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Das verbotene Eden: David und Juna

2015: Ein neuartiger Grippeimpfstoff wird übereilt an die Menschheit ausgegeben – mit fatalen Folgen. Der Impfstoff lässt Grippeviren mutieren, die bei den Menschen atypisches Verhalten auslösen: Männer und Frauen sind sich auf einmal spinnefeind. 65 Jahre später: Die Menschheit ist unterteilt in Männer- und Frauengruppen, die fern voneinander leben. Die Frauen haben die ländlichen Gebiete erobert, die Männer das, was von den Städten übrig ist. Beide Geschlechter können sich kaum noch daran erinnern, wie es war, als Mann und Frau zusammen zu leben. Im Gegenteil: Allein diese Vorstellung ruft beiderseits Ekel hervor. Nur um Kinder zu bekommen, vereinigen sich Mann und Frau nach genau festgesetzten Regeln. Aber diese Regeln werden von männlichen Fanatikern gebrochen, die Frauendörfer niederbrennen, die Frauen vergewaltigen und deren Nahrungsmittel rauben. Ein Krieg zwischen den Geschlechtern droht. In dieser Zeit kommen sich der Mönch David und die Kriegerin Juna näher. Beide entdecken, dass das andere Geschlecht nicht nur aus Hexen und Teufeln besteht. Aber diese Erkenntnis bringt die beiden in Lebensgefahr.

Themen in diesem postapokalyptischen SF-Buch: Fanatismus (v.a. religiöser), Geschlechterkampf, Bücher und das Wissen, das sie dem Leser erschließen. Die christlichen Mönche mit ihrem radikalen Anführer bauen im Umgang mit den Frauen auf den mittelalterlichen Hexenhammer. Nur diejenigen Alten, die die Zeit vor dem Virus erlebt haben, stehen dem (wenn auch heimlich) skeptisch gegenüber. Die Frauen dagegen bevorzugen eine die Natur mit einbeziehende Göttinnenreligion. Auch hier gibt es Fanatikerinnen, die die Männer bis aufs Blut hassen. Insgesamt ein sehr konventioneller und pauschaler Ansatz, der Religion (ebenso pauschal) in ein negatives Licht rückt – ein eindeutiger Schwachpunkt des Buches, das bzgl. Religion in zahlreiche schon vorhandene Kerben haut, ohne etwas Neues zu bringen. Die Göttinnenverehrung kennt man auch schon sattsam aus für Frauen geschriebene Fantasybücher. Der Geschlechterkampf wird in diesem Buch wirklich bis an die Spitze getrieben: Er bewirkt, dass die Welt, die man kannte, durch die ständigen Kämpfe zwischen Mann und Frau bis auf Steinzeitniveau heruntergewirtschaftet wird. Dabei bringen es die Männer nicht zustande, sich selbst zu ernähren. Sie verlassen sich da lieber auf die nach Regeln festgesetzten Abgaben der Frauen. Dafür sind sie im Besitz der noch verbliebenen Waffen und Fahrzeuge – die skrupellos gegen die Frauen eingesetzt werden. Die Männer kommen, bis auf ein paar differenzierter denkende, schlecht weg; sie werden als aggressiv und fanatisch blind skizziert. Die Frauen dagegen sind so selbstständig und selbstbewusst, wie sie es vor dem Virus nicht waren. Sie sind untereinander nicht mehr auf das männlich-sexistische Frauenbild reduziert und können sich natürlicher und vielschichtiger verhalten und aussehen. Die Männer haben Angst vor ihnen – noch ein Grund für sie, gegen die Hexen vorzugehen. Aber auch manche der Frauen sind fanatisch blind. Sie sind im Begriff, sich gegen die differenzierter denkenden durchzusetzen. Eine große Rolle spielt dabei bei beiden Geschlechtern die Unwissenheit und das fehlende Interesse für Geschichte sowie die Fehler, die in der Geschichte gemacht worden sind. Kaum noch jemand weiß etwas über die Zeit vor dem Virus. Bücher gibt es zwar, aber es liest sie kaum noch jemand. Sie werden als nicht wichtig oder im Falle des Inquisitors als gefährlich eingestuft – sie könnten die Menschen auf dumme Gedanken bringen und seine Macht gefährden. Ähnliches kennt man in der Realität von Tyrannenstaaten oder von bildungsfernen Familien, denen Bücher egal sind. Diese Unwissenheit führt im Buch zu einer Spirale der Gewalt – und wird damit vom Autor kritisiert.

Fazit:
Insgesamt ein gutes Buch durch die gut durchdachte Story. So, wie es angelegt ist, ist es der Anfang einer Reihe. Einziges Manko: Die sich entwickelnde Zuneigung zwischen Juna und David bleibt etwas zu vage ausgestaltet; die Negativdarstellung der Religionen ist bestenfalls flach.

Copyright © 2011 by Ulrike Dansauer

Thomas Thiemeyer
Das verbotene Eden
David und Juna

Fantasy, Hardcover
Pan Verlag, München
August 2011
460 Seiten / 16,99 €
ISBN: 9783426283608