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Slatermans Westernkurier 10/2020

Die Walla Walla Story
Teil 3

November 1856, der Krieg in Oregon und dem pazifischen Nordwesten schien mit der Vernichtung der Walla Walla und der Rogue-Indianer und dem Vertrag mit den Yakima ein Ende gefunden zu haben.

Doch der Frieden war trügerisch.

Das Schicksal der Rogue vor Augen waren die Yakima noch nicht bereit, in ihre zugewiesenen Reservationen überzusiedeln, und auch die weiße Bevölkerung kümmerte sich größtenteils einen feuchten Kehricht um die ausgehandelten Verträge.

Immer wieder durchstreiften Goldsucher verbotenerweise das Gebiet der Indianer, strömten Siedler in das Land, rodeten die Wälder, machten das Land urbar und vertrieben das Wild. Im Gegenzug dazu überfielen die Indianer Farmen und Goldsucher.

Kamiakin, der Häuptling der Yakima, wusste, dass über kurz oder lang ein Krieg mit den Weißaugen unvermeidbar war, und baute heimlich ein Bündnis mit den Palouse, den Spokane und den Coeur d’Alene auf, in der gerade die Palouse mit ihren Führern Khalotasle und Hahtalekin zu seinen wichtigsten Verbündeten wurden.

Im Frühjahr 1858, nach dem Tod mehrerer Goldsucher, zwang der Druck der weißen Bevölkerung die Armee zum Handeln.

Noch im Mai desselben Jahres marschierte Oberstleutnant Edward J. Steptoe von Fort Walla Walla aus in die Prärie, um die Yakima und Coeur d’Alene zu befrieden, denn die Alternative war jetzt nur noch Krieg, zu dem es dann auch kommen sollte.

Steptoe verließ das Fort mit insgesamt drei Dragonerkompanien, einer Infanterieeinheit und einigen Nez Percé Scouts sowie einer Artilleriebatterie mit zwei Kanonen. Insgesamt unterstanden seinem Kommando 164 Männer, wobei jedem von ihnen lediglich 40 Schuss Munition zugeteilt wurden.

Inzwischen jedoch hatten die bis dahin den Weißen gegenüber freundlich gesinnten Coeur d’Alene ihre friedliche Haltung aufgegeben und sich voller Wut der waffenstarrenden Allianz der Yakima und Spokane angeschlossen. Die Knebelverträge von Gouverneur Stevens, die immer mehr anschwellenden Siedlerströme, die illegal in ihr Land fluteten, und die Krankheiten, die sie einschleppten, ließen den Indianern keine Wahl mehr, wenn sie denn überleben wollten. Cholera, Typhus, Pocken und Masern, gegen die diese Naturvölker nicht die geringsten Abwehrkräfte besaßen, rafften sie fast täglich zu Dutzenden dahin.

Mitte Mai 1858 schwenkte Steptoe bei seinem Marsch durch die Prärie nach Colville um, wo die Indianer mehrere Goldsucher massakriert hatten.

Doch er kam nie in Colville an.

Mitten in den nordöstlich gelegenen, grasbewachsenen Hügeln der Palouse, ein Landstrich, der seinen Namen durch frankokanadische Pelzhändler bekam, die diese Gegend einfach so benannt hatten wie der darin lebende Indianerstamm, sah sich Steptoe mit seinem Kommando plötzlich von unzähligen Kriegergruppen der verbündeten Stämme umzingelt, den Berichten nach über 1200 waffenstarrende Indianer.

Als die Häuptlinge in sein Lager kamen und ihm befahlen wieder umzukehren, befolgte Steptoe diese Aufforderung klugerweise und machte sich auf den Rückzug. Allerdings gab es unter den Kriegern, hauptsächlich unter jenen, die durch die eingeschleppten Krankheiten der Weißen ihre Angehörigen verloren hatten, viele, die nicht mit den Entscheidungen der Häuptlinge einverstanden waren und die fliehenden Soldaten immer wieder angriffen.

Steptoe musste etliche Verluste an Mensch und Material hinnehmen, bis er schließlich auf einem der Hügel, dieser wurde später unter dem Namen Steptoe Butte bekannt, eine Verteidigungsstellung ausheben konnte. Der Oberstleutnant und seine Soldaten verteidigten sich den ganzen Tag über, doch als die Nacht hereinbrach, hatte er erneut sechs Männer verloren, darunter zwei Offiziere. Ein gutes Dutzend an Soldaten war verwundet und die Munition war derart zur Neige gegangen, dass jeder Mann nur noch über drei Schuss Munition verfügte. Doch Steptoe und seinen Männern gelang in der darauffolgenden Nacht allen widrigen Umständen zum Trotz dennoch die Flucht nach Fort Walla Walla.

 

*

 

Die US-Armee war durch diese Niederlage natürlich noch mehr unter Druck geraten. Nach kurzer Beratung schickte man Colonel George Wright, auch der Harte genannt, mit 700 Mann auf eine Strafexpedition. Wright machte seinem Beinamen bereits nach kurzer Zeit alle Ehre. Seine Männer wurden mit dem modernen 1855er Modell der Rifle ausgerüstet, die mit neuartigen Kugeln geladen wurde, sodass sich die Reichweite der Büchsen von 500 auf 900 Meter erhöhte, mit einer Durchschlagskraft, der auch die härtesten Schutzschilde aus Büffelleder und Tierknochen nicht standhielten.

Am 1. September 1858 kam es in den Wäldern bei Four Lakes zum ersten Gefecht, das für die Allianz der Indianer mit einem Fiasko endete. Wright trieb die Indianer mit schwerem Artilleriefeuer aus dem Wald, machte sie mit der, mit den neuen Gewehren ausgerüsteten Infanterie nieder und ließ anschließend seine Dragoner über sie herfallen.

In dieser Schlacht bei Four Lakes verloren über sechzig Indianer ihr Leben. Fast die doppelte Anzahl wurde verwundet, während Wright keinen einzigen Mann verlor.

Die überlebenden Indianer flohen in panischer Angst.

Vier Tage später versuchten die Indianer bei Spokane Plain Wright und seine Truppen erneut aufzuhalten, indem sie dort die Prärie anzündeten. Aber der Colonel erteilte ihnen eine weitere blutige Lektion und vertrieb die inzwischen nur noch fünfhundert Mann zählende Streitmacht der Indianer.

Daraufhin kapitulierten viele Stammesgruppen der Allianz oder machten Friedensangebote. Dennoch ließ Wright 900 Ponys der Palouse abschlachten, spürte die Rädelsführer der Indianerallianz auf und ließ 15 von ihnen hängen und den Rest in Ketten legen.

Kamiakin, der oberste Führer der Allianz war bei Spokane Plain schwer verwundet worden, als ein Baumstamm nach dem Einschlag einer Kanonenkugel auf ihn gefallen war. Er floh über die Grenze nach Kanada und kehrte erst 1861, als Gras über die Sache gewachsen war, wieder in das südöstliche Washington-Territorium zurück, wo er friedlich in der Nähe der Stadt Spokane lebte, bis er 1877 starb.

Owhi, sein Schwiegersohn, der den Weißen ein Friedensangebot gemacht hatte, wurde gezwungen, seinen eigenen Sohn Qualchin, dessen Morde an den Goldsuchern den Krieg ausgelöst hatten, an die Armee auszuliefern. Wright ließ den Indianer hängen und Owhi anschließend erschießen.

Danach gab es keine freien Indianer mehr im pazifischen Nordwesten.

 

*

 

Innerhalb von nur 36 Monaten hatte der Weiße Mann eine jahrhundertalte Kultur samt unzähligen indigenen Völkern förmlich von der Landkarte gefegt.

Hier nur eine kleine Auswahl.

Walla Walla, Palouse, Rogue und Chinook: ausgelöscht.

Nespelem: wahrscheinlich heute nicht mehr existent, 1959 noch 25 Stammesangehörige registriert.

Swinomish: nicht mehr existent, die letzten Überlebenden sind mit den Stämmen der Kikyalos, Skagit und Samish verschmolzen.

Kalispel: bedeutungslos, 1985 zählten sie noch 259 Seelen.

Sokomish und Skagit: um 1970 noch etwas mehr als 200 Seelen.

Chehalis: praktisch nicht mehr existent, 1923 waren noch 89 Stammesmitglieder registriert.

Angesichts dieser Aufzählung wirkt die Existenz jenes Granit-Denkmals, das 1935 in der kleinen Stadt Four Lakes an der Ecke 1.st Street/ Electric Avenue durch die Spokane County Pioneer Society errichtet wurde, und das an die Schlacht bei Four Lakes erinnern soll, wie ein Schlag ins Gesicht. Dieses Denkmal beansprucht, dass 700 Soldaten in heroischem Kampf gegen 5000 Indianer bestanden, obwohl sämtliche historische Berichte über diese Schlacht bekunden, dass hier 500 Soldaten und 200 Maultiertreiber nur etwa 500 Indianern gegenüberstanden. Vom Unrecht, das man den Ureinwohnern angetan hatte, und davon, dass die eigentlichen Schuldigen in den eigenen Reihen zu suchen sind, kein Wort.

In diesem Sinne,
euer Slaterman

Quellenhinweis:

  • Joachim Hack, Das große Buch der Indianer, Ungekürzte Lizenzausgabe der RM Buch und Medien Vertrieb GmbH
  • Archiv des Autors
  • oregonencyclopedia.org
  • Helen Hunt Jackson, A Century of Dishonor, University of Oklahoma Press, Norman 1994, ISBN 0-8061-2726-0
  • oregonpioneers.com

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