste, eine von den Strecken ohne Gras, Holz oder Wasser, vor uns lag. Wir sahen in weiter Ferne eine niedrige Bergreihe von Norden nach Süden gehen und jenseits derselben eine sich über diese erhebende Kette. Die Entferntere enthielt schneebedeckte Gipfel. Wir sahen, dass sie gesonderte Ketten waren und dass die Entferntere eine große Höhe besaß. Dies erkannten wir an dem ewigen Schnee auf ihren Gipfeln.

Wir wussten übrigens, dass wir am Fuß der Schneekette Wasser finden würden – vielleicht den Fluss, welchen wir suchten. Aber die Entfernung war ungeheuer, und wenn wir es nicht an der näheren Kette fanden, so konnten wir auf ein Abenteuer rechnen – auf die Gefahr zu verdursten. Dies war unsere Aussicht. Wir ritten über den dürren Boden, über Ebenen aus Lava und spitzen Felsen, welche die Hufe unserer Pferde verwundeten und viele davon lahmten. Um uns gab es keine andere Vegetation als das kränkliche Grün des Beifußes oder das stinkende Blatt der Kreosotpflanze. Es war kein anderes lebendes Wesen zu sehen wie die braune, hässliche Eidechse, die Klapperschlange und die Wüstengrille, welche in Myriaden über den dürren Boden krochen und von den Hufen unserer Pferde zertreten wurden.

Wasser! war das Wort, welches in mehr als einer Sprache ausgestoßen zu werden begann.

Wir waren noch keine zwanzig Meilen vom San Carlos entfernt, als auch unsere Kürbisflaschen vollkommen trocken wurden. Der Staub der Ebene und die heiße Atmosphäre hatten ungewöhnlich schnell Durst erzeugt und sie bald geleert.

Wir waren am Nachmittag aufgebrochen, bei Sonnenuntergang schienen die Berge vor uns noch um keine einzige Meile nähergekommen zu sein.

Wir reisten die ganze Nacht hindurch, und als die Sonne aufging, waren wir noch eine ziemliche Strecke von ihnen entfernt. Dies kam von dem trügerischen Charakter jener kristallhellen Atmosphäre.

Die Leute begannen undeutlich zu sprechen, sie hielten bleierne Kugeln und Obsidianstücke im Mund, die sie mit verzweifelter Heftigkeit kauten.

Wir kamen bald nach Sonnenaufgang am Fuß des Gebirges an. Zu unserer Bestürzung war kein Wasser zu finden.

Die Berge waren eine Reihe von unfruchtbaren Felsen, und so dürr, dass selbst der Kreosotbusch keine Nahrung an ihren Abhängen fand. Sie waren noch ebenso völlig von Vegetation entblößt, wie zu der Zeit, wo das vulkanische Feuer sie zum Licht erhoben hatte. Wir sendeten nach allen Richtungen Abteilungen aus, aber nach langer, auf fruchtloses Umherschweifen verwendeter Zeit gaben wir verzweifelt die Nachforschungen auf.

Ein Pass schien durch die Gebirgskette zu führen, und wir betraten ihn und ritten schweigend und düster vorwärts.

Wir kamen bald auf der anderen Seite heraus und dort bot sich unseren Blicken ein Schauspiel von seltsamen Charakter.

Vor uns lag eine auf allen Seiten von hohen Bergen umgebene Ebene. An ihrem entfernten Rand befand sich die Schneekette, deren ungeheure Klippen sich senkrecht Tausende von Fuß über der Ebene erhoben.

Die Felsen schienen höher und immer höher übereinander gehäuft worden zu sein, bis sie eine Decke von fleckenlosem Schnee überzogen hatte.

Was aber am eigentümlichsten erschien, war die Ebene. Sie war mit einem Mantel von jungfräulich weißer Farbe – dem Anschein nach von Schnee – bedeckt, und doch war die höhere Stelle, von welcher wir sie sahen, nackt und wurde von der Sonne heiß beschienen. Was wir im Tal erblickten, konnte also kein Schnee sein.

Während ich über die eintönige Oberfläche dieser Ebene und dann auf die Berge, welche sie wie eine Mauer umgaben blickte, drückten sich meinem Geist Ideen von Kälte und Verödung ein. Es schien, als ob alles um uns her tot sei und die Natur in ihrem Leichentuch läge.

Ich sah, dass meine Gefährten von ähnlichen Gefühlen beseelt waren, aber keiner sprach. Wir begannen den Pass, welcher in das Tal führte, hinabzureiten.

So weit ich sehen konnte, zeigte sich auf der Ebene kein Wasser. Aber was konnten wir anders tun, als sie zu überschreiten? Ich glaubte an ihrem fernen Rand am Fuß der Berge eine schwarze Linie wie Baumwuchs zu bemerken. Auf diesen Punkt richteten wir unseren Marsch.

Als wir die Ebene erreichten, erwies sich das, was wie Schnee erschienen war, als Soda. Eine tiefe Kruste davon lag auf dem Boden, genug, um die Bedürfnisse des ganzen Menschengeschlechts zu befriedigen. Und doch lag sie da, ohne dass sich je eine Hand bewegt hätte, um sie zu sammeln.

Drei bis vier felsige Hügel waren in der Nähe der Mündung des Passes und auf unserem Weg.

Als wir um sie bogen und weiter in die Ebene hinauskamen, begann sich eine Öffnung im Gebirge zu zeigen. Durch diese strömten die Sonnenstrahlen herein und warfen eine Wand aus gelbem Licht über die eine Seite des Tals, in der die vom Wind aufgetriebenen Sodakristalle in Myriaden zu schweben schienen.

Als wir hinabstiegen, bemerkten wir, dass die Gegenstände ein ganz anderes Aussehen, wie sie von oben gezeigt hatten, anzunehmen begannen.

Wie mit einem Zauberschlag verschwand plötzlich die schneeige Oberfläche. Vor uns lagen grüne Felder, hohe mit einem düsteren grünen Laub bedeckte Bäume erhoben sich.

»Cottonbäume!«, rief ein Jäger, als sein Blick auf diesen entfernten Hainen ruhte.

»Es sind hohe Stämme, – bah!«, rief ein anderer.

»Ich rechne, dass dort Wasser sein muss, Burschen!«, bemerkte ein Dritter.

»Ja Sir, solche Sprösslinge sieht man nicht aus einer dürren Prärie wachsen, schaut hin, hallo!«

»Bei Golly! Dort ist ein Haus!«

»Ein Haus? – Eins – zwei – drei – ein Haus? – Es ist eine ganze Stadt! Da Jim, schaut dorthin, bah!«

Ich ritt mit Seguin im vorderen Glied, während die übrigen Personen der Schar hinter uns blieben. Ich hatte eine Zeitlang zerstreut auf den Boden geschaut, die schneeweiße Decke angeblickt und auf das Knarren der Hufe meines Pferdes gehört.

Diese Ausrufe veranlassten mich die Augen zu erheben. Der Anblick, welcher ihnen begegnete, war einer, welcher mich zwang, mit einem plötzlichen Ruck anzuhalten. Seguin hatte das Gleiche getan und ich sah, dass die ganze Schar haltgemacht hatte.

Wir waren soeben an einer von den Höhen, welche uns die Aussicht auf die große Öffnung benommen hatten, vorübergekommen. Diese lag jetzt direkt vor uns. An ihrer Südseite erhoben sich die Wälle und Türme einer Stadt – eine, nach ihrer Entfernung und dem Aussehen ihrer kolossalen Architektur zu urteilen, mächtigen Stadt. Wir konnten die Säulen von Tempeln, Türen, Tore, Fenster, Balkone und Zinnen unterscheiden. Über die Dächer erhoben sich eine Menge von Türmen. In der Mitte stand ein tempelartiges Gebäude, dessen massive Kuppel hoch über alle anderen hinausragte.

Ich blickte diese plötzliche Erscheinung mit einem Gefühl des Unglaubens an. Es war ein Traum, eine Phantasie, eine Luftspiegelung, – ha, es war die Mirage.

Aber nein, die Mirage konnte kein so vollkommenes Bild hervorbringen. Ich sah Dächer, Schornsteine, Mauern und Fenster. Ich erblickte die Zinnen befestigter Häuser mit ihren regelmäßigen Einkerbungen. Es war eine Wirklichkeit – es war eine Stadt.

War es das Cibolo des spanischen Padre? War es jene Stadt mit den goldenen Toren und polierten Türmen? War die Geschichte des Priesters doch begründet? Wer hatte erwiesen, dass sie eine Fabel sei? Wer war je in diese Gegend, in dieses Land gedrungen, wo, wie der Geistliche sagte, die goldene Stadt Cibolo existieren sollte?

Ich sah, dass Seguin ebenso verblüfft und entsetzt war wie ich. Er wusste nichts von diesem Land, er hatte nie eine solche Luftspiegelung gesehen!

Wir saßen eine Zeitlang von seltsamen Empfindungen durchdrungen in unseren Sätteln. Sollen wir vorwärtsgehen? Ja, wir müssen Wasser erreichen, wir sind dem Verdursten nahe!

Und hiervon angetrieben, sprengten wir vorwärts.

Wir waren erst einige Schritte weiter geritten, als die Jäger einen plötzlichen gleichzeitigen Schrei ausstießen. Ein neuer Gegenstand – ein Gegenstand des Entsetzens lag vor uns. Am Fuß des Berges erschienen eine Reihe von dunkeln Gestalten – es waren Reiter!«

Wir zogen unsere Pferde beinahe auf die Hinterschenkel, unsere ganze Linie hielt wie ein Mann.

»Indianer«, riefen mehrere.

»Es müssen Indianer sein«, murmelte Seguin, »es gibt hier keine anderen. Indianer! Nein! Es hat nie solche gegeben! Seht, es sind keine Menschen! Betrachtet ihre mächtigen Pferde, ihre langen Flinten, es sind Riesen! Beim Himmel!«, fuhr er nach einer augenblicklichen Pause fort, »sie sind körperlos, sie sind Gespenster!«

Die Jäger hinter uns stießen Entsetzensrufe aus.

Waren dies die Bewohner der Stadt?

Es lag ein auffallendes Verhältnis in der Größe der Pferde und Reiter!

Ich war auf einen Augenblick ebenso entsetzt wie die übrigen, aber nur auf einen Augenblick. Eine plötzliche Erinnerung durchblitzte mich, ich dachte an den Harz und seine Dämonen. Ich wusste, dass das Phänomen vor uns nichts anderes sein konnte, eine optische Täuschung, ein Bild der Luft!

Ich erhob meine Hand über meinen Kopf, der Vorderste von den Riesen ahmte die Bewegung nach.

Ich gab meinem Pferd die Sporen und galoppierte vorwärts, er tat das Gleiche, so, als ob er mir entgegenkommen wollte. Nach einigen Augenblicken war ich an dem Luftspiegelungswinkel vorüber und die Riesenschatten verschwanden gedankenschnell in der Luft.

Die Leute waren mir nachgeritten und sahen, da sie ebenfalls an dem Luftspiegelungswinkel vorübergekommen waren, nichts mehr von dem Reiterheer.

Auch die Stadt war verschwunden, aber wir konnten die Umrisse einer Menge eigentümlicher Formationen in den Trappfelsenschichten, welche den Rand des Tals durchzogen, unterscheiden.

Die hohen Bäume waren nicht mehr zu sehen, aber ein Gürtel von Weiden, von wirklichen Weiden, war am Fuß des Berges in der Öffnung zu erkennen. Unter ihrem Laub blitzte etwas in der Sonne wie ein Silberbach. Es war Wasser! Es war ein Arm des Prieto.

Unsere Pferde wieherten bei dem Anblick. Kurz darauf waren wir am Ufer des Flusses abgestiegen und knieten vor dem holden Geist des Wassers.