Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Adventskalender 2021 – 10. Türchen

Richard von Volkmann-Leander
Träumereien an französischen Kaminen
Märchen, Leipzig 1874

Wie der Teufel ins Weihwasser fiel

Dass der Teufel öfters Unglück hat, weiß jedermann. Ja, es kommt so häufig vor, dass man einen Menschen, der Zahnschmerzen hat oder im Winter mit zerrissenen Stiefeln auf der Chaussee Steine klopfen muss oder dem sein Schatz an seinem Geburtstag einen Brief schickt, in dem kein Glückwunsch steht, wohl aber eine Absage auf immer – dass man sie alle drei arme Teufel nennt.

Eines Tages schnupperte der Teufel im Kölner Dom umher, in der Hoffnung, vielleicht ein fettes Mönchlein oder eine alte Betschwester zu erhaschen, da stolperte er – und plantsch! – fiel er mitten in das Becken mit dem Weihwasser hinein. Da hättet ihr sehen sollen, was er für Gesichter schnitt, wie er sprudelte und prustete und wie flink er machte, dass er wieder herauskam! Und wie er sich nachher schüttelte und wie ein begossener Pudel davonschlich!

Dabei war es noch um die Weihnachtszeit, sodass er vor Frost klapperte, als er vor dem Dom stand, aus dem er schleunigst retiriert war, weil er fürchtete, dass die Frommen es bemerkt haben und ihn auslachen könnten.

»Was fange ich nun an?«, sagte er und besah sich von oben bis unten. »Nach Hause, in die Hölle, getraue ich mich in dem Aufzuge nicht. Meine Großmutter würde mir gut den Text lesen. Ich werde auf ein paar Stunden in den Süden gehen, da ist es warm, und ich kann meine Kleider trocknen. Außerdem werden heute dort Gefangene gemacht. Hab ich meinen Operngucker mit?

Er begab sich also in südliche Gefilde, sah bei der Gefangennahme zu, klatschte tüchtig Bravo, wenn es ihm gefiel, und als sein Rock völlig trocken war, trollte er sich vergnügt nach Hause in die Hölle.

Als er aber kaum in die Stube eingetreten war und die Großmutter seiner ansichtig wurde, wurde sie ab­wechselnd veilchenblau und schwefelgelb im Gesicht und rief: »Wonach riechst du wieder einmal, und wie siehst du aus, du Lump? Hast du dich schon wieder in den Kirchen umhergetrieben?«

Da erzählte der Teufel stotternd, was ihm passiert war.

»Zieh den Rock aus«, herrschte die Großmutter ihn an, »und leg dich einstweilen ins Bett.«

Der Teufel tat, wie ihm befohlen war und zog sich das blau und rot karierte Federbett so weit über die Ohren, dass unten die schwarzen Fußspitzen herausguckten; denn er schämte sich gewaltig.

Die Großmutter aber fasste den Rock mit zwei Fingern an seinem äußersten Zipfel wie die Köchin eine tote Maus am Schwanz. »Brrr!«, sagte sie und schüttelte sich vor Ekel. »Wie der Rock aussieht!« Dann trug sie ihn in die Gosse, wo der ganze dicke Höllenschlamm und das ganze Spülwasser aus der Hölle abläuft, zog ihn ein paar Mal durch, weichte ihn tüchtig ein und wusch ihn in der Gosse. Darauf hing sie ihn über einen Stuhl ans Feuer und ließ ihn trocknen.

Als er trocken war und der Teufel eben schon ein Bein aus dem Bett heraussteckte, um aufzustehen und den Rock anzuziehen, nahm sie den Rock noch einmal und beroch ihn: »Pfui!«, sagte sie und nieste, »was doch so ein Kirchen­geruch schwer wegzubringen ist!», holte ein Kohlenbecken, streute ein paar Handvoll klein gehackter Hundehaare und geraspelter Pferdehufe darauf. Wie es so recht brenzlich zu riechen begann, hielt sie den Rock drüber.

»So«, sagte sie zum Teufel, »nun ist der Rock rein, nun kannst du dich doch wieder in anständiger Gesellschaft sehen lassen! Aber ich verbitte mir, dass so etwas wieder vorkommt! Verstehst du mich?«