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Snowpiercer

Snowpiercer
Regie: Bong Joon Ho, Drehbuch: Bong Joon Ho, Kelly Masterson, Produktion: Casterman, Darsteller: Chris Evans, Song Kangho, Tilda Swinton, Jamie Bell, John Hurt, Es Harris, Ko Asung, Südkorea 2014, Laufzeit: 121 Minuten

Südkoreas Filmindustrie möchte den internationalen Markt erobern. Bisher tobte der Kampf zwischen Hollywood und den Filmproduktionsstätten in Seoul und Busan hauptsächlich auf der koreanischen Halbinsel, wobei Hollywood als klarer Verlierer dasteht. 2013 waren über 60% aller in Südkorea gezeigten Filme Eigenproduktionen (2012 waren es 59%). Die restlichen 40% teilten sich Produktionen aus Hollywood, Europa und anderen Ländern.

Mit dem Sensationserfolg Snowpiercer hatten die wenigsten gerechnet. Satte 40 Millionen Dollar kostete der Film. In den koreanischen Medien befürchtete man, einen grandiosen Flop zu produzieren. Immerhin scheiterten auch Stoker und Last Stand – beides Filme, die von koreanischen Regisseuren gedreht wurden – an den Kinokassen. Doch die Sorge war umsonst. Snowpiercer spielte die Kosten längst wieder ein. Selbst Bob Weinsteins inzwischen berühmt gewordene Äußerung, dass die Amerikaner zu doof für diesen Film seien, konnte dem Erfolg nichts anhaben.

Regisseur Bong Joon Hos Adaption eines französischen Comics spielt in einem Zug, der in einer Endlosschleife durch eine vereiste Welt zieht. Ein fehlgeschlagenes Experiment hat zur Abkühlung der Erde geführt. Innerhalb dieser Zeit hat sich in dem Zug eine Zweiklassengesellschaft gebildet. Während die Elite in den vorderen Abteilen lebt, hausen die Unterprivilegierten in den hinteren Abteilen. Allerdings haben die Bewohner der hinteren Abteile ihre Unterdrückung satt und planen den Aufstand.

Bong Joon Hos Film beinhaltet sämtliche Themen, welche heutige Gesellschaften plagen. In der Tat ist eine Entwicklung zu einer Zweiklassengesellschaft vorhanden. Manche Soziologen sprechen inzwischen auch von einer »Vermittelalterlichung«. Zudem sorgen sich nicht wenige Leute um die zunehmende Umweltzerstörung. Bong setzt den Fokus jedoch auf die Revolte, die sich in dem Zug abspielt. Er schafft daraus nicht nur ein farbenreiches und surreales Kunstwerk, sondern zugleich eine Mischung aus Satire, Groteske und heftiger Sozialkritik. Und jetzt das Besondere: All dies setzt er innerhalb des Rahmens eines Actionfilms. Man kann sich sicherlich denken, was Hollywood aus dem Film gemacht hätte. Bong aber verbindet hier hohen Anspruch mit knallharter Action und zeigt, dass beides sich nicht ausschließen muss. Dies ist übrigens ein Markenzeichen des modernen koreanischen Kinos und einer von vielen Aspekten, der zum immensen Erfolg des neuen koreanischen Films führte. Wer sich diesen Film ansieht, sollte dies auch in der Originaltonspur tun. Manche Gags, die durch die Mischung aus Englisch und Koreanisch entstehen, gingen durch die Synchro logischerweise verloren.

Ob Snowpiercer einen neuen Wendepunkt im koreanischen Kino darstellt, wird sich zeigen. Sicher ist nur, dass Bong ein Meisterwerk schuf, das seinen Platz in der Geschichte des Science Fiction-Films schon jetzt gefunden hat.

(mp)