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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 40. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel reist nach Hamburg und Bremen und begeht allerlei Schalkheit.

a Eulenspiegel weiterreisen musste, kam er nach Herford in Westphalen. Als er nun Hunger, aber kein Geld hatte, dachte er: Du musst doch etwas zu essen haben, denn der Hunger kneift. Mit diesen Gedanken ging er durch den Fleischscharren. Hier sprach ein Metzger zu ihm, er solle sich ein gutes Stück Braten mitnehmen. Eulenspiegel nahm den Braten, den ihm der Metzger anbot und ging damit fort. Der Metzger rief ihm nach, er müsse ihm erst das Fleisch bezahlen.

Eulenspiegel antwortete: »Davon habt Ihr mir vorher nichts gesagt, sondern nur, ich solle mir das Fleisch mitnehmen. Das tue ich nun, weil Ihr es mir gesagt habt.«

Da die anderen Metzger den Streit hörten, sprachen sie: »Ja, der Fremde hat recht, du hast zu demselben gesagt, er solle das Fleisch mitnehmen. Von Bezahlen hast du nichts geäußert.«

Während sich nun der Metzger mit seinen Mitmeistern tüchtig zankte und sich einander verfluchten, welches diese Leute zu der Zeit recht entsetzlich konnten, ging Eulenspiegel mit seinem Fleisch davon und ließ die Metzger sich darum zanken. Als Eulenspiegel das Fleisch sich gebraten und es verzehrt hatte, setzte er seine Reise fort und kam nach Lübeck zurück. Hier kehrte er im Ratskeller ein und hielt sich anfänglich sehr zurückgezogen. Nun kamen mehrere Weintrinker an, diese sprachen untereinander von Betrügern, und dass es deren jetzt viele gäbe.

Der Weinküper, der dieses mit anhörte, sprach aber großprahlerisch: »Mich soll gewiss keiner betrügen.«

Eulenspiegel sprach zu ihm: »Mein Freund, doch wohl mit sehenden

Augen. Ja, den wollte ich sehen«, sagte er. Nach einer Weile nahm Eulenspiegel zwei Kannen, goss die eine heimlich voll Wasser und ließ die andere leer. Beide waren aber einander völlig gleich, ging damit zum Küper und sprach: »Gebt mir doch eine Kanne Wein, und zwar vom besten.«

Der Küper ging mit ihm in den Keller, und Eulenspiegel gab ihm die leere Kanne. Als er den Wein hatte, fragte er, was er kostete.

Der Küper antwortete: »Vierzig Pfennige.«

»Das ist zu teuer«, sagte Eulenspiegel, »ich habe nicht mehr als vierundzwanzig Pfennige.«

Der stolze Weinküper fuhr ihn zornig an und sagte: »Was, du willst meinem Herrn, den Wein, taxieren! Sogleich gib den Wein wieder her!«

Eulenspiegel, der beim Empfang die Kannen in Geschwindigkeit vertauscht hatte, gab ihm die Kanne mit dem Wasser.

Der Küper goss die Kanne Wasser, weil es im Keller etwas dunkel war, in der Meinung, es sei der Wein, durch das Spundloch wieder ins Fass, gab ihm die leere Kanne zurück und sprach zu ihm: »Wenn du Wein trinken willst, so musst du erst wissen, ob du ihn bezahlen kannst!«

Und Eulenspiegel sagte still im Weggehen: »Bist du nicht ein Tor! Dich sollte doch niemand betrügen können, und du betrügst dich selbst, und zwar bei sehenden Augen!« Eulenspiegel nahm den Wein, ging damit in die Gaststube, ließ sich für acht Pfennige Butterbrot mit Käse geben, verzehrte beides, trank die Kanne Wein dazu, und wanderte dann weiter.