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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 3

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman
Zweiter Band

III. Eine wichtige Person

»Seht fleißig nach dem Boot, alter Klassen!«, sagte der Junker flüchtig im Vorbeigehen zu dem Hochbootsmann. »Ich habe noch Geschäfte auf der Insel, aber dennoch könnte es kommen, dass wir jeden Augenblick abgehen müssten!«

Klassen brummte vor sich hin, als der junge Mann seine Antwort gar nicht abwartete, sondern eilig zu dem Werder schritt und einem Boot der Marine befahl, ihn an Bord der Kanonierschaluppe zu bringen.

Ein Marinefähnrich war sonst in der Regel auch in Schweden eine unbedeutende Person, doch als unser Junker dem Kommandierenden Offizier seine Meldungen abstattete, merkte sogar dieser, dass er mit einer besonderen Spezies der Gattung zu tun hatte, was ihm ein spöttisches Lächeln entriss.

Doch Wardow kehrte sich daran nicht, sein Glück war mit jedem Moment im Wachsen, und ohnehin zum Übermut geneigt, wurde er es dadurch nur noch mehr. Keck ersuchte er auch die Mitglieder der Kommission, seine Erklärungen anzuhören.

Es gab zwar einige Zweifel an der Aufrichtigkeit der Gesinnung des Majors, doch Wardow war wirklich ein warmer Fürsprecher und deshalb nahm man endlich an, dass alles sei, wie er es gesagt hatte.

Indessen war die Angelegenheit des Majors nicht das Wichtigste für den Augenblick. Alle noch auf der Insel anwesenden Offiziere waren zu sehr durch die aufs Neue an den Tag gelegte fast unbegreifliche Frechheit des Piraten aufgeregt, als dass dieser Gegenstand sie nicht zunächst beschäftigt haben sollte.

Der Kommandeur der Schaluppe rief deshalb alle anwesenden Offiziere zu einer Art Kriegsrat zusammen, um irgendeinen Beschluss betreffs des Freibeuters zu fassen. Auch Wardow hatte einen Sitz in diesem Rat, wenn auch eigentlich keine andere Stimme, um vor demselben die Ereignisse dieser Nacht zu wiederholen.

Dass der Pirat Einverständnisse auf der Insel und auf dem Land überhaupt mit den Bewohnern unterhalte, glaubte man, annehmen zu dürfen. Dass er sogar noch selbst mit einem Teil seiner Leute in der Gegend sei, schien ebenfalls glaublich. Dies bestimmte den Beschluss des Rates, der endlich dahin lautete, eine Bootflottille auslaufen zu lassen, um nach Seeräubern, wie man sie hartnäckig nannte, in den vielen Verstecken der Binnengewässer suchen zu lassen. Versteht sich, wollte und musste Wardow von der Partie sein.

Die Flottille lief denn auch sehr bald aus, um sich in den unzähligen Winkeln der Inselküsten zu verlieren. Die Kommission des Gouvernements zog feierlich nach Grieben, um dort verschiedene Tatbestände festzustellen und den Major zu verhören.

Grieben war durch die Ereignisse der Nacht vollkommen ein anderer geworden. Zwischen zwei drohende Elemente gestellt, blieb ihm nichts übrig, als auf die Seite des Gesetzes zu treten, wenn schon damit augenscheinlich eine gewisse Aufgabe seiner Herrnrechte verbunden war.

Er konnte nicht zweifelhaft sein, dass sich die Herren auf Wardows Bericht vielleicht auch ohne denselben wieder einstellen würden. Deshalb ordnete er an, für dieselben ein Frühstück bereitzuhalten, und empfing sie selbst bescheiden und zuvorkommend, als sie anlangten.

Einige Zeit hindurch wollten die Herren wohl noch beleidigte Obrigkeit spielen, doch das Frühstück ließ sie mildere Gesinnungen fassen. Man ging schließlich kordial an die Verhöre und Aufnahme verschiedener Protokolle, bei welcher Gelegenheit auch die Frau und Tochter des Majors vernommen wurden.

Als endlich alles so weit geordnet war, erfolgte dennoch zu des Majors Erstaunen der Beschluss, ihn mit nach Stralsund zu nehmen. Der Major sah ein, dass, wer A gesagt hatte, auch B sagen muss. Die Kanonierschaluppe rüstete, der Major nahm Abschied, und jene segelte mit ihm und der Kommission südwärts. Zurück blieb nur Dalström mit seinen Leuten und seinem Wrack. Das Soldatenkommando war ebenfalls wieder abgezogen.

Inzwischen hatte dann auch Wardows Boot wie die anderen ihre vergebliche Sache beendet. Alle liefen gegen Abend wieder an den Strand, wo der Fähnrich hörte, was geschehen war. Wardow wütete. Er eilte zunächst zu Dalström, der ihn ungefähr so hoch hielt wie ein alter Haudegen ein zum Krieger ausstaffiertes Kind.

Außerdem hatte Dalström deshalb einen Groll auf den Knaben, weil er ein schärferes Auge, wenn auch nur unbewusst, gezeigt hatte, als er selbst. Wardow kam daher ziemlich schlecht bei ihm an und musste schließlich förmlich ablaufen, was den jungen Mann noch ärgerlicher machte und ihn fast zu einer Insubordination verleitet hätte.

Ziemlich in seiner Meinung von sich selbst, als sei er eines bedeutenden Protektorats fähig, zurückgekommen, beschloss der junge Mann, im Schloss Grieben seine Aufwartung zu machen, und schlug den Weg nach demselben ein. Er fand dort weinende Augen, wurde jedoch von der Majorin sowie von Sophie gut aufgenommen und zum Abendessen eingeladen.