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Jim Buffalo – 17. Abenteuer – Kapitel 4

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Die eiserne Frau
Das 17. Abenteuer Jim Buffalos
4. Kapitel

Marias Erzählung

Mit verweintem Gesicht, aber doch gefasst, betrat Maria das Stübchen, in welchem sich der Fremde wartend befand. Sie betrachtete ihn aufmerksam. Er hatte einen zwingenden Blick. Diesem Blick schien nichts verborgen zu bleiben.

»Ich wollte Sie sprechen, Señorita«, sagte Jim Buffalo.

»Bitte.« Sie blickte ihn groß und offen an.

»Sie sind von der Unschuld Toledos überzeugt?«, fragte der Fremde.

»Vollkommen.«

»Auch dann, wenn Sie wussten, dass er nicht Ihr Mann geworden wäre?«

»Auch dann!«

Jim Buffalo hatte sich erhoben und strich ihr über das Haar. Dann sprach er: »Was ist es für eine Geschichte, die diese Mauerreste dort oben in der grausigen Höhe umweht?«

Die drei Menschen machten ein wenig verwunderte Gesichter. Es kam ihnen seltsam vor, dass der Fremde plötzlich von dem Thema des verurteilten Fischers abkam und diese Frage stellte.

Maria setzte sich.

»Die Geschichte der Burg ist schon Jahrhunderte alt«, sagte sie beklommen. »Sie rührt noch aus jener Zeit her, wo die Kreuzfahrer gegen Jerusalem zogen, um das Heilige Land zu befreien.«

»Auch dort oben wohnte in einer solchen ein Kreuzfahrer. Er war ein gläubiger Mann und nannte sich Graf Pasquito. Leider trat die Gräfin, die viel jünger war als er, nicht in seine Fußstapfen. Sie führte einen liederlichen Lebenswandel. Vier Jahre blieb der Graf fort und kämpfte gegen die Ungläubigen. Mit Ruhm bedeckt, kehrte er zurück. Aber er fand die Burg seiner Väter nicht mehr vor. Sie lag in Trümmern.«

»Eine sonderbare Geschichte«, sagte Jim Buffalo kopfschüttelnd.

»Sie ist aber noch nicht zu Ende«, erzählte Maria weiter. »Die schöne Gräfin hatte sich in all den Jahren Geliebte über Geliebte auf dem Schloss gehalten.«

»Wenn sie des einen überdrüssig war, schaffte sie sich einen anderen an. Es gingen sonderbare Gerüchte im Land um. Diese Liebhaber, mindestens ein Dutzend an der Zahl, tauchten nämlich nie wieder auf. Sie verließen die Burg bei Nacht und Nebel, wie die Dienerschaft beschwor, aber sie blieben verschwunden. Es kam auch mehrere Male die Behörde und suchte in der Burg nach den Kerkern des einen oder des anderen der Verschwundenen, aber es war alles in Ordnung. Unverrichteter Sache mussten sie wieder abziehen. Eines Nachts geschah das Entsetzlichste. Es ist nie herausgekommen, wer die Schuld an dem Unglück trug, aber Tatsache ist, dass die Burg zusammenstürzte und die Trümmer von dem Felsen in die Schlucht fielen. Alles, was in der Burg am Leben war, kam um. Die Leichen lagen zerschellt am Fuße des Felsens. Es hat wahrscheinlich ein Gottesgericht stattgefunden, welches die frevlerische Gräfin und ihren sündhaften Anhang vollständig vernichtete. Es ist schon viele hundert Jahre her, Señor, und wir wissen nicht, ob die Erzählung Legende ist oder ob sie auf Wahrheit beruht, aber ich habe sie von meinen Großeltern erfahren und meine Eltern kennen sie auch nicht anders.«

Die beiden Fischerleute bestätigten die Erzählung ihres Töchterchens durch eifriges beistimmendes Kopfnicken.

Jim Buffalo war recht nachdenklich geworden. Die Erzählung war gewiss eine Legende, die sich durch Jahrhunderte hindurch erhalten hatte, aber möglicherweise war auch ein Fünkchen Wahrheit dahinter.

Er bedankte sich für die Auskunft und nahm den Imbiss, den man ihm bot, gern an. Dann erhob er sich. Es schien, als ob Maria immer mehr Zutrauen zu ihm fasste. Als er sie zu einer Fahrt in seinem Wagen einlud, gab sie ihre Einwilligung.

Erst als sie im Inneren der seltsamen Maschine saß, überkam sie ein großes Angstgefühl und sie wollte wieder heraus, aber es war bereits zu spät.

Die Zeitmaschine sauste in die Vergangenheit.

Als die leuchtenden Zahlen auf der Tafel erschienen, schrie Maria geängstigt auf. Aber Jim Buffalo beruhigte sie.

Er sagte zu ihr: »Alles, was ich jetzt unternehme, geschieht im Interesse Toledos. Ich werde versuchen, seine Unschuld festzustellen.«

Beklommen schwieg sie und sie heftete den bangen Blick auf den Mann neben ihr, der mit eisernen Nerven den Hebel am Zeitgriff der Teufelsmaschine hielt.

Und die Gegenwart verschwand – die Zahlen rasten in die Vergangenheit zurück, bis sie im Jahre 1640 angelangt waren.