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Der Hexer Band 31

Robert Craven (Wolfgang Hohlbein)
Der Hexer, Band 31
Die Macht des Necronomicon

Horror, Grusel, Heftroman, Bastei, Bergisch-Gladbach, 10. Juni 1986, 64 Seiten, 1,70 DM, Titelbild: Lopez Espi

Hier oben lebte nichts mehr. Eine Laune des Schicksals hatte die eiserne Toreinfassung stehen lassen, während die schwarzen Basaltmauern zu beiden Seiten niedergebrochen und die Torflügel selbst – fünfmal so groß wie ein Mann und jeder einzelne sicherlich mehrere Tonnen schwer- aus ihren Angeln gerissen und davongeschleudert worden waren, fast eine Meile weit, wo sie nun wie Stücke aus verbogenem Kupferblech im heißen Sand der Mojave lagen.

Leseprobe

Die Welt des Hexers

Das ganze verzwickte Geschehen der letzten Bände noch einmal in Kurzfassung:

Im Pariser Hauptquartier der Tempelritter wird eines der Kristallhirne gestohlen, die die Tore der GROßEN ALTEN kontrollieren – und Sarim de Laurec, der Puppet-Master der Templer, der von dem Hirn beherrscht wird, entführt. Von einem Mann, der Robert Craven täuschend ähnlich sieht. Jean Balestrano, Oberhaupt der Templer, unterrichtet seine Verbündeten in aller Welt von dem vermeintlichen Verrat und erfährt dabei von den wahren düsteren Plänen Necrons, den er bisher für einen Freund hielt. Necron dient den GROßEN ALTEN, jenen Dämonen, die die Templer als ihre größten Feinde betrachten. So stellt Balestrano seine Rache an Robert noch zurück und zieht mit seinem Heer gegen die Drachenburg, den Sitz Necrons. Doch er weiß nur zu gut, dass seine Krieger allein den alten Magier nicht vernichten können. So geht Balestrano ein folgenschweres Bündnis ein: Er opfert vier seiner Master dem Dämon Baphomet, damit dieser die Drachenburg zerstört. Ein Wunsch, der ihm zwar erfüllt wird, doch schreckliche Früchte trägt.

Robert Craven erreicht auf der Suche nach Priscylla, die einst von Necron entführt wurde, kurz vor Balestrano die Burg. Zusammen mit seinen Gefährten, dem Häuptling Sitting Bull und Shadow, der El-o-hym, gerät er in die Gefangenschaft des alten Magiers.

Aber Necron macht ihm einen Vorschlag: Er will Priscylla freigeben, wenn Robert in die Dienste der GROSSEN ALTEN tritt, jener vorzeitlichen Götter, die zwischen den Dimensionen auf ihre Erweckung warten. Dies kann durch die SIEBEN SIEGEL DER MACHT geschehen – drei sind schon in Necrons Besitz, das vierte entpuppt sich als Roberts Medaillon, das er von seinem Vater erbte. Craven lehnt das Angebot ab – und verurteilt sich damit selbst zum Tode. Doch es soll anders kommen: Shannon, ein ehemaliger Schüler Necrons, der sich gegen seinen Meister stellte und von diesem in magischen Schlaf versetzt wurde, entkommt und hilft Robert in seinem letzten, entscheidenden Kampf. Mit Hilfe des Medaillons locken sie Necron in die Falle – der Alte versinkt in einem unterirdischen See aus Protoplasma. Und doch ist seine Rache – noch im Tode – furchtbar. Shadow stirbt an den Folgen der Folter, Shannon wird das Opfer eines heimtückischen Dolchstoßes – und Priscyllas Geist verschmilzt mit dem des NECRONOMICON, dem Buch des Bösen.

In diesem Moment greift das Templerheer die Drachenburg an! Von fünfhundert Mann überlebt ein knappes putzend, doch Baphomet löst sein Versprechen ein: Die Burg fällt! Nur Robert, Sitting Bull und Priscylla können sich aus den Höhlen unter der Festung retten …

 

*

 

Obgleich viele Stunden vergangen waren, seit die gigantische Festung in einem einzigen, ungeheuerlichen Ausbruch finsterer magischer Energien unterging, war die Luft noch immer voller Staub, der nur langsam herabsank, um sich wie ein körniges graues Leichentuch über die zerborstenen Mauern und Türme zu senken.

Es war ein Leichentuch, dachte Balestrano düster. Wer immer hier gewesen war, als sich die ungeheuerlichen Kräfte Baphomets in einem schwarzen Blitz gestaltgewordenen Hasses entluden, musste tot sein: vernichtet von den brodelnden Energien des Dämons oder erschlagen von den Trümmern der zusammenbrechenden Wände und Türme. Es fiel dem weißhaarigen Ordensherren der Templer schwer, in diesem Bild aus Chaos und Verwüstung noch die dräuende schwarze Zackenkrone zu erkennen, als die sich die Drachenburg noch bei Tagesanbruch auf dem Berggipfel erhoben hatte.

Diese Burg war alt gewesen, unglaublich alt. Vielleicht hatte sie schon hier gestanden, bevor es Menschen auf diesem Kontinent gab, möglicherweise auf der ganzen Welt. Weder die Jahrhunderttausende noch die zahllosen Feinde, die in ihrem Verlauf vor ihren Toren erschienen waren, hatten ihr etwas anhaben können. Er hatte sie vernichtet. Mit einem einzigen Wort. Balestrano verdrängte den Gedanken, stieg vorsichtig über ein zermalmtes Etwas hinweg, das aus Metall bestand, dessen ursprüngliches Aussehen er aber nicht einmal mehr erraten konnte, und wartete, bis das knappe Dutzend Tempelritter, das ihm folgte, zu beiden Seiten ausgeschwärmt war, um ihren weiteren Weg zu sichern. Er spürte, dass keiner der Männer, die diese Burg besetzt hatten, noch am Leben war. Aber Necron war ein Magier gewesen, und nicht alle Feinde, auf die sie stoßen mochten, mussten lebende Wesen sein …

Jean Balestrano wischte auch diesen Gedanken beiseite, stieg umständlich über ein zyklopisches Gewirr von Stein- und Metalltrümmern hinweg und sah sich mit einer Mischung aus Furcht und Neugier um.

Es gehörte sehr viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie diese Burg einmal ausgesehen hatte. Die vier Ecktürme, deren Aussehen der Burg ihren Namen gegeben hatte, waren verschwunden; nicht einmal mehr Spuren waren zurückgeblieben, denn die magischen Kräfte, die die steinernen Drachen für Augenblicke zum Leben erweckt hatten, hatten jeden einzelnen Stein regelrecht pulverisiert. Und die wenigen Sekunden, die die vier Giganten gewütet hatten, hatten ausgereicht, in der Festung im wahrsten Sinne des Wortes keinen Stein mehr auf dem anderen zu lassen.

Balestrano empfand nicht die geringste Spur von Triumph beim Anblick all dieser Vernichtung. Er war hierhergekommen, um die Drachenburg zu zerstören und ihren Herren zu töten. Er hatte beides getan, das war alles. Und er hatte dafür bezahlt. Schrecklich hoch bezahlt.

Aber alles, was er empfand, war eine Art kalten, fast wissenschaftlichen Interesses – und eine noch leise, aber allmählich aufkeimende Sorge. Necron war geschlagen, seine Burg vernichtet, aber das hieß nicht, dass die Gefahr vorüber war. Es war nur eine weitere Runde in dem niemals endenden Ringen zwischen Gut und Böse gewesen, die er gefochten und zu seinen Gunsten entschieden hatte, aber das Böse war zäh, und in dieser durcheinandergewirbelten Ruine allein mochten genug Schrecken verborgen sein, es neu und vielleicht schlimmer auferstehen zu lassen.

Für einen Moment hatte Balestrano eine Vision – eine fürchterliche Vision: Er sah Menschen durch die Überreste dieser verfluchten Burg stolpern, fasziniert von dem, was sie entdeckt hatten, und besessen von dem Gedanken an Gold und Schätze, die sie aus den Trümmern ausgraben konnten. Und dann sah er sie, beladen mit Dingen aus Gold und edlen Steinen, in denen das Böse schlummerte wie ein unsichtbares Gift, wieder zurückgehen und das Böse in die Welt der Menschen tragen.

Nein, dachte er. So weit durfte es nicht kommen. Es stand nicht in seiner Macht, diese Burg und alles, was unter ihren Trümmern verborgen lag, vollkommen zu vernichten, aber er würde Sorge dafür tragen, dass sie bewacht wurde. Der Heilige Orden des Tempels Salomon würde einen neuen, geheimen Stützpunkt bekommen; hier, an einem der verlassensten Orte der Welt.

Aber im Moment gab es Wichtigeres zu tun.

Flüchtig dachte er an die vier Toten, die in der Ruine des Kastells eine halbe Stunde bergab lagen und darauf warteten, beigesetzt zu werden, dann hob er die Hand und winkte einen seiner Männer herbei.

»Du wirst die Leute aufteilen«, sagte er. »Bildet kleine Gruppen, immer zwei oder drei Mann, Und rührt nichts an, ganz gleich, wie harmlos oder verlockend es scheint.«

Der Templer nickte. Es gelang ihm nicht ganz, seine Nervosität zu verbergen. Und seine Angst. Sie alle spürten den Atem finsterer Magie überdeutlich, der noch immer zwischen den Trümmern der Burg hing. Balestrano wusste, dass seine Warnung ganz und gar überflüssig war. Die Männer wussten genau, was sie suchten.

Einen Toten. Genauer gesagt – zwei.

Den Leichnam Necrons, ohne dessen Anblick Balestrano niemals die absolute Gewissheit haben würde, den finsteren Magier wirklich getötet zu haben.

Und den eines zweiten Mannes, den Jean Balestrano beinahe ebenso sehr hasste wie Necron, wenn auch längst nicht so lange. Aber auch für ihn galt dasselbe wie für Necron. Balestrano würde nicht eher ruhen, bis er vor ihm lag.

Der Leichnam Robert Cravens.