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Das Gedankenexperiment

Jonas Winner
Das Gedankenexperiment

Hardcover mit Schutzumschlag, Droemer Knaur Verlag, München, April 2014, 400 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 9783426281055
www.droemer-knaur.de

Das Gedankenexperiment von Jonas Winner, dem 1966 in Berlin geborenen, promovierten Philosophen, wird die Leserschaft in zwei Lager teilen. Die Erwartungen an einen Spannungsroman sind ein wenig anders, als den Grundgedanken eines Philosophen zu folgen.

Doch kommen wir zum Inhalt des Buches. Karl Borchert, ehrgeiziger Philosoph scheitert mit einem Projekt und steht in der Fachschaft nun ziemlich dumm da. Da kommt es ihm gerade recht, von Professor Leonard Habich als Privatsekretär angestellt zu werden. Karl ist fasziniert von Professor Habich. Der Forscher will, in dem verwinkelten Schloss Urquardt mit unterirdischen Gängen und Gewölben residierend, ein bahnbrechendes Werk zum Abschluss bringen. Da bereits Karl Borchert scheiterte, kann der Leser der Idee verfallen, auch Professor Leonard Habichs Werk wird scheitern. Karl soll seine Aufzeichnungen sortieren, kommt aber in Bezug auf dessen Forschungsarbeit nicht weiter. Im Gegenteil, Karl stößt, was dessen rätselhaftes Forschungsvorhaben anbelangt, auf eine Mauer des Schweigens. Dieses Schweigen wirkt auf ihn fast furchterregend, zumindest verstörend. Doch dies ist nicht das Einzige, was Karl seltsam vorkommt. Hinter meterdicken Schlossmauern hört er seltsame Geräusche. In der Bibliothek findet er Gesprächsaufzeichnungen, die ihm zusätzlich Angst einflössen.

Der Professor ist überzeugt davon, der Spur eines Geheimwissen zu sein. Hinweise darauf hat er angeblich in den Schriften unterschiedlicher, bekannter Philosophen aufgespürt. Leonard Habich glaubt, den Durchbruch seiner Forschung vor sich zu haben. Aber erstens kommt es anders …

Der Berliner Autor Jonas Winner wurde vor allem durch seine beiden Thriller Davids letzter Film und Der Architekt bekannt. Das Gedankenexperiment bewegt sich auf einem ganz anderen Niveau. Auffallend ist die philosophische Ader, die er zutage legt und die in einigen Abschnitten stark von der Handlung ablenkt. Zu sehr entsteht in diesen Augenblicken der Eindruck, er schreibe ein Sachbuch mit belletristischem Einschlag. Knackpunkt seiner Philosophie ist, dass er die abendländische Philosophie mit der Sprachwissenschaft verknüpft. Vor diesem Hintergrund entwickelt der Autor einen spannungsgeladenen Roman. Ähnlich wie bei H. P. Lovecraft und E. A. Poe lässt er das Grauen dadurch entstehen, indem er es in uns selbst aufbaut. Durch seine ständig wiederkehrenden Ausflüge in die Welt der Philosophie langweilt er auf zu langen Strecken, bevor er wieder den Bogen und den Spannungsbogen zur Handlung findet und erneut den Leser mitreißt. Das Gedankenexperiment ist ein erfrischend anderer Roman. Jonas Winner schreibt intelligente Romane, die den Leser mit einer philosophisch-sprachlichen Grundfrage der Sprachtheorie konfrontiert. Damit ist der Leser, der »nur« Unterhaltungs- und spannungsgeladene Lektüre erwartet, sicherlich überfordert. Die akademische Sichtweise übersteigt manchen Horizont. Daher ist in diesem Zusammenhang das Erscheinen des amerikanischen Linguistikers Noam Chomsky in der Erzählung eine logische Schlussfolgerung, aber zu viel des Guten. Jonas Winners Roman spricht Leser an, die sich für philosophische Theorien der Sprachentwicklung interessieren. Daher kann es durchaus sein, wenn der Leser sich von der reinen Krimihandlung gefangen nimmt, aber den Rest einfach überblättert, auch auf die Gefahr hin, etwas Wesentliches zu verpassen.

(es)