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Jim Buffalo – 11. Abenteuer – Kapitel 4

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Das Geheimnis der Stahlkassette
Das 11. Abenteuer Jim Buffalos

4. Kapitel

Das Geheimnis der Stahlkassette

Überspringen wir die nächsten Minuten und Viertelstunden, die zu den schrecklichsten gehörten, die unser Held überstand, und wenden wir uns gleich dem Ausgang dieses entsetzlichen Ringens zu.

Jim Buffalo erprobte Kämpfernatur hatte es doch zuwege gebracht, die tierische Kraft des Irren zu brechen.

Nun lag der Unglückliche röchelnd am Boden.

Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Sein Gesicht war verzerrt und die Nerven zuckten unter der blassen Haut wie in wildem Tanz.

Aufatmend trat Jim Buffalo zurück.

Um ein Haar wäre er in dieser öden tristen Zelle das Opfer eines Geisteskranken geworden – durch einen Schurkenstreich allerdings!

Für Buffalo stand es fest, dass Professor Ellison den Tobsuchtsanfall Fullers vorausgesehen hatte.

Aus irgendeinem Grund musste ihm daran liegen, Jim Buffalo zu beseitigen! Da mochte in seinem Hirn der Gedanke aufgestiegen sein, Buffalo mit dem tobenden Irren in diese Zelle zu sperren.

Vielleicht hoffte er, dass er das Opfer Fullers wurde.

Jim Buffalo knirschte mit den Zähnen.

Er wollte dem Professor seine Tat schon heimzahlen!

Lange genug sollte er der Leiter dieser Anstalt gewesen sein.

Dafür würde er schon Sorge tragen!

Jim Buffalo sandte einen drohenden Blick in Richtung Tür.

Dann jedoch wandte er sich der Kassette zu, die vorhin schon seine Aufmerksamkeit erregt und auf welcher Fuller bei seinem Eintritt gesessen, von der er auch gesprochen hatte, als er ihn zum ersten Mal angriff.

Während der Irre langausgestreckt am Boden lag und nicht fähig war, sich zu erheben, nachdem sein Wutrausch vorüber war, trat Buffalo hinter ihm in jene Ecke.

Vorsichtig griff er nach der Kassette.

Sie hatte ein mächtiges Gewicht.

Was mochte sich in ihr befinden?

Doch überrascht stellte er bald eine Merkwürdigkeit fest.

Der Deckel der Kassette war nämlich nicht zugeschlossen. Als ihn Buffalo nun anhob, sah er, dass das Innere der Kassette völlig leer war. Was hatte das zu bedeuten? Nachdenklich betrachtete sich Buffalo den eisernen Behälter von allen Seiten.

»Du willst mir das Geheimnis meiner Kassette rauben!«, hatte der Unglückliche gerufen.

Bildete er sich nun ein, die Kassette habe ein Geheimnis oder barg diese vielleicht ein solches?

Wie sollte er das feststellen?

Die Kassette unterschied sich in nichts von allen ähnlichen Erzeugnissen, wie sie von großen Firmen auf den Markt gebracht wurden.

Worin lag wohl das Geheimnis?

Plötzlich machte Jim Buffalo eine seltsame Entdeckung.

Die Kassette schien einen doppelten Boden zu besitzen.

Eine tiefe Erregung ergriff von dem Abenteurer Besitz.

Sollte hier des Rätsels Lösung zu finden sein?

Noch einen forschenden Blick warf er auf den sich am Boden wälzenden Mann, dann ging er ans Werk.

Im Nu hielt er einige kleine Werkzeuge in der Hand, mit denen er geräuschlos hantierte.

Nicht lange – und er sollte seine Mühe mit Erfolg gekrönt sehen.

Die untere Fläche der Kassette schob sich zur Seite.

Papier kam zum Vorschein …

Papier – Fetzen – von oben bis unten eng beschrieben …

Jim Buffalo zog es erregt hervor.

Hastig setzte er die Kassette nieder.

Dann durchflog er die Schriftstücke.

Sie waren sämtlich nummeriert – Jim Buffalo konnte sie von Anfang an der Reihe nach durchstudieren.

Was er da las, war dazu angetan, ihn bis ins Tiefste zu erschüttern.

Eine Tragödie war es.

Eine Tragödie, die ob ihrer Grauenhaftigkeit wohl einzig und allein in der Welt dastand.

In kurzen Worten sei hier wiedergegeben, was Jim Buffalo in einer langen Stunde las.

Vor zwanzig Jahren lebte James Walter Fuller mit seiner Frau Ellionore in glücklichster Ehe.

Er arbeitete an einem Serum, das die Pest künftig auf der Welt unmöglich machen sollte.

Da machte er die Bekanntschaft Professor Ellisons! Seit diesem Tag ging es mit seinem Glück bergab. Zwischen dem Irrenarzt und der Frau entspann sich hinter seinem Rücken ein unerlaubtes Liebesverhältnis.

Eines Nachts entdeckte er – Fuller – den Professor in den Gemächern seiner Frau.

Aus Frucht, ihm könne ein Leid geschehen, ließ der Professor den betrogenen Gatten in seine Irrenanstalt bringen, wo er ihn für unheilbar geisteskrank erklärte.

Die Serum-Erfindung verwahrte Fuller in der Stahlkassette. Als man ihn ergriff und fortschleppte, ließ er sich diese Kassette nicht entreißen. Da man sie für leer hielt und den doppelten Boden nicht entdeckte, ließ man sie ihm, sodass er sie auch mit in die Zelle bekam.

Dies alles hatte James Walter Fuller vor sechzehn Jahren in seiner Gefangenschaft niedergeschrieben – ein Zeichen, dass er damals in verbrecherischer Absicht hierher verschleppt worden war, denn er war damals nicht geisteskrank, sondern völlig normal.

Erst der sechsjährige Aufenthalt in diesen furchtbaren Mauern hatte ihn zu dem gemacht, der er heute war: einem Irren, der für seine Handlungen nicht mehr verantwortlich gemacht werden konnte!

Welch furchtbare Anklage enthielten diese Blätter für den Irrenarzt!

So hatte also die Frau dieses Mannes auf dem Totenbett die Wahrheit gesprochen!

Professor Ellison war ein Schurke!

Und nun wusste Jim Buffalo auch, aus welchem Grund er ihn der Wut des Irren ausgesetzt hatte: in der Hoffnung, den plötzlich aufgetauchten Feind auf diese Art und Weise zu beseitigen!