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Jim Buffalo – 6. Abenteuer – Kapitel 1

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Der Läufer von Marathon
Jim Buffalos 6. Abenteuer

1. Kapitel

Im Dienste der Menschheit

»… so behaupte ich, dass sich die Wüstenstadt Fitri vor zweitausend Jahren drei Kilometer von der heute noch stehenden Pyramide Gar el Hama in südlicher Richtung erhoben hat!«

»Ich bleibe dabei, dass Fitri vor zweitausend Jahren von den Ureinwohnern Ägyptens bereits verwüstet war!«

Die Teilnehmer des Kongresses zur Erforschung zur Weltgeschichte lauschten gebannt dem Wortwechsel der beiden Professoren, die in einer Aussprache über die heute längst verschwundene Wüstenstadt aneinandergeraten waren.

»Vor zweitausend Jahren«, nahm Professor Sinclair wieder das Wort, »im Jahre 78 vor Christi, muss die Stadt noch gestanden haben, denn aus den Überlieferungen Sciveros geht hervor, dass die Ägypter zu dieser Zeit in Fitri den Grundstein zu einer Pyramide legten, die jedoch nicht vollendet wurde, weil ein feindliches Nachbarvolk die Stadt im Jahre 49 vor Christi dem Erdboden gleichmachte!«

»Und ich behaupte nach wie vor, dass Fitri vor zweitausend Jahren bereits verwüstet war!«, schrie Professor Norway zurück. »Ich halte mich nicht an die Überlieferung Sciveros, sondern an die des Römers Gajus Laudantus, der von Fitri zu berichten weiß, dass diese Stadt bereits 1250 vor Christi nicht mehr zu finden war! Fitri ist 1800 vor Christi verwüstet worden!«

»Das sind infame, haltlose Behauptungen!«, brüllte Professor Sinclair.

»Nein, es ist Tatsache! Jedoch die Worte sind …«

Der Vorsitzende griff zur Glocke.

»Ruhe, meine Herren!«, rief der, sodass sich die beiden gelehrten Kampfhähne wohl oder übel über den Abschluss der Debatte zufriedengeben mussten.

»Es ist wohl zwecklos, sich über diesen Punkt noch länger zu unterhalten. Kein Mensch wird imstande sein, die Weltgeschichte und ihre genauen Jahreszahlen kontrollieren zu können. Professor Sinclair behauptet, Fitri habe im Jahr 78 vor Christi noch gestanden, während Professor Norway angibt, die Stadt sei bereits im Jahre 1250 vor Christi zerstört gewesen! Also eine Differenz von über tausend Jahren. Meine Herren! Nie wird die Differenz irgendwie klargestellt werden können, denn noch sind wir nicht so weit, dass wir uns in die Vergangenheit zurückversetzen und uns von der Wahrheit oder Hinfälligkeit solcher Behauptungen überzeugen können!«

»Doch, doch!«, erklang plötzlich eine markige Stimme. »Wir können uns nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft versetzen!«

Verwunderte Blickte folgten zu dem Sprecher hinüber, der sich nun, neben einem Greis sitzend, erhob und seine Blicke hell leuchtend über die Versammelten schweifen ließ.

Der Vorsitzende machte ein unwilliges Gesicht.

»Ich finde diese Stunde für Späße wenig angebracht«, rief er ärgerlich.

Da richtete sich der Sprecher hoch auf. »Späße?«, rief er, dass seine Stimme selbst in der äußersten Ecke des riesigen Saales deutlich zu vernehmen war. »Späße? Es ist mir nie ernster und feierlicher zumute gewesen als in diesem Augenblick!«

»Wer sind Sie?«

»Jim Buffalo!«

Ein Raunen ging durch den Raum. Jim Buffalo! Das war Jim Buffalo!

Der Mann, von dem die Zeitungen in den letzten Tagen spaltenlange Berichte gebracht hatten!

»Ihr Name beweist mit allerdings, dass Sie es verschmähen, Späße in ernsten Angelegenheiten zu machen. Doch eine Frage: Wie kamen Sie hier herein? Soviel ich weiß, gehören Sie nicht der Gesellschaft für Erforschung der Weltgeschichte an, oder?«

»Allerdings. Mein Vater führte mich ein.«

Der Vorsitzende verbeugte sich leicht zu dem Greis hin, der neben Jim Buffalo seinen Platz hatte. Dann wandte er sich wieder an Letzteren.

»Darf ich um eine Erklärung Ihrer Worte von vorhin bitten?«

»Gewiss. Ich befinde mich im Besitz einer Maschine, mit der ich Zukunft und Vergangenheit nach meinem Wunsche bereisen kann. Wenn der Gesellschaft für Erforschung der Weltgeschichte daran liegt, zu wissen, wann die Wüstenstadt Fitri ihren Untergang fand, so kann ich die genaue Feststellung wohl erbringen.«

Ein Sturm der Gemüter erhob sich. Der sonst so ruhige Professor Norway stürzte sich auf Buffalo.

»Nicht wahr, Sie werden die Gewissheit erbringen, dass Fitri bereits 1250 vor Christi zerstört war.«

»Ich werde sehen, was sich tun lässt«, gab Jim Buffalo lächelnd zurück.

An eine geordnete Weiterführung der Versammlung war nicht mehr zu denken. Die Geschichtsforscher und Professoren umringten den abenteuerlichen Mann und richteten Hunderte von Fragen an ihn.

»Dann können Sie ja auch die Christenverfolgungen in Rom miterleben!«

»Dann würden Sie ja in der Lage sein, das Leben und Treiben der Germanen zu studieren!«

»Dann könnten Sie ja feststellen, ob Kolumbus wirklich der erste Europäer war, der amerikanischen Boden betrat!«

»Dann können Sie ja auf den Tag genau den Untergang der Welt ergründen!«

»Dann können Sie ja auch genau feststellen, seit wann die Erste besteht!«

»Und wie sie damals aussah!«

»Und welche Lebewesen auf ihr wohnten!«

Beschwörend hob Jim Buffalo die Hände.

»Das alles kann ich erfahren!«, rief er. »Doch mein erstes Werk für Ihre Gesellschaft soll sein, den Untergang Fitris zu bestimmen. Dann wird es sich herausstellen, ob Professor Sinclair oder Professor Norway recht gehabt hat!«

Brausende Hochrufe durchzitterten das Haus.

Jim Buffalos Weg von seinem Platz bis zur Tür glich einem Triumphzug. Tausende Wünsche für gutes Gelingen begleiteten ihn.

Noch am selben Abend gaben die New Yorker Zeitungen Extraausgaben heraus, die teils das Vorhaben Jim Buffalos anzweifelten, teils jedoch flammende Worte des Ansporns fanden.