Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Die Gespenster – Dritter Teil – 11. Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Elfte Erzählung

Beweis der Möglichkeit, von bösen Geistern gebannt zu werden

Ich reiste einmal mit einem lustigen Gefährten Extrapost in einer schönen Sommernacht durch den Thüringer Wald. Wir erzählten einander zum Zeitvertreib allerlei muntere Geschichten, Anekdoten und Geistermärchen. Die Letzteren interessieren unseren horchenden Postknecht am meisten und er schwor, dass ihm während seines vieljährigen Postdienstes schon mancher Possen von Geistern gespielt worden wäre.

Wir lachten herzlich. Indessen wurde es immer finsterer, so, dass der Kerl kaum einige Schritte vor sich sehen konnte.

Auf einmal konnten wir nicht weiterfahren. Der Wagen wollte weder vor- noch rückwärts. Der Postknecht trieb die Pferde an, peitschte, fluchte und verwünschte mit Fuhrmannsredseligkeit alle Teufel der Hölle, aber seine Absicht erreichte er dennoch nicht. Die Pferde griffen sich mächtig an, sie schwitzten, sie schnaubten und wir blieben wie angewachsen.

Der Kerl beteuerte, dass ihm diese Art, gebannt zu werden, zwar schon vorgekommen sei, aber so lange hätte ihn der böse Feind noch nie gequält. Auch meinte er, diesmal wären wir selbst schuld daran, weil wir vorher so gottlos gedacht und gesprochen hätten. Es geschehe uns schon recht, und wir mochten zusehen, wie wir mit dem Geist fertig würden.

Ich kann nicht leugnen, der Zufall war sonderbar, und es überfiel mich eine Art Furcht, die ich vorher nicht gekannt hatte. Mein Reisegefährte schien furchtloser oder wusste sich besser mit Worten zu verstellen, denn ins Gesicht konnte ich ihm vor dichter Finsternis nicht sehen. Wir überlegten,–wir kutschieren; unsere Pferde zogen, aber sie konnten keine Spanne weiter kommen.

Was war zu tun? Wir mussten Halt machen und den Anbruch des Tages erwarten.

Unsere Unterhaltung war einsilbig, denn der unangenehme Aufenthalt hatte unsere gute Laune gänzlich verscheucht.

Der Postknecht betete, mein Kamerad fluchte und ich seufzte – versteht sich heimlich, doch konnte einer von dem anderen kaum etwas hören.

Endlich wurde es hell, wir konnten die Gegenstände um uns her erkennen und fanden, dass ein dicker krummer Ast von einer Baumwurzel sich zufällig um die Speiche des einen vorderen Rades so fest geschlungen hatte, dass wohl zehn Pferde uns nicht hätten fortziehen können.

Ein kleines Rücken des Wagens von der Seite befreite uns von dem hölzernen Geist und der dadurch eingeflößten Furcht. Wir mussten schnell zufahren, um die anderthalb Stunden einzuholen, die wir so zur ungelegenen Zeit im Wald zugebracht hatten.

Da sich ein ähnlicher Fall wohl wieder einmal zutragen könnte, so will ich raten, allezeit die Räder am Wagen genau zu untersuchen, ehe man zu beten, zu seufzen oder zu fluchen anfängt, denn durch diese drei Mittel wird man schwerlich den bannenden Geist kennen lernen, schwerlich der Wahrheit und dem Irrtum auf die Spur kommen.