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Oberhessisches Sagenbuch Teil 11

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Am Hirtenhäuser Rain

In der Heimertshäuser Gemarkung ist eine Stelle, wo nach dem Bericht der alten Leute ehemals ein kleines Dorf, Hirtenhausen genannt, gestanden haben soll. Nun geht freilich längst der Ackerpflug darüber hin, und oben der Hirtenhäuser Rain, eine benachbarte Anhöhe, ist mit dem schönsten Buchenhochwald besetzt. Von dort sah man mitunter, zur Zeit der sommerlichen Sonnenwende, mittags eine hehre weiße Jungfrau herabkommen, die war gar holdselig anzusehen, und ging stillschweigend ins Tal zum alten, fast verschütteten Ortsbrunnen. In demselben verschwand sie regelmäßig, dass man nicht begreifen konnte, wie es damit zuging.


Der tiefe Born und der Goldborn

Zwischen Volkartshain und Kirchbracht befindet sich der tiefe Born. Der hat seinen Namen nicht umsonst. Um seine Tiefe zu probieren, schütteten die Bauern einmal hundert Wagen voll Steine hinunter, aber er wurde davon nicht verstopft. Man merkte gar nicht, wo sie hinkamen. Nun stach man mit dem längsten Wiesbaum hinein, der im Dorf aufzutreiben war. Allein der entschlüpfte den Händen, fuhr hinunter und kam erst vor Kirchbracht wieder aus dem Berg heraus. Ein neues weißes Tuch steckte an seiner Spitze. Darauf waren goldene Buchstaben geschrieben, die aber kein Mensch lesen konnte. Der Platz, wo sich dieses Wunder ereignete, heißt heute noch Goldborn.


Der Milchborn bei Birstein

Unterhalb des Birsteiner Schlossberges, wo der Weg nach Sotzbach hinführt, fließt gar ein starkes und hübsches Brünnchen, das ist der Milchborn. Aus drei Röhren sprudelt das Wasser. Die Buben kommen aus der dicken, die Mädchen aus den zwei anderen. Wenn man das Ohr auf den Boden legt, hört man die Kinder im Wasser patscheln. Aus dem Milchborn sind alle Birsteiner geschöpft worden.


Der Hirzborn in Betzenrod

Mitten in Betzenrod springt der Hirzborn, der hat feines, klares Wasser und die Eller geht dahin, wenn sie einer Frau ein Kind schöpfen soll. Ist es in der Nacht recht still, so soll man die noch nicht geborenen Kinder ganz deutlich im Born schreien hören.


Kinderbrunnen zu Landenhausen

Wenn die Eller mit dem neuen Blecheimer ausgeht, um einer Frau ein Kind zu langen, schöpft sie allemal im Pfingstborn. Da halten sich die Ungeborenen auf. Wenn oben das Wasser sich kräuselt und man genau darauf acht hat, soll man die kleinen Kinder auf dem Grund des Borns krabbeln sehen.


Der Hergottsborn bei Großendorf

Unterhalb der Vorstadt von Büdingen, wo die Stadtbleiche endet, springt ein Born, der wird von Alters her in hohen Ehren gehalten und sein Wasser allem anderen in der Stadt und in Großendorf vorgezogen. Er heißt der Hergottsborn. Aus ihm werden seit Menschengedenken die Kinder geschöpft. Der Weg etwas rechts davon heißt die Kreischhohl, In stillen Nächten soll man hier mitunter ganz deutlich das Geschrei der ungeborenen Kinder haben hören können.