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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Schreckensherrschaft der Reno-Bande – Teil 3

Der erste Eisenbahnraub in der Geschichte Amerikas

Um 18:30 Uhr des 6. Oktober 1866 verließ ein Zug der Ohio & Mississippi Railroad Eastern Division das Depot bei Seymour und fuhr langsam Richtung Osten aus der Stadt heraus. Im Zug befanden sich John und Sim Reno sowie Frank Sparks. Als der Zug einige Meilen zurückgelegt hatte, verließ das Trio den Eisenbahnwagen, in welchem sie sich befanden, begab sich zum Wagen der Adams Express Company und drang mit Gewalt in diesen ein. Mit gezogenen Revolvern zwangen die drei maskierten Männer den Postboten Elam Miller zur Herausgabe seines Safeschlüssels. Die Banditen öffneten den Depotsafe, welcher Pakete enthielt, die unterwegs an den Stationen aufgegeben wurden. Unter anderem waren Gerichtsakten des Jackson County sowie drei Segeltuchtaschen im Wert von einem Dollar pro Stück darunter. Die Aufmerksamkeit des Banditentrios richtete sich jedoch auf einen kleinen verschlossenen Tresor. Nach Angaben des Postenboten befanden sich darin zehntausend Dollar in Goldmünzen und 33 Dollar in Banknoten. Sie versuchten, den Tresor zu öffnen, was ihnen jedoch nicht gelang. Der erschrockene Bote sagte den Outlaws, dass auch er nicht imstande war, diesen zu öffnen. Daraufhin schlugen die Banditen den Postboten nieder und schoben den Tresor zur Tür des Postwagens.
Einer des Gangstertrios signalisierte dem Lokführer, damit dieser den Zug anhalten sollte. Während der Zug seine Fahrt verlangsamte, schoben John, Sim und Frank den Tresor aus dem Wagen und sprangen vom Zug. John Reno rief dem Lokführer zu, dass alles in Ordnung sei und er wieder Fahrt aufnehmen solle. Die drei Männer liefen zu der Stelle, an welcher der Tresor lag. Dort warteten bereits Frank und William Reno mit den Pferden.

Zufällig war ein O&M-Route-Agent an Bord des Zuges und wurde durch den Postboten über den Raub informiert. Der Agent stoppte den Zug und veranlasste, dass dieser zurück nach Seymour fuhr. Dort angekommen wurden alle Reisenden aufgefordert, den Zug zu verlassen, damit die zuständigen Behörden mit ihren Ermittlungen beginnen konnten. George Kinney, einer der Passagiere, war Zeuge des Raubüberfalls in jener verhängnisvollen Nacht und sagte gegenüber den Polizeibeamten aus, dass er mindestens zwei der Banditen identifizieren könnte und es sich dabei um Mitglieder der Reno-Bande handelt.
Da die Renos bis dato der Adams Express Company unbekannt waren, wurde die Pinkerton Detective Agency mit Sitz in Chicago in die Ermittlungen einbezogen. Allan Pinkerton übernahm persönlich den Fall und bezog in einem Saloon unweit des Rader House Quartier. Am 11. Oktober 1866 verhafteten Polizeibeamte von Seymour John und Sim Reno sowie Frank Sparks. Sie wurden angeklagt, den Zugüberfall begangen zu haben. Nach Zahlung einer Kaution wurden die drei jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt. Kurze Zeit später wurde George Kinney erschossen, als jemand spät in der Nacht an seiner Zimmertür klopfte und Kinney die Tür öffnete. Die ermittelnden Beamten mussten feststellen, dass aufgrund dieser Tatsache eine Anklage gegen die Outlaws vor Gericht nicht haltbar wäre und die Vorwürfe gegen die Reno-Bande zurückgewiesen würden.

Die neue Methode der Reno-Brüder und ihrer Bandenmitglieder, Züge zu überfallen, wurde im Westen sehr schnell populär. Viele Banditen, die vorher nur Banken und Postkutschen überfielen, stellten fest, dass die transkontinentalen und regionalen Eisenbahnen attraktive und gewinnbringende Ziele darstellten. Die Wirtschaft boomte, die Züge transportierten häufig große Mengen an Bargeld, Edelmetalle und kostbare Edelsteine. Die Weite des Wilden Westens kam zahlreichen Outlaws entgegen, sich entsprechende Gebiete auszusuchen, um die Überfälle durchführen und sich vor den Hütern des Gesetzes verstecken zu können. Einige von ihnen wie zum Beispiel die Butch Cassidy’s Wild Bunch machten Eisenbahnüberfälle zu ihrer kriminellen Spezialität.
Die Eisenbahngesellschaften erkannten jedoch im Zuge der Zeit die Schwachstellen im Transport von Bargeld und Edelmetallen, deponierten die wertvolle Fracht in schwer zugänglichen Safes und ließen diese durch bewaffnete Wachen schützen. Es wurden spezielle Frachtwaggons entwickelt, in denen sich nicht nur die Tresore und die Wachmannschaft befanden, sondern auch die Pferde der Wachposten. Im Falle eines Überfalls konnte unmittelbar eine Verfolgung der Banditen aufgenommen werden. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Zugraub im zunehmenden Maße zu einem schwierigen und gefährlichen Beruf.

Text- und Bildquellen:

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