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Neue Gespenster – Nummer 40

Samuel Christoph Wagener
Neue Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit
Erster Teil

Nummer Vierzig

Ist die Wirklichkeit der Gespenster durch christlich-heilige Schriften beurkundet?

Verschiedene von denen , welche die Güte gehabt haben, mir Waffenbeiträge zur Bekämpfung des Wunderglaubens in Betreff des Geisterreiches1 zuzusenden, haben mich aufgefordert, »sie wegen der biblischen Stellen zu beruhigen, welche dem Gespensterwesen das Wort reden.«

Obwohl es außer dem Plan dieser Erzählungen liegt, einer solchen für mich ehrenvollen Aufforderung durch weitläufige Abhandlungen, philosophische Räsonnements und exegetische Hypothesen zu genügen, so hoffe ich doch, dass sie folgende kurze und – ich denke – gründliche Bemerkungen über Wunder im Allgemeinen hier nicht ungern lesen werden. Ich verdanke sie einem Mann von tiefer und gründlicher Gelehrsamkeit, einem Mann, dessen allgemein verehrten Namen zu nennen, mir aber nicht erlaubt ist.

Soviel auch über Wunder und über die biblischen Gespenster insbesondere, geschrieben und gestritten ist, so wenig hat man doch eine annehmliche Bestimmung des Begriffs Wunder zugrunde gelegt, und dies ist eine der Hauptursachen, warum so mancher sonst gute Kopf und großer Gelehrter an den biblischen Wundern und ihrer Erklärung scheiterte, er mochte sich zur alten oder neuen Partei bekennen. Wenigstens denke ich, diesen Fehler zu vermeiden und meine Leser zu dem allein richtigen Gesichtspunkt zu führen, aus welchem sie die Sache ansehen müssen; mögen unsere übrigen Grundsätze auch noch so wenig übereinstimmend sein.

Unter Wunder würde jeder, der das Wort nicht im Religionsunterricht mit einer bereits gesetzlichen Bedeutung kennen gelernt hätte, nichts anderes verstehen können als Handlungen, Andeutungen, Begebenheiten, worüber er sich wundern, von denen er gestehen solle, sie seien ihm unter den Umständen noch gar nicht oder nicht von der Art oder wenigstens nicht oft vorgekommen. So wundert sich der Arzt über seltene Krankheiten und Symptome; der Hausfreund über den Fleiß oder den Kopf eines Kindes; der Meteorologe über ungeahnte Witterung; der Dilettant über die Fortschritte des wahren Kenners; so wundert sich alles über Taschenspieler und Künstler. Keiner der unzähligen Bewunderern sowohl der seltenen als auch der gemeinen Vorfälle will im Grunde mit seinem Bewundern mehr sagen als ich habe das nur selten oder noch gar nicht gehört oder gesehen. Ich könnte das wenigstens jetzt nicht nachtun.

Das Beste wäre daher wohl, bei dieser allgemeingültigen Bedeutung der Versicherung ich wundert mich stehen zu bleiben und vorläufig unter Wunder nur solche Dinge verstehen, über welche man sich zu irgendeiner Zeit gewundert habe.

Was für Dinge dies sein können, lässt sich nun sichtbar nicht eher ausmitteln, bis wir über die Leute, welche sich wunderten, ins Reine sind. Das Bewundern macht noch keine Sache selten, oder schwer: Kinder, Einfältige, Unwissende würden uns sonst ein ungeheures Wunderverzeichnis liefern. Aus der bloßen Versicherung, dass über eine gewisse Begebenheit oder Handlung die Leute sich gewundert haben, folgt noch nicht einmal, dass diese Handlung oder Begebenheit über das Alltägliche erhaben war. Die Bewunderer können, solange wir sie nicht genauer kennen, sowohl gescheite als auch dumme Menschen sein. Bei jeder Versicherung also, dass Leute sich über etwas gewundert haben, werden wir erst fragen müssen: Wer waren diese Bewunderer? Nur der Mensch ohne Nachdenken darf Nachsicht erwarten, wenn er mit dem Haufen Mirakel schreit. Wir fragen auch so, wenn man uns Wunder unserer Tage erzählt, und halten nicht alles für einzig in seiner Art, was irgendein Wortführer dafür ausschreit. Wir schreiben uns durch dieses richtige Betragen eine Regel vor, die wir bei geschriebenen Wundererzählungen ebenfalls nicht aus der Acht lassen dürfen.

Wir müssen also bei allen Wundern, die wir nicht selbst sehen, fragen: Wer waren die Leute, welche sich wunderten? Eine Frage, welche in mehrere andere zerfällt, die ich daher in ihre Teile zerlegen muss.

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Show 1 footnote

  1. Diese Beiträge werden, sofern sie in den bisher erschienenen vier Teilen meiner Gespenster noch nicht haben mit aufgenommen werden können, doch gewiss in den Fortsetzungen dieser neuen Gespenster erscheinen. Auch nehme ich fernere Zusendungen mit Dank an. Wagener

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