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Al Capone – Band 18

Al Capone
Band 18
O’Banions Ermordung

1. Kapitel
Der bekümmerte Frank Rio

Dion O’Banion hatte soeben in einer Zeitung, die er von einem Jungen gekauft hatte, von der Ermordung des Harry Benson Beltman, des Direktors des Chicago Herald, und von der Verhaftung seines mutmaßlichen Mörders, des deutschen Gangsters Ed Weller, gelesen.

»Bravo, bravo!«, rief der Ire vergnügt, während er sich die Hände rieb. »Alle Umstände sprechen gegen ihn. Niemand wird daran zweifeln, dass Ed Weller diesen Mann ermordet hat. Oh, das wird ihn teuer zu stehen kommen, dass er aus meiner Bande desertiert ist. Nicht einen Cent gebe ich für das Fell dieses Jungen. Noch ehe zwei Monate vorüber sind, sitzt er auf dem elektrischen Stuhl.«

Ein hasserfülltes Lächeln umspielte die dünnen Lippen des heimtückischen Irländers.

In ein paar Zeilen weiter meldete die Zeitung die Nachricht vom Tod Mike Merlos, des Vorsitzenden der UNION SICILIONA, einer gefürchteten Genossenschaft, die in Amerika die Fortsetzung der Mafia aus Italien bildete. Merlo war, obwohl er viele Feinde hatte, eines natürlichen Todes gestorben.

O’Banion blätterte weiter und fand sogleich eine andere Nachricht, bei deren Lektüre sein Gesicht einen unbeschreiblichen Ausdruck annahm. Diese Notiz besagte:

Fürchterliche Explosion einer Höllenmaschine in der Nähe des Eisenbahnviadukts in der Asher Avenue. Mehrere Verbrecher wurden schrecklich verstümmelt, ihre Leichname wurden in Stücke gerissen.

»Ich bin sicher, dass für diese heute bei mir keine Kränze bestellt werden«, meinte Dion, faltete die Zeitung zusammen und warf sie achtlos auf den Ladentisch.

Die Klingel an der Ladentür schrillte erneut. Diesmal öffnete er, um einen hochgewachsenen Mann einzulassen.

Dion, der sich erneut seiner Arbeit hingegeben hatte, hob den Blick und ließ seine Blumen sofort wieder fallen, als er seinen Besucher erkannte. Seine knochigen Hände fuhren unter die Schürze und packten die Griffe seiner Pistolen, die er dort verbarg.

Der eben Gekommene war niemand anderes als Frank Rio, genannt Kline, der unzertrennliche Begleiter Al Capones. Er kam allein. Er warf einen durchbohrenden Blick auf den Iren, der in gemütlichem Ton sagte: »Hallo, Frank! Welchem Umstand verdankt man deinen werten Besuch schon so früh am Morgen?«

»Kannst du dir das nicht denken, Dion?«

Frank Rio sah ihn böse an und fragte drohend weiter: »Was ist aus Scarface geworden?«

Der Ire verlor bei dieser Frage nicht einen Augenblick seine Ruhe. »Du willst wissen, was aus Al, dem armen Al, geworden ist? Nun gut, du, der du ihn so liebtest, bete für ihn …«

Frank Rio zuckte zusammen. »Willst du mir also damit sagen, dass Al tot ist?«

»Ja, Frank. Ich habe es nicht gewollt, aber er bestand darauf, sich mit mir zu schlagen. Mann gegen Mann habe ich ihn besiegt und bin seiner Herr geworden. Aber nun lastet eine große Schuld auf meinem Gewissen. Heute noch werde ich beim Geistlichen der Iren beichten und viele Messen für das Seelenheil und die ewige Ruhe Al Capones bestellen.«

Tatsächlich prahlten die Banditen Dion O’Banion und Hymie Weiß ihr ganzes Leben lang mit ihrer Frömmigkeit. Sie schenkten den Kirchen Wachskerzen und nahmen fromm an allen Prozessionen teil.

»Du hast also wirklich Al getötet, Dion?«, fragte Kline abermals mit bewegter Stimme.

»Ich habe dir eben gesagt, dass dies mein großer Kummer ist. Als guter Katholik verabscheue ich das Duell, ich behaupte, dass es eine bestialische Handlung ist.«

»Sprich nicht solchen Unsinn!«, unterbrach ihn grob Frank Rio. »Sag, hast du Scarface getötet? Hast du ihn in einem ehrlichen Kampf besiegt? Ja oder nein?«

»Ja, wieso denn nicht? Unser Kampf hat sich doch in dem engen Raum einer Gondel abgespielt! Du hast mir schließlich die Pistolen abgenommen, die du als Pfand behalten wolltest. Weder Scarface noch ich hatten etwas anderes als ein Messer. . . Unsere Bestimmung lag in den Händen des Geschickes, und es wollte, dass nicht ich, sondern Al fiel. Glaube mir: Als die Sache nicht mehr zu ändern war, habe ich selbst bitterlich um den armen Al geweint.«

»Heuchelei und Verstellung sind deine größten Gaben, Dion!«, versetzte Frank voller Verachtung. »Aber was wurde denn aus dem Ballon? Ich bin, besorgt um euer Ausbleiben, in den Park getreten und habe ihn überhaupt nicht mehr gesehen. Habt ihr etwa alle Taue losgeschnitten und ihn davonfliegen lassen?«

»Die Seile wurden auf Als ausdrücklichen Wunsch durchschnitten. Dieser, von meinem Dolch getroffen, stach mit seinem Messer unter Anwendung seiner letzten Kräfte in die Hülle des Ballons. Ich selbst musste, um mein eigenes Leben zu retten, ins Wasser springen. Es hätte nicht viel gefehlt und ich wäre ertrunken. Zum Glück ruderte ein Mann mit einem Boot auf dem See, sodass ich nicht den Fischen Gesellschaft leisten musste.«

»Und Al?«

»Der Ballon sank immer tiefer und tiefer und Al schläft wohl inzwischen den ewigen Schlaf auf dem Grund des Sees.«


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