Sagen der mittleren Werra 89
In der Nähe von Steinbach hinter dem alten Liebenstein liegt die Wüstung Atterode.
Das Dorf wurde angeblich im Bauernkrieg1 gänzlich zerstört, weil dessen Einwohner, fleißige und verständige Bergleute, nicht mit den wildgewordenen Bauern in ihr tolles Horn blasen wollten.
Man zeigt dort noch Reste von der Grundmauer der Kapelle auf dem Körficht, ebenso deuten noch kleine Hügel die Brandstätten an. Die Glocke der Kapelle aber ruft nun in Schweina die Gemeinde zur Andacht, und dies soll so gekommen sein: Als die an jenem Unglückstag geflüchteten Bergleute von Atterode sich an dem Schutt ihrer Wohnungen wieder gesammelt hatten, beschlossen sie, diese nicht wieder aufzubauen, sich dagegen in Schweina und Steinbach anzusiedeln. Und da sie über das Einzige und Beste, was ihnen der wilde Haufen gelassen hatte, die Glocke der Kapelle, nicht einig werden konnten, welchem der beiden Orte sie dieselbe zuführen sollten, so kamen sie nach langem Beraten endlich auf den Gedanken, die Sache dem Himmel anheim zu stellen; indem sie die Glocke auf einen Karren luden, einen blinden Schimmel davor spannten und diesen bis in die Nähe jener Stelle führten, wo sich der Weg nach den oben genannten beiden Dörfern teilt. Der Schimmel brachte die Glocke nach Schweina.
Nach einer anderen Überlieferung soll diese Glocke von Schweinen ausgewühlt worden sein.
Der Kroatengraben
Seitwärts von Gumpelstadt unfern des Weges von Waldfisch nach Schweina ziehen sich zwei Gräben durch das Feld, von denen der eine der lang Zoil, der andere aber der Igels- oder Crawäte Grabe genannt wird. Die Sage erzählt, dass im Dreißigjährigen Krieg hier eine Abteilung Kroaten sich gelagert und die ganze Gegend gebrandschatzt hatte, dann aber unvermutet von ihren Feinden überfallen und nach tapferer Gegenwehr gänzlich niedergemacht worden sei.
Von jener Zeit an sollen nun jedes Mal am 7. Jahrestag des Treffens sich die hier Gefallenen in der Mitternachtsstunde aus ihren Gräbern erheben und den heißen Kampf bis zum ersten Hahnenschrei erneuern.
»Und jener nächtliche Streit«, setzte mein Erzähler aus Waldfisch hinzu, »wird sich solange immer wieder erneuern, bis sich die alten verwünschten Keller des Ringelsteins auftun und die Päpstlichen und Lutherischen gemeinschaftlich das Abendmahl mit Ringelsteiner Wein genießen.«

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