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Sagen der mittleren Werra 32

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Von der gespenstigen Braut in Niederschmalkalden

In Niederschmalkalden erschien, freilich schon vor langen Jahren, einem aus der Familie Hess um Mitternacht eine bildschöne Jungfrau in ihrem bräutlichen Schmuck. Der Mann erschrak und kroch unter die Decke. In der folgenden Nacht hatte er dieselbe Erscheinung. Da ging er zu seinem Pfarrer, berichtete ihm über das Gesicht und bat um seinen Rat und Beistand. Als nun in der dritten Nacht die Braut wieder kam, fragte er sie ermutigt, was sie wolle. Darauf teilte sie ihm mit, dass sie seit hundert Jahren zwischen Himmel und Erde schwebe und ebenso lange auch der Seligkeit entbehre. Die aber würde ihr nicht eher zuteil, bis der Schatz, den sie wegen einer sündhaften Tat aus Strafe zu bewachen habe, gehoben sei. Der Schatz aber würde denjenigen glücklich machen, der ihn hebe und ihn habe sie zu diesem Werk ausersehen. Das tiefste Stillschweigen jedoch sei dabei zu beobachten, da sie sonst bei dem leisesten Wörtchen wiederum hundert Jahre auf Erlösung warten müsse.

Hess erklärte sich bereit und bald darauf waren die beiden außerhalb des Dorfes. Dort aber gesellte sich noch ein Dritter zu ihnen. Es war ein schwarzer Hund von ungewöhnlicher Größe mit feurigen Augen, der den ängstlich sich umschauenden Mann bei jedem Schritt mit der Schnauze in die Kniekehle stieß.

Bis an die ungetreue Brücke hatte er dies schweigend ertragen, dort aber platzte ihm unwillkürlich ein Wist de furt! heraus und weg war der Hund.

Die Braut aber seufzte dreimal und schwebte dann vor seinen Augen als leuchtendes Dunstgebilde hinauf zur Totenwart.

Noch lange stand der Erschrockene, unverwandt den Blick nach einem dort grell erleuchteten Zimmer gerichtet, da, bis auch dieses dunkler und immer dunkler wurde.