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Oberhessisches Sagenbuch Teil 111

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

IX.

Tiere, Elemente, Pflanzen, Legendäres und Historisches

Das ehemalige Barfüßerkloster zu Grünberg

ist zum Teil noch erhalten und unter dem Namen das Stift im Besitz mehrerer Bürger; seine Kirche aber findet sich nicht mehr vor. Wo dieselbe gestanden hatte, an einem heimlichen Ort unter der Erde, vergruben die Mönche bei der Aufhebung des Klosters als ein besonderes Heiligtum das goldene Bild eines Agnus Die.

Niemand erfuhr den Platz, als sie gen Mainz fürbass zogen, weil sie hofften, baldig wiederzukehren. Allein diese Aussicht schlug fehl, und sie starben hinweg, ohne ihre Behausung je wieder gesehen zu haben.

Seit jener Zeit, jedes Mal zwischen Advent und Weihnachten, zu später Nachtstunde geht ein überirdisches Lämmchen, langsam und feierlich, und glänzend weiß wie frisch gefallener Schnee, über den alten Klosterhof, bis es dann plötzlich verschwindet.

Das haben schon viele gesehen in der Stadt, vornämlich die, welche im Augenblick seines Erscheinens unter dem Arm her nach ihm schauten, und auch noch heute soll es wandern. Es wird nicht eher erlöst, bis das vergrabene Kleinod ans Tageslicht kommt. Darum ist denn auch schon mehrmals danach gesucht worden.

Vor vielen Jahren gruben einige Frauen und beherzte Männer an einem Platz noch, wo sie dasselbe vermuteten, und stießen auch auf eine metallene Platte in der Tiefe, unter welcher es liegen musste. Weil sie aber sehr erschöpft und durstig geworden waren, gingen sie auf eine Weile in ein Nachbarhaus und tranken einmal.

Als sie wiederkehrten, war die Platte und alles fort. Darüber entsetzten sie sich dergestalt, dass sie das ganze unheimliche Unternehmen aufgaben.