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Vergessene Helden 12

Von einem Abenteurer, von Liebe, Hass und Verrat und vom plötzlichen Tod des Serienhelden

Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts holte sich das französische Fernsehen deutsche und ungarische Kollegen ins Boot und produzierte mit ihnen eine Abenteuerserie, deren Schauplatz etwas ungewöhnlich war. In jener Zeit spielten Serien dieses Genres hauptsächlich in Amerika oder in irgendwelchen, damals als exotisch geltenden Ländern in Afrika und Asien. Arpad, le tzigane, wie diese Serie im Original hieß, spielte dagegen in Ungarn. Einem Land, das bis dato sowohl die meisten europäischen wie auch internationalen Fernsehschaffenden eher stiefmütterlich behandelten. Bis dahin wurde Ungarn hauptsächlich mit Salami, Paprika oder Plattensee und Puszta in Verbindung gebracht und hierzulande vielleicht noch mit dem kitschigen Heimatfilm Ich denke oft an Piroschka, aber das war es dann auch schon.

Verständlich, wenn man bedenkt, dass Ungarn zu der Zeit noch zum sogenannten Ostblock gehörte. Doch das Regime in Budapest war wesentlich milder gestimmt als die Regierungen in Polen, der CSSR oder Rumänien und erlaubte Regisseuren wie István Szabó zum Beispiel internationale Ko-Produktionen in der ungarischen Filmszene einzubringen.

Als dann in den 60er und 70er Jahren von Ungarn aus eine neue Filmwelle über die Grenzen schwappte, die Cineasten in ganz Westeuropa in Verzückung versetzte, packten die Franzosen nicht nur aus Kostengründen die Gelegenheit beim Schopf und präsentierten ein Projekt, das wahrlich Hand und Fuß hatte. Eine schlüssige, noch dazu geschichtsträchtige Story, Action und Abenteuer satt, das Ganze gepaart mit Liebe und Verrat und alles zusammen vor einer grandiosen Naturkulisse. Dazu noch eine Filmcrew, die selbst bis in die Nebenrollen hinein mit damaligen internationalen Film -und Fernsehstars gespickt war.

Ty Hardin zum Beispiel, der in Hollywood bereits in dem Kinostreifen Die letzte Schlacht, einem Kriegsfilm zu sehen war, wo er an der Seite von so bekannten Größen wie Henry Fonda, Telly Savalas und Charles Bronson agierte und sich danach zu einem vielbeachteten Fernsehstar mauserte. Durch seine Hauptrollen in bekannten Serien wie den Westernreihen Cheyenne und Bronco oder der Abenteuerserie S.O.S. Charterboot, die allesamt auch in Deutschland zu einem grandiosen Erfolg wurden, war er auch den europäischen Fernsehzuschauern kein Unbekannter mehr. Zu ihm gesellte sich unter anderem der französische Schauspieler Robert Etcheverry, der in Frankreich hauptsächlich durch Fernsehserien wie Kommissar Moulin, Die Abenteuer des Chevalier de Recci oder Poly et le Diamant noir bekannt war, sowie der deutsche Filmstar Hela Gruel, die in mehreren Edgar-Wallace-Verfilmungen mitwirkte wie auch in der legendären Krimiserie Stahlnetz und in den Kinoklassikern Nacht fiel über Gotenhafen und Die Buddenbrooks.

Nicht zu vergessen die österreichische Schauspielerin Dorit Amann, die sich auf den Theaterbühnen von Klagenfurt, Basel, Wien und Hamburg einen Namen gemacht hatte und heute noch jedem Kritiker durch ihre Hauptrolle in dem Meisterwerk Gnade für Timothy Evans, einem Gerichtsthriller nach einer wahren Begebenheit, bestens bekannt ist.

 

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Die Handlung dieser besagten Serie beginnt in Ungarn im Jahr 1699 während der Kuruzenaufstände gegen die Österreicher. Diese haben die Ungarn von der Herrschaft der Osmanen befreit, entpuppen sich aber schon bald ihrerseits ebenfalls als Unterdrücker. Die Ungarn beginnen zu rebellieren. In den ersten Folgen von Staffel 1 übernimmt zunächst ein Schmied die Führung der Rebellen, dann ab Folge 9 Fürst Ferenc II. Bekeczy, gespielt von Werner Umberg, der durch die ZDF-Krimiserie Der Kommissar bekannt war. Gegenspieler der Aufständischen ist ein österreichischer Feldherr, der stets nur »Der General« genannt wird. Arpad gerät mit seinen Landsleuten zwischen die Kriegsparteien und wird von beiden Seiten nur mit Geringschätzigkeit behandelt. Eine Ausnahme bildet der besonnene Fürst Bekeczy, der mit Arpad Freundschaft schließt und ihn überredet, an seiner Seite gegen die Österreicher zu kämpfen, was Arpad fortan auch mit List und Humor macht, ohne dabei großartig Blut zu vergießen. Arpad zur Seite steht Rilana, seine große Liebe.

Edwige Pierre, Tochter eines Franzosen und einer Spanierin, die Rilana in der Serie verkörperte, war in Deutschland durch ihre Auftritte im Musical Hair und der Zirkusserie Salto Mortale bekannt, eine bildschöne Frau und mit ein Grund für die hohen Einschaltquoten der Serie. Sie erhielt für ihre Rolle 1974 sogar den Bravo Otto in Bronze, nachdem sie sich dort in der Kategorie Weibliche Schauspielerin gegen namhafte amerikanische und europäische Konkurrenz durchgesetzt hatte.

Die erste der dreizehn Folgen von Staffel 1 mit dem Titel Das Lager wurde am 27. März 1973 gesendet. Folge 13 Die Hinrichtung dann am 26. Juni 1973. Die Serie war ein solch großer Erfolg, dass umgehend eine zweite Staffel produziert wurde, die dann ab Juli 1974 ausgestrahlt wurde. Der Bastei-Verlag druckte daraufhin in seiner Comicserie Felix neue Abenteuer von Arpad ab, im renommierten Heyne Verlag erschien 1976 in Deutschland die 175 Seiten starke Taschenbuchausgabe Arpad der Zigeuner, Abenteuer eines Draufgängers von Thomas Münster und dann in den Niederlande zunächst ein 192 Seiten starkes Exemplar mit dem Titel Arpad en Rilana, dem wenig später der Nachfolgeband Nieuwe avonturen van Arpad folgte.

Es gab Tassen, T-Shirts und Poster mit Arpads Abbild, Hörspiele in Form von Schallplatten und vieles mehr.

Dann kam die 2. Staffel mit Folge 1 Zwischen den Fronten, ausgestrahlt am 16. Juli 1974 und dann Folge 13, was zusammen mit der ersten Staffel also Folge 26 war, die den Titel trug: Die Falle, gesendet am 8. Oktober 1974.

Und diese Folge hatte es in sich!

 

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Warum, wieso und weshalb weiß heute niemand mehr genau, es wird von Querelen in der Produktionsfirma gemunkelt, von hohen Kosten und, und, und.

Jedenfalls geraten in dieser Folge Arpad, Rilana und alle ihre Freunde in einen Hinterhalt jenes österreichischen Feldherrn, der nur als »Der General« bekannt ist. Arpad und Rilana werden getötet, wie viele andere ihrer Freunde auch, und Fürst Bekeczy gerät in Gefangenschaft.

Eine Serie, die von Folge zu Folge mehr Fans fand und immer höhere Einschaltquoten erzielte, wurde über Nacht sozusagen beerdigt.

Fans von Arpad mussten bis 2009 warten, bis alle Folgen in einer DVD-Box auf den Markt kamen. Im Fernsehen zeigte man Arpad nie mehr. Die einen sagen wegen Filmrechten, die anderen, dass Arpad beim ZDF im Giftschrank verschwunden ist, da die Serie in Deutschland Arpad der Zigeuner hieß und dieses Wort inzwischen als rassistisch gilt.

In Anbetracht dessen, dass hierzulande Bücherklassiker wie Pippi Langstrumpf oder Onkel Toms Hütte bereits umgeschrieben wurden, das Zigeunerschnitzel aus der Speisekarte der Restaurants verschwunden ist, der Mohrenkopf jetzt Schokokuss heißt und Kinder sich an Fasching nicht mehr als Indianer verkleiden dürfen, ist diese Möglichkeit gar nicht so weit hergeholt.

Quellenangabe:

(gsch)

Eine Antwort auf Vergessene Helden 12

  • Friedhelm Hippen sagt:

    Diese Serie kannte ich ja auch – das sind wieder Erinnerungen, die man sich als Oldie gerne in den Player schiebt. Robert Etcheverry hat mich immer ein bisserl an Peter Wyngarde (“Department S”, “Jason King”) erinnert – obwohl der Schnurrbart von Wyngarde natürlich viel üppiger war. Dass “Arpad” im TV nie wieder augetaucht ist, kann man schon fast als kleines “Mysterium” betrachten. Das Schicksal teilte die Serie ja auch mit einigen anderen, früheren Erfolgen, denen eine Wiederaufführung bis heute versagt blieb. Bestes Beispiel dürftefür mich (obwohl das hier gar nicht hingehört) die SF-Serie “Invasion von der Wega/The Invaders” gewesen sein. Es gab immer mal Gerüchte darüber, dass Sendelizenzen ausliefen, die man beim “ZDF” dann aufgrund zu hoher Kosten nicht wieder erwerben wollte.