Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Mahpiya-win – Die Entscheidung – Teil 4

Als die Sonne ihrem Zenit entgegen strebte, war das Unwetter vorbei. Das Land dampfte. Überall standen riesige Wasserlachen, Gräser und Strauchwerk glänzten wie frisch gebadet. Doch die Spuren des großen Regens verschwanden wieder rasch. Nach und nach verdunsteten die Pfützen und die Spuren des Regens verschwanden langsam. Reiter tauchten auf den Höhen der Sierra Carrizo auf. Langsam bewegten sich die fünf Männer hinunter in das Tal, in dem die kleine Siedlung eingebettet war. Der Ort wirkte wie ausgestorben, als die fünf Reiter mit ihren Pferden auf die Überlandstraße einschwenkten. Es fehlte das pulsierende Leben, dass eine schöne Stadt ausmachte. Es fehlten Kinderlachen, Schule und Kirche. Hier lebten Leute, die vor etwas geflüchtet waren, die am liebsten ihre Ruhe hatten. Ein beliebtes Ziel für Banditen, die nach ihren Beutezügen Rast machten. Reitern wie Pferden war anzusehen, dass ein langer Weg hinter ihnen lag. Sie waren staubbedeckt und den Reitern stand die Müdigkeit im stoppelbärtigen Gesicht. Alle fünf trugen lange Staubmäntel. Unbeirrt ritten sie an der Schmiede vorbei, aus der dumpfe Hammerschläge klangen. Der Wind schien den Atem vor dem Hauch des Bösen anzuhalten, der die Reiter umhüllte. Jeremiah Whitelock, der Anführer, wusste, dass sie Aufsehen erregten. Sie waren unrasiert und ihre Kleidung zerschlissen und dreckig. Das einzig Gepflegte an ihnen waren die Waffen, die in der brennenden Sonne um die Wette funkelten. Sie waren alle schwer bewaffnet.

Jeder trug zwei Revolver im Gürtel, dazu Messer und im Scabbard ein Gewehr. Viele Augenpaare folgten ihnen.

»Heavens«, sagte einer der Männer, als sie ihre Pferde schließlich vor dem Hitch Rack des Silverstar Saloons zügelten.

»Was ist denn das für ein trostloses Nest? Da geht es ja selbst auf dem Friedhof von Stanford lebhafter zu?«

»Woher willst du das wissen?«

Der Sprecher grinste vielsagend. »Ich bin in Stanford aufgewachsen und dort war wirklich der Hund begraben«

»Hört auf mit dem Gequatsche«, bellte Whitelock und stieg aus dem Sattel. »Ihr wisst, warum wir hier sind.« Er wickelte die Zügelenden um das Holz des Hitch Rack, ging mit wiegenden Schritten um sein Pferd herum und stieg die Stufen zum Vorbau des Saloons hoch. Mit federnden Schritten trat er ein und ging zum Schanktisch. Seine Begleiter folgten ihm einen Atemzug später. Hinter den Tresen stand ein glatzköpfiger Keeper, der vergeblich versuchte, ein schmutziges Glas mit einem noch schmutzigeren Tuch sauber zu bekommen. Er stellte das Glas zur Seite und blickte ihnen abwartend entgegen.

»Whisky für mich und meine Männer«, befahl Whitelock. »Aber nicht die Büffelpisse, die du sonst deinen Gästen ausschenkst, sondern aus der Flasche unter der Theke.«

Der Keeper zuckte zusammen und tupfte sich mit dem dreckigen Tuch den Schweiß von der Stirn. Sein Gesicht war blass und seine Hände zitterten, als er den Befehlen des Sichelbärtigen nachkam.

»Hast du einen Namen?«

»Percy Owens«, erwiderte der Mann hinter der Theke leise.

»Fein Percy, dann schenk mal ein. Auch einen für dich.«

»Danke, Mister.«

In der Stimme des Keepers hallte Nervosität wider. Seine Angst prallte förmlich gegen Whitelock. Schnell stellte er ein halbes Dutzend Gläser auf die Theke und schenkte aus einer bauchigen Flasche ein. Seine Hände zitterten dabei, mehrmals schlug der Flaschenhals klirrend gegen die Gläser.

»Nervös?«, fragte Whitelock spöttisch.

»Nein, nein«, antwortete Owens und schüttelte den Kopf.

Die Männer kippten sich grinsend den Alkohol in die Kehlen und beobachteten den immer nervöser werdenden Mann.

»Gibt´s hier auch Weiber?«, fragte Whitelock.

Owens grinste schmierig. Offensichtlich bekam er mit diesem Thema Oberwasser. »Ich hatte mal eine, aber das Luder ist abgehauen.«

Whitelock feixte. »Wahrscheinlich hast du es ihr nicht richtig besorgt.«

Der Keeper trat einen Schritt zurück und winkte abwehrend mit den Händen.

»Nein, nein, es ist nur so, dass die verdammte Hure ständig gejammert und geflennt hat. Ich musste sie praktisch zur Arbeit prügeln.«

»So eine hatte ich auch mal«, entgegnete Whitelock. »Vielleicht reden wir von derselben.«

Owens lachte. »Das glaube ich weniger. Meine hieß Belinda, sie war dunkelhaarig und ziemlich groß. Das Miststück dachte, sie wäre etwas Besseres.«

In diesem Moment wusste Whitelock, dass er sein Ziel gefunden hatte. Vor drei Monaten, im tiefsten Winter, kam er eines Tages von der Wolfsjagd nach Hause und fand seinen toten Schwiegersohn im Haus. Seine Tochter war verschwunden. Seither brannte der Hass in ihm wie eine lodernde Fackel. Er heuerte vier Männer an und verfolgte die Spur der Mörder und Entführer. Seine Begleiter waren Abschaum, keinen Deut besser als die Mörder, welche er verfolgte, aber für sein Vorhaben genau richtig. Eine harte Hand und Geld, mit diesen beiden Dingen konnte man sie im Zaum halten. Bereits kurze Zeit später schnappten sie einen der Banditen in einer abgelegenen Weidehütte. Seine Kumpane hatten den Mann zurückgelassen, der sein Pferd erschießen musste, da es sich bei einem Sturz ein Bein gebrochen hatte. Nachdem Whitelock seine Füße im Kaminfeuer röstete, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. Er erzählte, dass sie das Mädchen in einem heruntergekommenen Nest in der Sierra Carrizo verkaufen wollten, beschrieb den Weg dorthin und nannte die Namen des Käufers und seiner Kumpane. Sein Verrat nutzte ihm nur insofern, dass er einen schnellen Tod durch Whitelocks Kugel bekam. Jetzt war er hier, denn der Name des Käufers war Percy Owens. Mit einem Knall, der in der Stille wie ein Donner wirkte, stellte er sein Glas ab.

»Du verdammter Hurensohn. Belinda ist meine Tochter.«

Owens zuckte zurück und prallte gegen das Flaschenregal hinter ihm. Das primitive Brettergestell schwankte, Flaschen und Gläser schlugen klirrend gegeneinander.

»Nein, nein!« Owen spreizte die Finger seiner erhobenen Hände. »Es ist nicht so, wie Sie denken. Ich kann es erklären.«

Whitelock zog seinen Revolver und schoss. »Niemand nimmt ungestraft, was mir gehört. Auch die anderen Hurensöhne schnapp ich mir.« Owens verzweifeltes Röcheln und seinen Hilfe suchenden Blick quittierte er mit satanischem Grinsen. Als der Sterbende seinen letzten Atemzug tat, wandte sich Whitelock der Tür zu. Pulverdampf wehte in stinkenden Schwaden durch den Raum. Nun würden sie sich um die Einwohner kümmern. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn nicht einer von ihnen gesehen hatte, in welche Richtung Belinda oder die Entführer verschwunden waren.

Fortsetzung …