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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 28

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Treffliche Wirkung des kalten Wassers

Eine Weibsperson, 41 Jahre alt, die Ehefrau eines Schusters in einem Dorf unweit Linz namens Anna Maria war seit 18 Jahren im österreichischen Land als vom Teufel leibhaftig besessen beschrieben worden. Es hieß, in den ersten drei Jahren habe der Teufel sie nur dann und wann gequält, in den folgenden fünfzehn Jahren aber habe sie weder Tag noch Nacht Ruhe gehabt. Niemand zweifelte demnach an der Wahrheit einer wirklichen Besitzung derselben, indem die gelehrtesten und frömmsten Geistlichen solches aufs Feierlichste beteuerten. Im Frühling des Jahres 1772 fand endlich der Ehemann dieser Frau einen Weg, der Kaiserin Maria Theresa eine Bittschrift in die Hände zu bringen, worin er diese um Mitleiden gegen sich als einen Mann anflehte, der wegen Armut und seiner vom Teufel besessenen Frau mit dem äußersten Elend kämpfen müsse. Die Kaiserin, um hinter die Sache zu kommen, befahl, dieses Frau von Linz nach Wien zu bringen, um im Krankenhaus untersucht zu werden, über welches der Hofrat und Leibarzt D. Anton von Haen die Aufsicht hatte. Ich beschäftigte mich von der Zeit an, so erzählt dieser Arzt hiervon, täglich drei bis vier Stunden mit ihr. Was ich also von ihr melde, das berichte ich als Augenzeuge. Was in meiner Abwesenheit mit ihr vorgegangen war, gründet sich auf die glaubwürdigen Berichte des Tagebuchs unseres Lazaretts. Sobald die Frau in das Lazarett gebracht worden war, stieß sie gräuliche Verwünschungen und Flüche gegen den Heiland, gegen die Kaiserin und gegen diejenigen Leute aus, welche sie nach Wien geführt hatten. Wie man sie ins Bett brachte, fing sie an, sich schrecklich zu wälzen und zu krümmen, auch die Augen auf alle Seiten zu drehen, sodass man gemeiniglich nichts weiter als das Weiße im Auge in einer beständigen Bewegung und Zuckung wahrnehmen konnte. Alle Muskeln des Gesichts wurden auf mancherlei Weise verzerrt. Den Hals wusste sie so stark und schnell auf die Schultern und auf den Rücken zu drehen, dass ich dergleichen jemals gesehen zu haben mich nicht erinnere. Während der Zeit schrie und brüllte sie entsetzlich und sang entweder deutsche oder grobbäuerliche Lieder, wobei es schien, als ob sie sich mit Fleiß bestrebte, eine fremde oder ausländische Sprache nachzuahmen. Hierauf fing sie an, den Leib in einem halben Zirkel herumzubewegen, mit dem Kopf und den Füßen ans Bett gestemmt und den Bauch in die Höhe gehoben. Bald dehnte sie sich wieder längelang aus und warf den ganzen Körper einen oder einen halben Fuß in die Höhe. Das zwar sowohl geschwind als auch oft, wohl 20 bis 30 und mehrere Mal hintereinander fort. Hatte sie einen Augenblick geruht, so trieb sie dasselbe Spiel aufs Neue. Dann fluchte sie wieder auf Gott, auf die Kaiserin, auf ihren Ehemann. Das währte so über eine gute Stunde, Unterdessen warf sie den Rosenkranz und das Kruzifix, welches beides sie in der Hand hatte, dreimal mit höchstem Unwillen und Ungestüm zur Erde. Nachdem man ihr aber mehrere Male die Stücke hinreichte, küsste sie dieselben und bat auch Gott um Vergebung. Gleich danach aber lästerte sie Gott wieder, doch versicherte sie zugleich, vorher habe sie selbst, nachher aber der Teufel in und aus ihr geredet. Diese und mehrere dergleichen oder auch andere und etwas veränderte Gaukeleien machte sie nun öfters, nach welchen heftigen Bewegungen doch allezeit der Puls und das Atemholen ganz natürlich blieb. Wenn sie eine Weile still lag, so hätte man sie für eine am Verstand und Körper vollkommen gesunde Person ansehen sollen. Sie erzählte in solcher Zwischenzeit ihren ganzen Lebenslauf, der nun freilich wohl nicht eben der rühmlichste war. Sie bezeugte auch, wie so oft und vielmals sie Gott angerufen habe, sie doch von einem so schrecklichen und grausamen Feind zu befreien. Mitten unter solchen Erzählungen aber wiederholte sie plötzlich ihre Zuckungen und Verwünschungen aufs Neue. Sie aß mittags und abends mit gutem Appetit, obwohl sie gleich zuweilen sagte, dass sie durch den Teufel am Niederschlucken der Speisen gehindert würde. Man gab ihr einen einzigen Gran Opium ein. Davon schlief sie so sanft und natürlich, das man sie auch schnarchen hörte. Nach dem Erwachen betete sie ihren Rosenkranz und andere Gebete mit gebogenen Knien. Kaum aber war dies vorbei, so versetzte sie sich wieder in ihren Paroxysmus, lästerte Gott und bat ihm den Augenblick darauf die Lästerungen wieder ab. Endlich vertraute sie ihren Wächtern und den Anwesenden ganz treuherzig. Der Teufel habe ihr nach seiner gewöhnlichen Vertraulichkeit unter anderen Geheimnissen auch dies offenbart, dass er den Professor des Lazaretts umbringen wollte. Inzwischen kam ich dazu und hörte, was vorgefallen war. Ich sah die wiederholten Zuckungen mit an. Weil ich nun von der Verstellung und dem Betrug hinlänglich überzeugt zu sein glaubte, so ließ ich folgenden Versuch mit ihr anstellen. Durch verschiedene heimlich dazu bestellte Leute wurde ihr nämlich, so oft ich es nötig fand, ein großes Geschirr voll kalten Wassers plötzlich und unvermutet ins Gesicht und über den ganzen Leib geschüttet. Solchergestalt verjagte ich den Teufel auf einmal. Diese Frau, welche vorgegeben und beteuert hatte, dass sie innerhalb von fünfzehn Jahren keinen einzigen Tag und keine einzige Nacht von den Anfällen des Bösewichts frei geblieben wäre, brachte diesen Tag von neun Uhr morgens an und danach auch den zweiten und dritten Tag ruhig, vernünftig und andächtig zu, nahm zum Zeitvertreib weibliche Arbeiten vor, aß und trank sehr gut und klagte nur einmal über Kolikschmerzen, welche sich aber nach dem Gebrauch eines Klistiers sogleich legten. Gegen Ende dieser drei ruhigen Tage ließ ich mich mit ihr in ein vertrautes und freundliches Gespräch ein und bemühte mich, sie zu überführen, dass sie nicht vom Teufel besessen wäre, indem sie gesehen und erfahren hätte, dass durch die von uns gebrauchten Hilfsmittel das Übel gänzlich vertrieben worden, welches nicht geschehen sein würde, wenn dasselbe vom Teufel herrührte. Wie sie aber dies durchaus nicht zugestehen wollte, sagte ich ihr, sie würde noch besser von dieser meiner Behauptung überzeugt werden, wenn im Falle, dass die Krankheit sich etwa noch einmal äußern sollte, eben dasselbe Heilungsmittel wieder gebraucht würde. Das wollte ihr gar nicht gefallen. Sie stellte sich also nach Mitternacht an, als ob sie einige leichte Anfälle des Übels empfände. Sobald sie aber hörte, dass man ungesäumt wieder zur vorigen Kur schreiten würde, lag sie bis um sechs Uhr still. Alsdenn aber erneuerte sie ihre Gaukeleien und Zuckungen, sprang aus dem Bett heraus, stützte den Kopf auf den Boden des Zimmers und beugte den ganzen Leib vorwärts, als ob sie einen Purzelbaum machen wollte, wälzte sich aber danach seitwärts durch das Zimmer immer näher und näher gegen mich, der ich etwas entfernt stand, vermutlich, um mich, wenn ich stehen geblieben wäre, umzustoßen und zur Erde niederzustürzen. Als ich aber hierauf in einem ernstlichen und drohenden Ton sie anredete, fasste sie sich, nahm ihre ordentliche Stellung wieder an und ließ die zwei folgenden Tage, so lange sie noch bei uns blieb, nicht das Geringste blicken, was dem Wohlstand, den guten Sitten und der gesunden Vernunft zuwider gewesen wäre. Die Frau wurde hierauf in das St. Marcus- Lazarett gebracht, woselbst sie anfangs die Ursache und die Beschaffenheit ihres Betruges nicht gestehen wollte. Endlich aber, da man sie als eine sonst gesunde und mit dem besten Appetit versehene Person mit schlechter Kost hinhielt und noch dazu ziemlich kärglich abspeiste, sah sie sich genötigt, mit der Sprache rein herauszugehen. Sie bekannte frei und aufrichtig, sie habe sich nur gestellt, besessen zu sein, teils um ihren Mann beständig kränken und quälen zu können, teils um mehr Almosen von den Leuten zu erhalten. Die ganze Kunst aber habe sie von einem Soldatenweib gelernt.