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1000 mal Professor Zamorra – 1000 mal Werner Kurt Giesa

Beginnen wir unseren Artikel mit einer kleinen Zeitreise. Es ist der 02.07.1974. In Deutschland laufen die letzten Spiele der Fußballweltmeisterschaft, Abba steht mit Waterloo hoch oben in den Charts und im westdeutschen Bahnhofsbuchhandel liegt ein Heft mit dem Titel Das Schloß der Dämonen, in dem ein gewisser Professor Zamorra zu seiner Berufung findet. Geschrieben hat das Heft ein gewisser Robert Lamont. Etwas mehr als vier Jahre später, genauer gesagt am 19.09.1978, erscheint von Robert Lamont bereits Band Nr. 111 der Serie mit dem Titel Lockruf aus dem Jenseits. Allerdings sind die beiden Robert Lamont nicht ein und derselbe Mann. Im Gegenteil, der erste Robert Lamont war Susanne Wiemer, der Robert Lamont im September 1978 ist der zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alte Werner Kurt Giesa, der zwei Jahre zuvor mithilfe der Romanagentur Karin Grasmück seine ersten größeren Gehversuche im schriftstellerischen Bereich unternahm, nachdem er bereits als Schüler seinen eigenen Verlag terrapress gegründet hatte und dort nichtkommerziell Science-Fiction und Fantasygeschichten veröffentlichte.

Nun erscheint Band 1000 der Serie, ein großer Meilenstein im Heftroman, den zu erreichen sich nicht viele Serien rühmen können. Perry Rhodan, John Sinclair, Lassiter und Jerry Cotton erhalten also einen kleinen Bruder im Club der 1000er. Wenn man beachtet, dass Professor Zamorra nur alle 14 Tage erscheint, braucht man kein Mathegenie zu sein, um auszurechnen, wie weit man heute wäre, wenn die Erscheinungsweise, wie schon oft von Fans gefordert, auf eine wöchentliche umgestellt worden wäre.

Allerdings würde es mir dann deutlich schwerer fallen, einen kleinen (wirklich nur kleinen) Einblick über die vergangenen Jahre zu geben. Schon so ist es bei der großen Themenvielfalt schwierig, einen Anfang zu finden. Von Horror über Fantasy bis Science-Fiction wurden hier viele schmackhafte Zutaten zu einem Genremix vereint. Lange bevor man dieses Markenschild bei Maddrax als Gütesiegel verwendete.

Und gerade dieser Abwechslungsreichtum lässt einem eigentlich nur die Möglichkeit, weithin chronologisch vorzugehen.

Die ersten 110 Romane kann man mehr oder weniger überspringen, auch wenn darin einige bis heute erhaltene Grundzutaten enthalten sind. Der Professor ist schon Professor, er hat schon seine Sekretärin und damals Noch-nicht-Kampf- und Lebensgefährtin Nicole Duval, das Amulett und das Château. Damit erschöpft sich aber schon im Großen und Ganzen die Ähnlichkeit mit der heutigen Serie. Einzig Zamorras damaliger bester Freund Bill Fleming hält sich bis Band 350.

Zu den produktivsten Autoren der frühen Jahre zählen Frank Helgath mit 14 und A. F. Morland/Mortimer mit 31 Veröffentlichungen, sowie Hans-Wolf Sommer mit 15 Romanen.

Nachdem Werner Kurt Giesa mit Band 111 also seinen Einstand gab, brachte er nur zwei Nummern weiter ein UFO zum Absturz. Ein Vorgeschmack auf den gehörigen Schuss Science-Fiction, den der kommende Hauptautor der Serie in den folgenden Jahren einbringen sollte. Während Werner Kurt Giesa die Serie nach und nach seinen Vorstellungen anpasste, stiegen immer mehr Autoren aus. Neben Giesa blieben nur noch seine Freunde Rolf Michael und Manfred Weinland mit im Team. Ab Band 362 begann die alleinige Schaffensphase und für achteinhalb Jahre schrieb Giesa die Serie alleine.

Zum 500. Band erschien 1993 die vom EDFC (Erster deutscher Fantasyclub) die mit 370 Seiten beachtliche Publikation 500 mal Professor Zamorra – 500x Werner Kurt Giesa. Neben vielen Illustrationen und Jubiläumsbeiträgen waren auch vier unveröffentlichte Zamorra-Romane enthalten.

Inhaltlich wiederzugeben, was in dieser Zeit alles geschehen und geschrieben worden ist, ist nahezu unmöglich. Neue Charaktere und Handlungsstränge wurden entwickelt, alte, wenn auch oft erst nach Jahren, abgewickelt und entsorgt. Erwähnenswert ist sicher Julian Peters, der Träumer. Dazu immerhin noch der Sohn von Robert Tendyke und damit Enkel des Teufels. Oder Ex-Teufels … oder doch nicht so Ex?

Bei Asmodis alias Sid Amos war man sich nie so ganz sicher, auf welcher Seite der Dämon stand. Immerhin war er auch noch der Bruder Merlins, Zamorras Mentor. Doch halt, ich gerate ins Schwafeln. Das allerdings zeigt auch die Vielschichtigkeit der Serie. Man kann sich nicht einen Punkt herauspicken und diesen dann stringent erklären ohne Querverweise auf andere Handlungsstränge und Charaktere. Ich könnte jetzt auch mit Begriffen wie Meeghs, Mächtige, Brocéliande, Avalon, Tendyke Industries, Stygia, Flammenwand, kleine Riesen und so weiter und so fort um mich werfen. Der Themenvielfalt waren keine Grenzen gesetzt. Wie soll man über 30 Jahre geschriebenes Werk in wenigen Zeilen wiedergeben? Das ist unmöglich.

Springen wir darum ein wenig näher an unsere Zeit heran. Nach mehr als achtjähriger Alleinarbeit an der Serie kamen, wie in der Anfangszeit, wieder Co-Autoren hinzu. Drei besondere aus der Anfangszeit der zweiten Co-Autoren-Phase will ich hier erwähnen. Zuerst Claudia Kern, die mit Fu Long einen der heute noch wichtigsten Charaktere in die Serie einbrachte. Auch wenn die Anzahl ihrer Romane fast noch übersichtlich zu nennen ist, schwärmen Fans noch heute von dieser Zeit. Einen Gastroman von ihr würde höchstwahrscheinlich jeder Zamorra-Fan begrüßen.

Der zweite erwähnenswerte Gastautor ist Roger Clement. Seine Figur Asha Devi spaltete die Fans. Entweder man hasste oder man liebte sie. Roger Clement legte in seinen Romanen viel Wert auf Action und stieß damit nicht immer auf Gegenliebe.

Der dritte, mein persönlicher Lieblingsautor bei Professor Zamorra, ist Christian Montillon. Er kümmerte sich inhaltlich vor allem um die Thematik der Hölle der Unsterblichen und der Auserwählten. Auch von ihm würde ich einen Gastroman sofort verschlingen.

Mein persönlicher Beginn, die Serie konsequent zu lesen, war erst Band 700. Mittlerweile hab ich viele der vorigen Romane, auch dank der Liebhaber-Edition, natürlich gelesen. Aber die ersten »live« gelesenen Romane bleiben einem doch immer mehr im Gedächtnis, als wenn man zu alten Ausgaben greift. So verfolgte ich die Abenteuer des Professors in der Spiegelwelt und erlebte auch den Einstieg von Volker Krämer in die Serie. Der Mann, der es wie kaum ein zweiter verstand, mit den Fans im Forum zu kommunizieren, und den sich Werner Kurt Giesa selbst als seinen Nachfolger wünschte. So sagte er es im Interview mit mir. Leider sollte es anders kommen.

Werner Kurt Giesa starb am 14.02.2008.

Ab da begann das große Rätselraten in der Fanszene. Wie geht es weiter mit Professor Zamorra? Wie wird die Lücke gefüllt? Hat Giesa Aufzeichnungen hinterlassen, wie es weitergehen soll?

Fans spalteten sich in Lager und Parolen wie »Das hätte Werner so nie gewollt oder geschrieben!«, trafen auf Befürworter der neuen Richtung, die unter dem Lektorat von Susanne Picard und mit einem Autorenteam mutige Schritte wagten.

Leider kann Volker Krämer diesen Jubiläumsband nicht mehr erleben. Nur dreieinhalb Jahre nach Werner Kurt Giesa starb der von den Fans für seine Beiträge im Zamorra-Forum geliebte und für seine Romane bewunderte Autor am 04.09.2011. Wieder gab es einen Handlungsstrang, die Angst, der von jemand anderem fortgesetzt werden musste. Doch auch dies meisterte das Team.

Die Serie läuft immer noch. Mit Manfred H. Rückert und Manfred Weinland sind zwei erfahrene Autoren für die Serienhintergründe vorhanden. Zusammen mit Oliver Fröhlich, der sich innerhalb kürzester Zeit als großer Gewinn für die Serie erwies, und flankiert von Andreas Balzer, Michael Breuer, Anika Klüver, Christian Schwarz und Simon Borner folgt nun die große Neunologie, die sich wohl um Luzifers Ableben drehen wird. Man darf gespannt sein, was passiert. Ich rechne mit einigen Überraschungen, denn davor ist man nie gefeit in dieser so vielschichtigen Serie.

Eigentlich bleibt an dieser Stelle nur noch zu sagen:

Herzlichen Glückwunsch an Professor Zamorra, an alle Autoren und jeden Einzelnen, der zu diesem Erfolg beigetragen hat!

Und wenn alles gut geht, können wir vielleicht in einigen Jahren Band 2000 feiern. Denn der gute Professor hat ja das Glück des ewigen Lebens für sich gepachtet. Zu unserer Freude, denn sonst würde Band 1278 wohl lauten Der greise Professor und der Spuk im Altenheim.

Copyright © 2012 by Oliver Müller

3 Antworten auf 1000 mal Professor Zamorra – 1000 mal Werner Kurt Giesa