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Perry Rhodan Band 2967 – Das zweite Terra

Michael Marcus Thurner
Perry Rhodan Band 2967
Das zweite Terra

Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 8. Juni 2018, 68 Seiten, € 2,20, Titelbild und Innenillustration: Dirk Schulz

Der Planet Trowno ist der zweite Planet der Sonne Lyo, die 700 Lichtjahre vom Solsystem entfernt in der Okulus-Dunkelwolke liegt, als eine von nur fünf Sonnen. Ein unauffälliger Ort ist es, an dem sich seit 2500 Jahren, seit dem mörderischen Angriff der Dolans auf die Erde, ein sehr besonderes Projekt verbirgt: Trowno ist als ein zweites Terra aufgebaut, als ein Backup der Flora und Fauna der Erde im Fall ihrer Zerstörung.

Die Technologie, mit der Trowno für diese Lebensformen zur lebensfreundlichen Zone wird, heißt Terraforming: Ein Planet wird umgewandelt, sodass erdähnliche Bedingungen auf ihm entstehen. Mehr als 20.000 Wissenschaftler arbeiten auf Trowno, weiteres Personal kommt hinzu. Zusätzlich zur Erhaltung irdischer Arten betreibt man Rückzüchtungen: Auf Trowno leben Tiere, die auf Terra schon lange ausgestorben sind.

Zentrum dieser Aktivitäten ist die Raumstation PIÈ BONMARCHAL. Benannt wurde sie nach dem ehemaligen Astronomen der CREST V, der das System im Jahre 2462 alter Zeitrechnung entdeckt hat. Ihre Besatzung hat ihre Macken, da viele der Wissenschaftler und der übrigen Besatzungsmitglieder bereits Kinder und Enkel auf ihr Geborener sind, was zu gewissen Arten von Selbstbewusstsein und Eigenwilligkeit führt.

Gebaut ist die PIÈ BONMARCHAL aus acht ausgemusterten LFT-Boxen modularer Bauart. Sie bilden einen Würfel mit jeweils 400 Metern Abstand zwischen den Kanten. Jede aus Kernwürfel und Modulboxen bestehende BOX hat eine Kantenlänge von 2500 Metern und ist mit ihren Nachbarn über Antigravschächte, Expressröhren und Versorgungskopplungen verbunden. Eine der BOXEN ist als Zoo ausgebaut, in einer anderen werden Pflanzen gezüchtet und angepasst. Die Station verfügt auch über Space-Jets verschiedener Größenklassen. Bewaffnet ist sie kaum, da die versteckte Lage sie bisher zuverlässig geschützt hat.

Informationen dieser Art entnimmt man nicht nur dem Roman, sondern auch dem jedem Heft hinzugefügten Glossar, das jeweils eine Handvoll aktueller Begriffe erklärt, in diesem Fall HARUURID-Mission, Lyo-Sytem, PIÈ BONMARCHAL und Trowno.

Kommandant der PIÈ BONMARCHAL ist Magnus Rohoff. Mit den Wissenschaftlern hat der junge Mann seine liebe Not. Das alltägliche Gekabbel, das ihn beschäftigt hält, unterbricht ein unbekannter Impuls, der auf den fünften Planeten des Systems, den Gasriesen Thyello, gerichtet war. Thyello ist ein instabiler Planet. Ihm droht eine Umwandlung zu einem Braunen Zwerg. Der Gasplanet hat die neunfache Masse Jupiters, es droht eine Zündung zu diesem Sonnentyp. Das würde aber eine Weile dauern.

Doch es kommt schneller zur Gefahrensituation, als man dachte, und anders, als erwartet. Die Beobachter der Katastrophe sind die Besatzungsmitglieder des Jagd-Kreuzers BABA JAGA, kommandiert von Rohoffs Stellvertreterin Aimare Tournefort, der entsandt wurde, um sich den gefährlichen fünften Planeten nach jenem seltsamen Impuls genauer anzusehen. Vor Ort verwenden sie ein Spezialschiff namens Bathyskaphe, mit dem man in die dichte Atmosphäre des Planeten eintauchen kann. Das ist eine schöne Typenbezeichnung, die an den französischen Ausdruck Triscaphe für die Flugpanzer namens Shift erinnert, und reale Hintergründe hat.

Was sich aus der dichten Gasatmosphäre erhebt, ist den Lesern der Serie vertraut, der Besatzung der PIÈ BONMARCHAL jedoch neu: Es ist ein riesiges Schiff aus fünf aneinander gereihten Kugeln, deren größte mehr als zwei Kilometer durchmisst. Und es nimmt Kontakt auf. Seine Besatzung wirkt positronisch. Eins-das-Ganze fragt, in welcher Beziehung die Gemeinschaft zum Wanderer steht. Der Wanderer, das ist die Superintelligenz ES, der alte Mentor der Menschheit, dessen Favorit vorher die Thoogondu waren, bis zum Bruch mit ES und zu ihrer Vertreibung in die ferne Galaxie Sevcooris. ES, das sich seit der Scherung nicht mehr in seinem alten Machtbereich aufhalten kann.

Eins-das-Ganze möchte nicht reden. Er stellt nur diese einzige Frage, stört den Funk im System und lässt sich nicht vom Hinweis beeindrucken, dass die Leitkultur (dieser Begriff kommt tatsächlich vor!) der Terraner Meinungsfreiheit vorsieht, jedes einzelne Besatzungsmitglied der BABA JAGA und aller anderen Schiffe und Stationen im System seine individuelle Ansicht haben kann, weshalb Kommandantin Tournefort bei einer eindeutigen Antwort passen muss. Das ist keine gute Methode, sich Eins-das-Ganze zum Freund zu machen …

Das zweite Terra ist einer jener panoramisch angelegten Romane, die bei der Verfasserin dieser Besprechung ausgesprochen beliebt sind, die ihn während der Hitzewelle beim Gartengießen hörte, zwei Mal; es ist so viel von Natur die Rede, dass der Roman dazu ausgezeichnet passt. Man kann ihn getrost mehrfach lesen oder hören, weil er so üppig mit verschiedenen kraftvoll gezeichneten Schauplätzen und individuell gestalteten Charakteren ausgestattet ist. Natürlich kann man bei einigen von ihnen von Klischees sprechen, die schon öfter mal verbraten wurden. Allerdings wurden sie sicherlich deshalb immer wieder verwendet, weil sie emotionale oder situative Kerne enthalten, die funktionieren, weil es diese Konstellationen in der einen oder anderen Intensität im menschlichen Leben regelmäßig gibt, weshalb sie interessieren.

Die Admiralin Anna Patoman taucht auf, eine Prominente. Viel später erst kommt weitere Prominenz. Echte Hilfe von Terra wird nicht allzu schnell anrücken. Die Besatzung vor Ort ist, fast ohne militärische Ausstattung, erst mal auf sich selbst gestellt. Die PIÈ BONMARCHAL mit ihrem unersetzlich kostbaren Inhalt – 20.000 Wissenschaftler, weitere Besatzung und ein Backup der kompletten terranischen Flora und Fauna – bildet eine hervorragende Zielscheibe. Dazu kommen die Anlagen auf dem Planeten, der Terraforming unterzogen wurde. Die Besatzung des Bathyskaphen ist in tieferen Schichten der Thyello-Gashülle unterwegs. Die Besatzung der BABA JAGA verwendet Beiboote. Und die Unterstützung von der Erde hat auch so ihre Diskussionen über die Vorgehensweise. Viele Protagonisten, viele Schauplätze.

Eine Fortsetzung früherer Motive des Autors bietet der Roman nicht nur in Hinblick auf die Jagd durch die giftigen Schwaden von Gasplaneten, die er bereits mehrfach geschildert hatte. Auch die Problematik belebter Technik spielte seit dem Roman, in dem die Semitronik ANANSI ihre Identitäts- und Loyalitätskrise hatte, immer wieder eine Rolle, und in diesem Roman verwendet Thurner gleich drei Exemplare hochgezüchteter Maschinen, die in interessanten Wechselbeziehungen zu Lebewesen stehen. Darüber hinaus werden Flugmanöver mit technischen Begriffen beschrieben, was viel zu selten vorkommt.

Das zweite Terra ist ein Roman, der Spaß macht, flott mit soliden technischen Grundlagen jongliert und den Leser durch seine Vielfalt eine Weile beschäftigen kann.

BEILAGEN

An Beilagen gibt es eine Risszeichnung der VOHRATA, das ist das Flaggschiff des tefrodischen Diktators Vetris-Molaud, ein in der Grundzelle 2019 Meter durchmessender Kugelraumer mit Ringwulst und diversen Beibooten bemerkenswerter Größe. Sie stammt von Christoph Anczykowski.

Bedauerlicherweise enthält der Band auch einen Nachruf auf Andreas Findig (4. August 1961 – 7. Mai 2018), der neben einer kurzen Zeit im RHODAN-Autorenteam vielfältige literarische Leistungen zustande brachte. Sicherlich erinnern sich viele an Findigs von Rainer Habeck illustriertes Kinderbuch Lausbiber-Alarm.

Die Hör- und Leseprobe ist hier.

(at)