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Des Teufels Reise durch einen Teil des Protestantismus 01

Des Teufels Reise durch einen Teil des Protestantismus
Aufzeichnungen einer hochgestellten Person
Verlag von Wilhelm Jurany. Leipzig. 1847

Ankunft in B.

Es war Freitag, den 1. November 18.. am Tage aller Heiligen, als Satanas des Abends um ¾ 12 Uhr mit Extrapost in B. einfuhr. Der Himmel war mit rabenschwarzen Wolken verdeckt und kein einziges Sternlein blickte durch die dicken Hängematten, mit welchen derselbe verschleiert war. Regen, mit gewaltigem Hagelwetter vermischt, stürzte von oben auf die Erde nieder und es war, als sollte diese mit schrecklichen Fluten abermals ersäuft werden. Ein furchtbarer Sturm mit seiner heulenden Stimme sauste durch die Luft, raschelte in allen Bäumen und peitschte die Regengüsse und Schlossen an die Häuser. Es war ein Wüten, als sollten alle Bäume entwurzelt und die Oberfläche der Erde umgekehrt werden. Alle Tiere des Feldes, selbst der Wolf und der Fuchs hatten sich in ihre Höhlen verborgen. Alle Fensterladen in der Stadt waren bereits mit Schrecken geschlossen, jedes Lämpchen in weiser Vorsicht gelöscht und alles, was Mensch heißt, Mann und Frau und Kind hatten in Furcht sich in ihren Federbetten vergraben. Nur einige Nachtwächter pfiffen an den Ecken der Straßen und leierten ihr altes Liedchen. Unter diesen schrecklichen und grauenerregenden Feierlichkeiten der Natur war Satanas inkognito in B. angekommen und stieg in dem Hôtel des invalides mit seinem treuen Diener ab.

Er forderte bei seinem späten Eintritt ins Hotel in seiner mit Pelzen vermummten Gestalt drei aneinander angrenzende Zimmer, eins zu seinem Schlafzimmer, das zweite zu dem Audienzzimmer für Besuche und zur Empfangnahme bewährter Freunde und ein drittes für seinen Lakaien, welchen er sich aus Rom mitgebracht und welcher dort lange Jahre bei dem Ordensgeneral der Jesuiten in Diensten gestanden und für seine Geschicklichkeit und außerordentliche Treue die besten Zeugnisse vorzulegen hatte. Er erklärte auch sofort bei dem Betreten seiner Gemächer, dass er von der weiten Reise etwas angegriffen und kränklich wäre, daher alle Bedienungen durch seinen eignen Lakaien werde besorgen lassen, ohne pekuniären Schaden jedoch für die historisch rechtlichen Diener des Hauses. Sein Versutio – dies ist nämlich der Name seines römischen Lakaien – musste ihm schnell eine Portion Tee besorgen und dazu einige Brotschnitten mit alter Butter, weil frische Butter von seinen Verdauungswerkzeugen verabscheut wurde. Nach dem Genuss dieser einfachen Nahrungsmittel sank er langsam zurück auf sein Sofa. Die Stirn war gefaltet, Gedanken eigner Art arbeiteten in seinem Inneren. Das Licht brannte auf dem Tisch, aber keine Hand putzte es, so sehr hatte sich Satanas in seinen Gedanken verloren.

Plötzlich schob er den Tisch etwas von sich, sprang auf, trat in das halbdunkle Zimmer. Auf- und niedergehend entwanden sich in einzelnen Intervallen abgerissene Sätze ohne Verbindung: »Es ist Zeit, hohe Zeit, dass wir endlich hier sind! … Es geht doch überall nicht, wo wir fehlen! … Würden sie doch immer so tun, wie wir raten! … Ach, die Einfältigen! … Warum ist doch ihre Zahl so groß? … Wie wenige von diesen Menschen kann man doch recht gebrauchen! … Es wird gehen! … Hier oder nirgends! … Es vereinigt sich so mancherlei in diesem Ort … Seit Jahren habe ich schon hierher mein Auge gerichtet und mich hierher gesehnt … Meine Hoffnung wird mich nicht täuschen … Der Ort liegt so zum Herzen von Deutschland zu … Die Lage ist trefflich … Haben wir nur erst hier festen Fuß gefasst, so wird sich das Weitere schon von selbst einfinden … G. wird für uns kein Schloss haben … W. ist uns dann leicht geöffnet. D. ist uns dann sicher. H. ist eine leichte Prise … Hier muss nun unser Stapelplatz angelegt werden. M. hat nicht die rechte Lage … Zwar die Verbindung mit R. ist dort leichter und näher, aber es liegt zu sehr am Rande … Am Ufer fängt man nur kleine und wenige Fische. Mitten auf der hohen See muss das Netz ausgeworfen werden, soll ein reicher Fang gemacht werden. Von hier aus muss nun operiert werden … Die Minen lassen sich von hier sehr leicht nach allen Seiten anlegen … O Torheit! … Warum hatten wir nicht schon früher diesen Gedanken? … Es ist viel versäumt … Mit den Leuten hier lässt sich alles machen. Mein Großvater wollte sie vor Jahren einmal zu Atheisten machen und durch einige französische Lieder wurden sie es … So leicht, so schnell! … Vor einem Menschenalter gebrauchte ich wieder der … verfluchten Andenkens! … Bürger, Soldaten, Helden … und siehe, die Philosophen und die Weltweisen fingen gleich an, ihre Gewehre mit eigener Hand zu putzen … Das war vorübergehend! … Ich hätte gewünscht, mich damals nicht hineinmischen zu dürfen … Sollen die Leute sich hier nicht wieder so leichtgläubig machen lassen? … Es muss zur Mode gemacht werden. Es muss zum Anstand und zur Bildung des hohen Publikums gehören … Es müssen einige nahe, sichtbare und fühlbare Interessen damit verbunden werden. Mit Regenwürmern fängt man Fischlein, mit Luder und Aas Füchse, Wölfe, Löwen, Raben und vielleicht auch Adler …«