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Der Welt-Detektiv Band 6

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Deutsche Märchen und Sagen 152

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

197. Der verfluchte Wald bei Hanau

Bei Hanau liegt ein Wald, den die Umwohner den verfluchten Wald nennen, weil die Eichenbäume, die ihn bilden, nie Eicheln tragen. Man sagt, dass ehedem einmal zwei Leute über das Recht, die Eicheln dort aufzulesen, in Zwist geraten seien und dass einer derselben dabei eine Verwünschung ausgestoßen habe, infolge deren fortan nicht eine Eichel mehr dort gewachsen sei.

198. Kind aus dem Knie

Zu Nadsloo bei Dixmüde in Westflandern sieht man in der Kirche einen Grabstein, worauf folgende wunderbare Geschichte ausgehauen steht.

Es war einmal ein Mann im Dorf, der war dem Trunk und dem Fluchen auf eine gräuliche Weise ergeben. Es begab sich, dass seine Frau guter Hoffnung wurde. Als nun aber die Stunde kam, dass sie gebären sollte, da trat der Mann just ins Haus, trunken und fluchend, dass ein Stein darob hätte springen mögen. Die Frau rang und schrie in ihren Schmerzen, er solle doch zu einer Wehmutter gehen, die ihr beistehe; aber er lachte darüber, fluchte weiter und ließ die arme Frau ohne alle Hilfe, sodass sie eines jämmerlichen Todes starb. Ehe sie aber die Augen schloss, wünschte sie ihrem gefühllosen Mann, dass er dieselben Schmerzen erdulden müsse, die sie nun erduldet habe. Mit dem Wunsch verschied sie.

Noch war sie nicht lange tot, als des Mannes rechtes Bein gewaltig zu schwellen anfing und immer mehr schwoll, bis zu einer Dicke, die noch nie erhört worden war. Die Ärzte taten allerhand dafür, legten Pflaster und Salben auf, aber alles blieb vergebens. Das dauerte neun ganze Monate. Als diese herum waren, da nahmen eines Morgens die Schmerzen auf eine grausame Weise zu und ließen nicht nach während dreier Tage. Die ärgsten Foltern und Martern der Welt hätten nicht so peinigen können. Am Ende des dritten Tages aber öffnete sich das Bein in der Gegend des Knies und – das war das Wunderbarste – es ging ein lebendiges Kind daraus hervor, welches jedoch bald mit dem Mann starb. So ging der Wunsch der Frau in Erfüllung.

Weil die Geschichte so merkwürdig war, hat man sie auf dem Grabstein ausgehauen und sie daneben auch in den Kirchenbüchern aufgeschrieben.