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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 25

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band
XXV. Eine Falle

Man wird bereits begriffen haben, dass der Brief, den Jacobson empfangen hatte, nicht von der Baro­nin war. Dieselbe hatte wohl beabsichtigt, den Kapitän von dem edlen Streich ihres Gemahls zu benachrichtigen. Ihr Schreiben war jedoch dem Obersten der sie teils selbst bewachte, teils bewachen ließ, in die Hände gefallen. Nach Maßgabe des Stile desselben hatte der brave Herr ein anderes Schreiben abgefasst und dies an Jacobson abgeschickt, wobei sich sein Hass gegen denselben womöglich noch steigerte.

Seinen Raub hatte der Oberst wirk­lich ohne alle Schonung des Gefühle der armen Frauen dadurch gesichert, dass er sie dem Gefäng­nis für Verbrecher übergeben.

Nur mit Mühe hatten die Damen durch Bitten erlangt, zusammenbleiben zu dürfen. In welchem Zustand sie sich befanden, kann man sich ungefähr denken.

Seit der Oberst das Schreiben abgesendet hatte, war er doppelt wachsam. Sein Herz frohlockte, als ihm seine Abgesandten eine zustimmende Antwort des Kapitäns überbrachten.

Doch grade, weil er so heiter gestimmt war, erriet die Frau, dass er etwas vorhabe, was schon halb gelungen sein müsse. Sie versuchte ihn deshalb durch Spott zum Sprechen zu bringen.

Der Baron ärgerte sich, schwieg jedoch und schickte an dem bestimmten Abend seinen Diener ab, um am Ort des Rendezvous zu warten.

Er selbst begab sich einige Zeit später dahin und wartete mit jenem fast bis zum Morgen, doch wer nicht kam, war der Freischiffer Jacobson. Der Diener bekam seine Tracht Schelte und mürrisch betrat der Oberst seine Wohnung, wo er an der fast ausgelassenen Heiterkeit seiner Gemahlin erkannte, dass er überlistet worden war. Dass Jacobson nicht so leicht zu fangen sei, wie er gedacht, hätte der Oberst vorher wissen können.

Jacobson hatte sich von der Seite her nach der das Frankentor lag, der Stadt genähert, doch nur, um die Leute aufzusuchen, bei denen sein Spion geherbergt hatte.

Von hier schickte er die Frau zu deren Wohl­täterin mit der Nachricht, dass er auf ihren Wunsch angekommen sei und ließ sie bitten, ihm einen Ort zu bestimmen, wo er sie sprechen könne.

Die Dame verwunderte sich über diese Meldung nicht wenig, durchschaute aber sofort das Manöver ihres Gemahls und war nicht wenig erfreut, dem­selben eine Nase drehen zu können.

Sie bestimmte daher den Abend und als Ort den Kirchhof vor dem Kniegertor, wo sie in dem Begräbnisgewölbe der Familie zusammenkommen wollten.

Jacobson lächelte über den Ort, als er den Bescheid erhielt, ging außerhalb der Wälle und der Seen um die Stadt und war bereits lange vor der bestimm­ten Zeit auf dem Kirchhof.

Die Dame kam sehr spät, weil sie nicht eher fortzugehen wagte, bis ihr Gemahl das Haus verlassen hatte.

Als sich die beiden begegneten, wechselte man nur einen kurzen Gruß, die Baronin ging dabei weiter, der Kapitän folgte. Man betrat das Ge­wölbe. Die Dame machte Licht an und zog die Fenstergardinen zu.

»Setzen Sie sich, Kapitän«, sagte die Dame.

Jacobson tat es.

»Sie werden sich gewiss über den Ort unseres Zusammentreffens wundern!«, fuhr die Baronin fort, »doch ich will Ihnen nur beweisen, dass ich nicht weniger klug bin als Sie; hier wird man uns sicher nicht suchen!«

»Gewiss nicht!«, bestätigte jener.

»Ich will Ihnen außerdem beweisen, mein Herr, dass ich ebenfalls Mut habe. Ich gehe hier­her nämlich öfter des Nachts, weil an diesem Ort das einzige Wesen ruht, welches mich einst liebte, nämlich eine Schwester!«

Jacobson verbeugte sich. »Ich habe an Ihrem Mut nie gezweifelt, gnädige Frau!«

»Ich danke Ihnen. Zu der Hauptsache nun ich habe allerdings an Sie geschrieben, doch nicht, dass ich Sie hier sehen und sprechen wollte. Mein Brief muss also unterschlagen und der, den Sie erhalten untergeschoben sein!«

»Wirklich.«

»Ich versichere Sie – ohne Ihre Vorsicht wären Sie jetzt vermutlich schon Ihrer Freiheit beraubt!«

»Ich wendete diese Vorsicht an, um etwaige Unvorsichtigkeiten Ihres Dieners wirkungslos zu machen, doch glaubte ich wirklich, der Brief wäre von Ihnen, gnädige Frau!«

»Sie hören nein! – Sie wissen aber, weshalb ich schrieb?«

»Die Damen der Griebenschen Familie sind hinterlistiger Weise aufgehoben und hierher geführt worden!«

»Das ist es ja! Und Sie wollen dieselben befreien!«

»Unter allen Umständen.«

»Haben Sie bereits Ihren Plan gemacht!«

»Ich muss dazu wissen, wo sich die Damen befinden!«

»Im Gefängnis!«

»Unmöglich!«

»Ich versichere Sie;  Sie durften von dem Obersten von Staelswerd nichts anderes erwarten!«

»Mehr als schändlich!«

»Das sage ich auch und leiste Ihnen darum so viel bereitwillige Hilfe!«

»Ich danke, gnädige Frau!«

»Übrigens wird mein Gemahl sicher die Da­men freilassen, wenn Sie sich ihm statt dessen überliefern würden!«

»Es wird geschehen, wenn kein anderer Weg übrig bleibt!«

Die Baronin seufzte. »Glauben Sie!«, fragte sie lebhaft, »dass ich in diesem Augenblick an Stelle des Fräulein Clara von der Grieben sein möchte!«

»Ich sehe keinen Grund dazu, gnädige Frau!«

»Sie scheinen in manchen Dingen schwer zu begreifen!«

»Die Bescheidenheit gebietet es mir!«

»Glauben Sie, dass der Baron von Staelswerd mich aus einem Gefängnis zu befreien suchen würde, zumal wenn Ehre und Leben auf dem Spiel ständen!«

Der Kapitän zuckte mit den Schultern.

»Das ist die richtige Antwort!«, erwiderte die Baronin, »doch jetzt genug davon, was gedenken Sie zu tun?«

»Ich muss erst das Terrain kennenlernen! Inwieweit darf ich vielleicht Ihre Hilfe beanspruchen?«

»So weit Sie wollen!«

»Ich werde das behalten, gnädige Frau, und Ihnen weitere Mitteilungen machen.

Vorläufig meinen Dank; sollte ich jetzt oder später dienen können, so dürfen Sie ganz über mich be­fehlen.«

»Ich akzeptiere dieses Anerbieten«, sagte die Dame.

Man schied und Jacobson wagte, die Baronin fast bis nach Hause zu begleiten. Dann eilte er zum Gefängnis, dessen Lage genau zu besichtigen, und war, noch lange bevor der Oberst von seinem resultatlos besetzten Lauerposten zurückgekehrt war, wieder außerhalb der Stadt. Der Baron beschloss nun, seine Gemahlin noch schärfer als bisher zu beobachten. Für gute Bewachung des Gefängnisses hatte er bereits Sorge getragen.