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Adventskalender 2024 – 17. Türchen

Schuhflicker im Glück

Es war einmal ein Schuhflickerlein, das lebte mit Frau und Kindern im Elend, denn sie hatten nichts zu brocken und zu beißen. Wie oft er auch mit seinem Werkzeugkorb durch die Straßen lief und rief: »Wer hat Schuhe zu bessern?« … so kam doch niemand, der seiner Arbeit begehrte. Des Lebens müde, beschloss er, sich zu ersäufen.

Wie er sich in den Strudel stürzen wollte, trat vor ihn sein Glück, hielt ihn zurück und sagte: »Was willst du tun?«

»Ach!«, seufzte er, »das Un­glück verfolgt mich und ich mag nicht mehr leben.« Sprach zu ihm das Glück: »Tue das nicht. Hier nimm dieses Messer! Disteln gibt es genug, und bei jeder Distel, welche du damit abschneidest, wirst du einen kleinen Groschen finden.«

Er nahm das Messer, und gleich bei der ersten Probe fand er den Groschen und so fort bei jeder an­deren. Nun war ihm geholfen und er sang ganz laut in die Welt hinein: »Juchhei! Was für ein reicher Mann ich bin!«

Das hörten die Mönche des Klosters, an dem er just vorüberzog. Sie ließen ihn hereinkommen und fragten: »Gevatter Beppo, was habt Ihr denn, dass Ihr gar so lustig seid?«

»Ei«, rief er, »mir ist das Glück erschienen und ich bin jetzt reich.« Dabei erzählte er seine Geschichte und zeigte ihnen das Messer vor.

Die Mönche meinten, das könnten sie auch gebrauchen, und überlegten, wie sie ihn überlisten könnten. Sie gaben ihm tüchtig zu essen und zu trinken, und wie er trunken war, nahmen sie ihm das Messerchen und steckten ihm ein ganz ähn­liches in die Tasche.

Er kam nach Hause, voll Freude rief er Frau und Kinder herbei und sagte: »O, wie sind wir reich!«

Die Frau dachte, er sei wohl gar verrückt geworden, und sagte dies auch den Kindern. Als er sie aber einlud, mit ihm hinaus aufs Feld zu kommen, gingen sie alle mit, wunderten sich aber darüber, als der Vater anfing, Disteln abzuschneiden. Geld hatte er damals keins gefunden.

»Mit mir ist es aus, jetzt muss ich mich dennoch er­säufen«, rief er und eilte dem Fluss zu, sich hineinzustürzen.

Doch wieder erschien ihm sein Glück und sagte: »Was willst du schon wieder hier?« »Ach! Ins Wasser will ich mich stürzen!«

»Tue es nicht, denn ich bin gekommen, dir zu helfen. Nimm diesen Esel. Bei jedem Stockstreich, den du ihm gibst, wird er ein Häufchen Gold fallen lassen.«

Und es gab ihm auch den Stock.

Kaum war es fort, so fing er an, den Esel zu schlagen, und siehe da! Bei jedem Schlag ein Häuflein Goldes.

Nun kannte seine Freude keine Grenzen, und jubelnd sang er an dem Kloster vorüber: »Juchhei, welch ein reicher Mann ich bin!«

Die Mönche sprachen ihn an: »Gevatter Beppo, kommt doch einen Augenblick herein! Sagt, was singt Ihr da?«

Statt aller Worte zeigte er ihnen sein Glück durch die Tat, schlug auf den Esel und teilte ihnen von seinem Reichtum mit.

Die Mönche sagten unter sich: »Das Tierlein wäre uns schon lieb.«

Und sie gaben ihm zu essen, machten ihn trunken, ver­tauschten seinen Esel mit einem anderen Grauchen und stellten auch einen anderen Stock dazu.

So kam er zu seiner Frau und rief: »Jetzt, Frau, jetzt sind wir reich wie der König! Nimm das Bett­tuch und breite es auf den Boden, nur schnell!«

Frau und Kinder schauten einander an, jedes meinte, der Vater sei nun alles Ernstes verrückt geworden.

Die Frau sagte: »Was soll es da mit dem Betttuch?«

»Tue nur, wie ich dir geheißen!«

Sie breiteten es denn auf dem Boden aus, er trieb den Esel darauf und nun schlug er auf das hier los. Aber er mochte schlagen, was er wollte. Gold kam nicht zum Vorschein, ganz zuletzt nur ließ das geplagte Tier etwas fallen, was jedoch kein Gold war. Da jagten sie den Vater mitsamt seinem un­manierlichen Esel zum Haus hinaus.

Er lief und weinte und schrie: »Jetzt hält mich nichts mehr zurück, jetzt will ich wirklich sterben.«

Doch zum dritten Mal erschien ihm sein Glück. »Du kommst schon wieder?«

»Lass mich«, rief er verzweifelt, »lass mich, ich mag nichts mehr von dir wissen, ich will und muss sterben!«

»Mut, Väterchen, Mut! Ich will dir ja aus aller Not helfen.«

Und das Glück gab ihm einen Korb voll Schuhleisten und sprach: »Jetzt musst du bei den Mönchen vorübergehen und musst ihnen sagen: ›Heraus mit dem Messer, heraus mit dem Esel, oder ich mache euch die Köpfe mürbe wie frischbacken Brot!‹ Dann rufst du nur: ›Schlagt zu, ihr Leisten!‹ Und die Leisten werden anfangen, die Köpfe zu bearbeiten. Denkst du, es sei genügend, so rufe: ›Genug, ihr Leisten!‹ Und sie wandern wieder in den Korb zurück.«

Er kam zu den Mönchen und sagte: »Jetzt gebt mir einmal meinen Esel und mein Messer heraus, oder …«

Die Mönche leugneten alles rundweg ab, sie wüssten nichts. Da wurde der Schuhflicker zornig und rief: »Schlagt zu, ihr Leisten!«

Wupp! waren die Leisten aus dem Korb und tanzten auf den Glatzen der Mönche herum, dass sie weich wie Brei wurden.

Wie sie sich gar nicht zu retten wussten, schrien sie: »Halt ein! Wir wollen dir alles wieder herausgeben!«

Da sagte jener: »Genug, ihr Leisten!«

und da huschten sie wieder in den Korb. Als sie aber zur Ruhe gekommen waren, zöger­ten sie dennoch, die Sachen herauszugeben.

Da drohte der Schuster von Neuem mit den Leisten.

»Geben wir sie ihm«, riet der Abt, »sonst bringt er uns noch alle ums Leben.«

So bekam er sein Messer und seinen Esel zurück. Damit man ihn auch nicht betrüge, gab er dem Esel einen Schlag, aber es war doch der echte. Jetzt heim!

»Frau!«, rief er von Weitem, »nun sind wir doch reich!«

Die sagte: »Da ist der Verrückte wieder, was fangen wir mit ihm an?«

»Frau, Frau, geschwind, breite das Betttuch aus!«

»Was? Willst du heute durchaus Schläge haben?«

Und auch die Kinder kamen, ihn zu verspotten.

Da wurde er fuchswild und rief: »Schlagt zu, ihr Leisten!«

Da ging ein Gejammer los und sie waren ihm gar gern zu Willen mit dem Bett­tuch. Da es ausgebreitet war, schlug er den Esel, und siehe, er ließ einen großen Haufen Goldes fallen. Nun war die Freude groß und sie umarmten und küssten den Vater, und das Glück ist nie mehr von ihrem Haus ge­wichen.

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