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Der Hexer Band 8

Robert Craven (Wolfgang Hohlbein)
Der Hexer Band 8
Im Bann des Puppenmachers

Horror, Grusel, Heftroman, Bastei, Bergisch-Gladbach, 23. Juli 1985, 64 Seiten, 1,70 DM, Titelbild: Les Edwards

»Haltet Euch bereit, Brüder.«

Balestranos Stimme bebte vor Erregung, und auch die Bewegungen des alten Mannes hatten viel von der Ruhe verloren, die de Laurec immer so an ihm geschätzt und bewundert hatte. Seine Finger zitterten, als er langsam auf den niedrigen, altarähnlichen Tisch zutrat, und in seinen Augen stand ein Glitzern, das vielleicht nur Anspannung ausdrücken mochte.

Vielleicht aber auch Angst.

Angst vor dem, dachte de Laurec schaudernd, was sich außer den sieben Großmeistern der Templer-Loge noch in dem kleinen, fensterlosen Raum aufhielt.

Dem Geist des Satans.

Leseprobe

Die Welt des Hexers

Wir schreiben das Jahr 1885. Robert Craven, der Sohn eines Magiers, stellt sich einer furchtbaren Bedrohung entgegen – uralten, grausamen Göttern, die aus Jahrmillionen währendem Schlaf erwachen und die Erde heimsuchen: den GROSSEN ALTEN. Dreizehn von ihnen gelang durch einen Dimensionsriss der Sprung in unsere Welt. Die Shoggoten, vergängliche Protoplasma-Wesen und Boten der GROSSEN ALTEN, ebnen ihnen den Weg. Zusammen mit seinem Freund Howard Lovecraft und dessen hünenhaftem Diener Rowlf ringt Robert Craven mit den Sendboten der vorzeitlichen Götter, unterstützt vom Geist seines verstorbenen Vaters, Roderick Andara. Auch aus der Welt der Menschen droht den Freunden Gefahr; zwei Parteien verfolgen sie. Roberts Gegner sind die Hexer von Salem, die schon seinen Vater töten ließen, weil sie glaubten, er hätte sie verraten. Necron, ihrem Anführer, gelang es bereits, das NECRONOMICON an sich zu bringen und Roberts Verlobte Priscylla zu entführen.

Howard wird vom Orden der Tempelherren verfolgt. Vor Jahren war er selbst ein Jünger dieser Sekte, wurde aber abtrünnig, als er die dunklen Ziele des Ordens erkannte. Einer seiner früheren Brüder kämpft mit den Freunden und wird tödlich verletzt. Im Sterben nennt er noch den Namen einer Straße in Amsterdam. Während sich Howard zum Sitz des Ordens und dem Großmeister Balestrano nach Paris aufmacht, um der jahrelangen Jagd ein Ende zu machen, versucht Robert das Geheimnis der mysteriösen Straße zu ergründen. Er fällt einem gewaltigen, alles verschlingenden Labyrinth fast zum Opfer und wird im letzten Moment von den Templern gerettet – den Männern, die Howard den Tod geschworen haben. Ein zweites Mal muss Robert in das Labyrinth zurück, begleitet von den Rittern des Ordens. Sie benutzen ihn als Waffe und Opfergabe und erbeuten ein Kristallhirn aus einer Stadt unter dem Meer – der Schlüssel zu den Toren, den geheimnisvollen Transportmitteln der GROSSEN ALTEN. Nur knapp kann Robert seinem Schicksal entgehen und flüchten …

 

***

 

Sarim de Laurec versuchte den Gedanken zu vertreiben und schalt sich im Stillen einen Narren. Das kristallene Gebilde, das auf dem Tisch vor Bruder Balestrano stand, hatte absolut nichts mit dem Antichristen zu tun; weder im übertragenen noch im wörtlichen Sinne. Es war nichts als das Artefakt einer Rasse von vielleicht unglaublich mächtigen, aber nichtsdestotrotz sterblichen Wesen, prähistorischer Monstrositäten, denen sie in Ermangelung einer besseren Bezeichnung den Namen die GROSSEN ALTEN gegeben hatten und deren Macht an die von Göttern heranreichen mochte. Sie hatten nichts mit dem Teufel zu tun. Es war nicht das erste Mal, dass sich de Laurec dies einzureden versuchte. Und es war auch nicht das erste Mal, dass der Gedanke die beruhigende Wirkung, die er eigentlich haben sollte, verfehlte.

Vielleicht gab es Dinge zwischen Himmel und Hölle, die schlimmer waren als der Teufel.

»Kommt näher, Brüder.« Balestrano war stehen geblieben. Jetzt hob er die Arme, streckte die Hände in einer beschwörend wirkenden Geste über das gehirnähnliche Kristallgebilde aus und schloss gleichzeitig die Augen.

Lautlos traten die sechs anderen Master des Templer-Ordens neben ihn, bildeten einen weit auseinandergezogenen Kreis um den Stein und das Kristallgehirn und ergriffen sich bei den Händen.

De Laurec fuhr unmerklich zusammen, als er die Hand Bruder Looskamps berührte. Sie war kalt wie Eis und trotzdem schweißfeucht, und als de Laurec aufsah und dem Blick des dunkelhaarigen Flamen begegnete, bemerkte er die gleiche Nervosität darin, die er schon in Balestranos Augen zu sehen geglaubt hatte.

Irgendwie beruhigte es ihn, dass er nicht allein mit seiner Furcht war.

»Jetzt, meine Brüder«, flüsterte Balestrano.

De Laurec wusste nicht genau, was Balestrano tat. Obwohl er einer der sehr wenigen Templer war, die jemals den Rang eines Masters erreicht hatten, hatte er nie verstanden, was es war, das ihn und die anderen hier im Raum von normalen Sterblichen unterschied. Er war ein ebenso begabter Magier wie die anderen hier, aber anders als Balestrano – oder auch Looskamp – bediente er sich der Kräfte, die ihm zur Verfügung standen, rein instinktiv. Er hatte niemals logisch begründen können, woher seine Macht kam. Vielleicht wollte er es auch nicht.

Aber gleich, was es war – de Laurec spürte, wie irgendetwas geschah. Unsichtbare Energien brachten die verbrauchte Luft in dem kleinen Zimmer zum Knistern. Ein unheimlicher, grünlichblauer Schein ließ die Luft erglühen, ohne dass de Laurec hätte sagen können, woher er kam, und im gleichen Moment glaubte er ein sanftes Tasten und Fühlen zu spüren, die unsichtbare Berührung der sechs anderen Geister, die sich gleich ihm auf die magische Welle des Kristallgehirnes einzuschwingen versuchten …

De Laurec unterdrückte ein Schaudern. Es war – seines Wissens – erst das dritte Mal in der gesamten Geschichte des Templerordens, dass sich eine so mächtige Loge zusammenschloss. Bei den beiden anderen Versuchen war es um nichts Geringeres als die Rettung der Welt gegangen. Und jetzt?

»Bruder Laurec!« Balestranos Stimme schnitt wie ein Peitschenhieb in seine Gedanken, und de Laurec fuhr erschrocken zusammen. Verwirrt ließ er Looskamps Hand los und wandte sich an den Großmeister. »Herr?«

In Balestranos Augen blitzte es zornig. »Beherrsche dich, Bruder«, sagte er streng. »Unsere Aufgabe ist wichtig. Das Leben zahlloser Menschen kann vom Gelingen unserer Mission abhängen. Diszipliniere deine Gedanken und beherrsche dich!«

De Laurec senkte ehrfurchtsvoll das Haupt, griff wieder nach den Händen seiner Nebenmänner und flüsterte eine Entschuldigung. Balestrano hatte recht. Ihre Aufgabe war zu wichtig, als dass er seinen Gedanken erlauben konnte, auf eigenen Wegen zu wandeln.

Erneut machte sich das lautlose Knistern und Beben magischer Energien in dem kleinen Kellerraum bemerkbar. Die Luft begann stärker zu glühen, bis der unheimliche grüne Schein das Licht der Kerzen überstrahlte und selbst durch de Laurecs geschlossene Lider stach. Der Franko-Araber glaubte ein ganz sachtes Vibrieren zu spüren, dann begann das Licht zu pulsieren; zuerst langsam, dann rascher und beinahe wütend, bis es in einen dunklen, an das Schlagen eines gewaltigen Herzens erinnernden Rhythmus fiel.

De Laurec öffnete die Augen – und stieß einen gellenden Schrei aus!

Das Zimmer hatte sich auf grässliche Weise verändert. Auch aus dem Inneren des Kristallgehirns erstrahlte jetzt ein pulsierendes, giftiges Licht, ein Schein, so grell und gnadenlos, dass er die Gestalten der sechs anderen Templer zu flachen grauen Schemen verblassen und de Laurec die Tränen in die Augen steigen ließ. Schatten von unbestimmbarer Gestalt huschten in irrwitzigem Hin und Her durch den Raum, und plötzlich hatte de Laurec das Gefühl, in einen gewaltigen, grundlosen Schacht zu blicken, der sich vor ihm auftat.

Warum merken die anderen nichts?, dachte de Laurec verwirrt.

Er versuchte, Looskamps Hand loszulassen, aber es ging nicht. Die Finger des Flamen waren steif geworden, und als de Laurec in sein Gesicht sah, erkannte er, dass das Antlitz des Flamen zu einer Maske des Entsetzens erstarrt war.

Mit verzweifelter Kraft riss er sich los, fuhr herum – und keuchte abermals vor Schrecken.

Er war der Einzige, der sich noch bewegen konnte!

Nicht nur Looskamp war wie zur Salzsäule erstarrt. Außer de Laurec selbst standen die Mitglieder der Templer-Loge reglos wie menschengroße Statuen da, mit verzerrten Gesichtern und zum Teil in grotesken Haltungen, aber unfähig, sich zu bewegen oder auch nur einen Muskel zu rühren.

»Balestrano!«, keuchte de Laurec. »Brüder! Was ist mit euch?«

Aber er bekam keine Antwort.

Und plötzlich fiel ihm auch die Stille auf.

Es war keine normale Stille, sondern ein Schweigen von gewaltiger, allumfassender Tiefe. Er hörte … nichts!

Verwirrt drehte sich der Puppet-Master des Templer-Ordens einmal um seine Achse, ließ den Blick über die Gestalten der Brüder schweifen und starrte schließlich wieder auf das Kristallgehirn herunter.

Etwas hatte sich daran verändert, aber er vermochte nicht zu sagen, was. Zögernd machte er einen Schritt auf den niedrigen Altartisch zu, ließ sich auf ein Knie sinken und streckte die Finger nach dem riesigen Diamantgebilde aus.

Im gleichen Augenblick zerbrach die Wirklichkeit.

Es war, als zersplittere die Welt unter einem ungeheuren Hammerschlag. Ein greller Blitz löschte das grüne Leuchten aus, und plötzlich waren überall Flammen und rotes, heißes Licht. Dann …

Es war wie die Berührung einer unsichtbaren Hand, ein Tasten und Wühlen und Suchen in de Laurecs Gehirn, als drehe etwas jeden einzelnen seiner Gedanken herum, sondiere seine Seele bis in die tiefsten Tiefen und hinterließe nichts als Chaos. Er spürte die Gegenwart einer fremden, unglaublich bösen Macht, das plötzliche, fast explosive Auftreten finsterer Energien, die aus den Abgründen der Zeit emporstiegen wie glühende Lava aus dem Schlund eines Vulkanes.

Das Kristallgehirn begann zu pulsieren. Kleine, graue Flecke erschienen mit einem Mal in der Luft, wuchsen in rasendem Wirbel heran und bildeten zerfaserte Nebelgebilde, die wie mit dünnen grauen Spinnfäden miteinander verbunden waren.

Und plötzlich begriff Sarim de Laurec, was er da beobachtete.

Die grauen Wirbel waren Tore. Was er sah, war das Entstehen der gefürchteten Tore der GROSSEN ALTEN, jener unbegreiflichen Verbindungen zwischen den Dimensionen, über die das Kristallgehirn herrschte!

De Laurec keuchte vor Schrecken, als er sah, wie sich Dutzende der faustgroßen grauen Gebilde zu zwei, drei mannshohen grauen Nebelflecken zusammenschlossen. Plötzlich waren sie nicht mehr leer, sondern von wogender Bewegung erfüllt. Dann bildeten sich Dinge im Inneren der Tore, Dinge von namenlos schrecklichem Aussehen – graue, miteinander verwobene Arme, schreckliche Fratzen mit zu vielen Augen und in falschen Farben… Und es war noch nicht vorbei. Plötzlich ertönte ein scharfer, peitschender Knall – und aus einem der Tore zuckte ein oberschenkelstarker, grünlicher Fangarm, tastete einen Moment blind hin und her und bewegte sich dann zielstrebig auf Bruder Balestrano zu. Der Krakenarm erreichte die erstarrte Gestalt des greisen Tempelritters, wickelte sich in einer fast spielerisch erscheinenden Bewegung um seine Schultern – und begann, ihn langsam, aber unbarmherzig auf das pulsierende graue Tor zuzuzerren!

De Laurec schrie auf, warf sich nach vorne und riss verzweifelt an dem grüngrauen Strang. Aber seine Anstrengungen waren vergeblich. So schleimig und nachgiebig der Tentakel aussah, war seine Haut hart wie Stahl, und seine Kraft die eines Giganten.

Erneut erscholl dieser peitschende, schreckliche Laut, und ein zweiter Tentakel ringelte sich aus einem der Tore, packte einen weiteren Templer und begann ihn auf den Dimensionsriss zuzuziehen. Und kaum eine Sekunde später griff auch aus dem dritten Tor einer der schrecklichen Krakenarme heraus. Für eine Sekunde glaubte de Laurec ein fürchterliches, unmenschliches Lachen zu hören.

Verzweifelt fuhr der Tempelritter herum. Seine Gedanken überschlugen sich. Balestrano hatte das Tor fast erreicht. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis er in dem grauen Wogen verschwunden war!

De Laurec dachte in diesem Moment nicht mehr, sondern handelte rein instinktiv. Mit einem gellenden Schrei riss er das Zeremonienschwert aus dem Gürtel, schwang die Waffe mit beiden Händen hoch über den Kopf – und ließ die Klinge mit aller Macht auf das Kristallgehirn heruntersausen!

Es war ein Gefühl, als hätte er auf Stahl geschlagen. Der Hieb prellte ihm das Schwert aus der Hand und zuckte als vibrierender Schmerz bis in seine Schultern hinauf; die Klinge flog davon und zerbrach noch in der Luft, und das höhnische Lachen, das de Laurec gerade noch gehört hatte, verwandelte sich urplötzlich in ein panikerfülltes, zorniges Kreischen.

Ein greller Blitz zerriss das gehirnähnliche Kristallgebilde. De Laurec sah noch, wie die peitschenden Krakenarme verblassten und sich die Tore wie zuckende Wunden schlossen, dann traf ihn ein Splitter des Kristallhirnes an der Schläfe, und er verlor das Bewusstsein.

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