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Slatermans Westernkurier 10/2022

Auf ein Wort, Stranger, kannst du dich noch entsinnen, wie das damals mit den Siksika war?

Ihr Name stammt aus dem Blackfoot und bedeutet Schwarzfuß, was sich von den Worten Sik = schwarz und ka = Fuß ableitet. Der Plural lautet Siksikáwa, also Schwarzfüße. Manche Historiker sagen, dass der Name wahrscheinlich von der Schwarzfärbung der Mokassins durch die Asche der Präriefeuer herrührt, andere wiederum behaupten, dass sie möglicherweise ihre Mokassins mit Absicht schwarz gefärbt hatten.

Sie waren eine der drei First Nation der Blackfoot (Nitsitapil), und da sie der nördlichste Stamm waren, wurden sie auch oftmals Northern Blackfoot genannt. Sie selbst bezeichneten sich als Sao-kitapiiksi, was in ihrer Sprache so viel wie Volk der Ebenen bedeutete.

Kulturell, historisch und sprachlich gehören sie, wie schon erwähnt, zu den drei First Nations der Nitsitapil, die zusammen mit ihnen aus den Stämmen der Káinawa, auch als Blood bekannt, und den Piegan bestand, wobei die Letztgenannten in die nördlichen Piegan, Apatohhsipikano oder auch Peigan genannt und in die südlichen Piegan, also Aamsskáápipikani, beziehungsweise Blackfeet unterteilt wurden.

Darum spricht man auch manchmal von den vier First Nations der Nitsitapil.

Die Gesamtbevölkerung dieser Stämme wurde vor den Kontakten zu den Europäern auf 15.000 bis 18.000 Stammesmitglieder geschätzt, wobei die Siksika mit ca. 2.000 bis 3.000 Stammesmitgliedern die kleinste Gruppe der Blackfoot Nation waren.

Die Siksika waren Nomaden und ihre Jagdgründe erstreckten sich über die östlichen Ebenen der Rocky Mountains zum Battle River im westlichen Saskatchewan und bis tief hinein in das kanadische Alberta. Obwohl sie auch des Öfteren bis in das Gebiet am Missouri River hinein wanderten, waren sie nur selten in amerikanische Angelegenheiten involviert oder schlossen mit ihnen irgendwelche Verträge, sondern standen den Briten und später den Kanadiern näher.

Die Konföderation der Nitsitapil hat geschichtlich stets nur auf der Büffel- und Antilopenjagd beruht. Sie kannten keine Dauerbehausungen und auch keinen Ackerbau bis auf das Sammeln von Tabak für Zeremonien. Diese Lebensweise geht auf jene Zeit zurück, als sie noch zwischen den Quellflüssen des Saskatchewan Rivers lebten und weder Pferde noch Kanoes kannten und mit primitiven Waffen jagten. Das änderte sich um 1730 schlagartig, als sie immer wieder von ihren Feinden, den Shoshonen, angegriffen wurden und dabei einige von deren Pferden erbeuten konnten.

Binnen kürzester Zeit waren die Nitsitapil sowohl als ausgezeichnete Reiter als auch für ihre großen Pferdeherden bekannt.

Ihre Raubzüge führten sie nach Süden bis nach Mexiko hinein und weit in den Norden Kanadas. Nachdem sie außer den Pferden auch Feuerwaffen erbeutet hatten, befanden sie sich in ständigem Kriegszustand mit ihren Feinden und das waren nicht wenige. Zu ihnen zählten die Franzosen und Amerikaner sowie die halbe Indianernation des Westens als da wären Sioux, Cheyenne und Arapahoe, Crow, Shoshonen, Assiniboine, Nez Percé, Cree, ja sogar die Kutenai und Flathead auf den Felsengebirgsplateaus; auch die Trapper der Hudson’s Bay Company, die der schottischen North West Company und der American Fur Company. Damit war also praktisch alles, was ihnen auf zwei Beinen über den Weg lief, ein Feind.

1829 schrieb der Franziskanerpater De Smet über sie: »Wo immer sie Weißer habhaft werden, schlachten sie diese in grausamster Weise ab.«

Der deutsche Völkerkundler Maximilian sagte 1833 dazu Folgendes: »Sie sind als die gefährlichsten Indianer und als die blutrünstigsten im ganzen Land hinreichend bekannt.«

Doch die Siksika konnten auch anders, das zeigen die Berichte mehrerer Weißer wie zum Beispiel Anthony Hendey, denen es gelungen war, Freundschaft mit ihnen zu schließen oder unter ihnen zu leben wie ihresgleichen.

John Stanley schrieb 1853 hierzu, dass sie überaus gastfreundlich und herzenswarm waren und das Eigentum des Gastes mit Argusaugen bewachten.

Den Beschreibungen dieser Weißen nach waren die Siksika-Krieger keine skalphungrigen Mörder, sondern freundliche Männer von apollonischer Statur mit großen, wissbegierigen Augen und langen schwarzen Haaren.

 

*

 

Jeder Stamm der Nitsitapil-Konföderation, egal ob Piegan, Blackfeet, Blood oder Siksika bestand aus mehreren Unterstämmen, von denen jeder einen Häuptling und einen mina maska = Sonnenpriester wählte, wobei Double Runner, Mad Wolf und vor allen Dingen Crowfoot und Curley Bear bei den Siksika die wohl bedeutendsten waren. Jeder ihrer Unterstämme wurde darüber hinaus von einer Hauptratsversammlung, der sogenannten Eskinoya, geführt, die einmal im Jahr während der religiösen Zeremonien des Sonnentanzes zusammentrat.

Die Siksika beteten Napea, das Sonnenlicht, an, dem sie in früheren, vorkolumbianischen Zeiten einmal im Jahr eine Jungfrau zum Opfer brachten. Dieser Brauch wurde aber schon bald durch die selbstgewählte Marter des Sonnentanzes ersetzt, der bis ins 20. Jahrhundert hinein Bestand hatte.

Alle Männer unterlagen einer strengen Klassifizierung in 7 Rängen, wobei der 7. Rang als der qualitativ höchste allein Einlass in die Ratsversammlung erlaubte.

Der 6. Rang wurde von den Häuptlingen der einzelnen Bands und den Unterhäuptlingen gebildet, die über die exekutive Polizeigewalt in der Ausführung der legislativen Ratsbeschlüsse verfügten. Der 5. Rang war für die Jagd, die Auswahl und den Wechsel des Stammeslagers verantwortlich. Die untersten vier Ränge bildeten je nach ihren Taten und Fähigkeiten die Krieger. Jeder Mann musste mindestens vier Jahre in jedem Rang verbringen, um in den nächsthöheren aufsteigen zu können. Häuptlinge und Ratsmitglieder wurden durch Wahl ermittelt.

1754 erreichten die ersten englischen Entdecker, von denen wir wissen, die Siksika. Einer von ihnen, eben jener oben erwähnte Anthony Hendey, manchmal auch Hendry genannt, verbrachte sogar den Winter 1754/55 bei ihnen. Ab 1780 dann handelten die Blackfoot Föderation mit den Briten, denen sie im Gegensatz zu den Amerikanern, die vom Missouri hinauf in ihr Gebiet kamen, freundlich gesinnt waren. Ein Umstand, der zum einen auf die Lewis und Clark Expedition 1806 zurückging, bei der die Expeditionsteilnehmer zwei Piegans getötet hatten, zum anderen auf das Geschäftsgebaren der Amerikaner. Während die Briten nach erteilter Erlaubnis in ihren Stammesgebieten Forts errichteten und sich dort Pelze von den Indianern erhandelten, fielen die Amerikaner ungefragt in ihre Jagdgründe ein und erbeuteten Pelztiere, ohne dabei die Indianer in irgendeiner Weise für die Jagd zu entschädigen. Praktisch wilderten sie in fremden Jagdgebieten. Anfang des 19. Jahrhunderts befanden sich die vier Stämme der Blackfoot auf dem Zenit ihrer Macht. Doch schon wenige Jahre später begann ihr Niedergang. Sie sahen sich plötzlich einem Feind gegenüber, den sie nicht bekämpfen konnten und der sie massenhaft dahinraffte.

Die sogenannte Zivilisation des weißen Mannes mit ihren Begleiterscheinungen Alkohol, Gier, Neid und eingeschleppte Krankheiten, gegen die das Immunsystem dieser Menschen keinerlei Abwehrkräfte besaß.

 

*

 

Bereits in den späten Jahren des 18. Jahrhunderts wurde die Blackfoot-Nation mit einer Krankheit konfrontiert, der sie völlig hilflos gegenüberstand. Die Pocken, die von 1780 bis 1782 in mehreren Wellen bis hoch nach Montana schwappten, forderten eine bis heute unbekannte, aber vermutlich hohe Zahl an Opfern in ihren Reihen. Die Siksika, die weit im Norden am Saskatchewan und im kanadischen Alberta lebten, waren nicht so stark betroffen, dafür traf sie die Grippeepidemie, die um 1835 zwischen dem Peace River und dem Athabasca bis hinauf zum Saskatchewan wütete mit voller Wucht. Man schätzt, dass über 10 Prozent aller Siksika dabei den Tod fanden. Die Auswirkungen der Epidemien waren so fürchterlich, dass im ganzen Norden der Pelzhandel über vier Jahre einbrach, weil die Indianer jeglichen Kontakt mit den Weißen mieden.

Doch nicht nur die eingeschleppten Krankheiten der Weißen trugen fast zum Untergang der Nitsitapil Nation bei, sondern auch die Massen der ins Land strömenden Siedler, die den Boden umpflügten und das Wild und damit die Lebensgrundlage der Stämme vertrieben.

Dabei taten sich die Amerikaner – im Gegensatz zu den Kanadiern – besonders hervor.

Sie, also die hier Erstgenannten, waren es, die beim Handel mit den Indianern bewusst mit Pocken infizierte Decken und Winterkleider einsetzten und dafür sorgten, dass die Büffelherden verschwanden. In Zahlen ausgedrückt wurde die Zahl der Bisons im Nordwesten 1874 noch auf ca. vier Millionen geschätzt, um 1881 waren es noch eine Handvoll.

Die den Indianern zugesicherten Gebiete wurden mit jedem neuen Vertrag immer kleiner, allein in Kanada verlor die Blackfoot Nation dadurch 160.000 Quadratkilometer ihrer Jagdgründe an die Regierung. Hunger und der Verlust ihres Landes trieben die Indianer in den Alkohol, an dem zwischen 1868 und 1873 ein Viertel ihrer Stammesmitglieder zugrunde ging und starb.

Von den 15.000 bis 18.000 Blackfoots um 1780 waren anno 1909 keine 5.000 mehr am Leben. Einzig und allein der Stamm der Siksika kam mit einem blauen Auge davon, ein Umstand, den sie ihrem damaligen Führer Isapo-Muxika zu verdanken hatten.

Dieser Häuptling, besser bekannt unter dem Namen Crowfoot, veränderte Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Unterzeichnung des Treaty No. 7 Vertrags die Lebensweise seines Volkes grundlegend. Ab 1877 siedelten die Siksika im knapp 700 Quadratkilometer großen Indian Reserve 146 bei Blackfoot Crossing im Osten von Calgary, wo sie sesshaft wurden und Farmen und Ranches bewirtschafteten. Einige von ihnen arbeiteten auch in einer Kohlenmine auf ihrem Land. Nach Verkäufen weiterer Teile des Reservates wurden sie zum wohlhabendsten Stamm der gesamten Blackfoot Föderation.

2022 bekam der Stamm dann nach langem Rechtstreit von der kanadischen Regierung für deren Landraub aus dem Jahr 1910 eine Entschädigung von umgerechnet 960 Millionen Euro zugesprochen.

Heute zählen die Siksika etwa 6900 Stammesmitglieder, von denen etwa 3900 in der Reservation 146 knappe 90 Kilometer von Calgary entfernt leben.

Häuptling Crowfoot wurde für seine Verdienste für das friedliche Zusammenleben von der Regierung am 16. Mai 1946 zur Person von nationaler historischer Bedeutung erklärt wurde. Er war es, der den Stamm 1885 während des kanadischen Bürgerkriegers veranlasste, neutral zu bleiben. Deshalb ist auch der Crowfoot Trail, eine der wichtigsten Straßen nach Calgary, nach ihm benannt.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieser Mann, der bis an sein Lebensende Frieden mit den Weißen gesucht hatte, ihnen die Untaten der vergangenen Jahrzehnte verzieh und versuchte, ihre Lebensweise seinem Volk näher zu bringen, an einer Krankheit starb, welche eben diese Weißen ins Land geschleppt hatten.

Isapo-Muxika verstarb am 25. April 1890 bei Blackfoot Crossing in Alberta an Tuberkulose.

Quellenhinweise:

  • https://siksikanation.com
  • Das große Buch der Indianer, Alle Stämme – Alle Kriege, 2002 Edition Lempertz, Bonn
  • Archiv des Autors